Tage Alter Musik – Almanach 2010
Bayerischer Rundfunk BR-Klassik „Allegro“ Autorin: Ilona Hanning Das britische Ensemble Plus Ultra pflegt die große Tradition des englischen Chorgesangs. Bei den Tagen Alter Musik in Regensburg präsen- tierte es sich mit spanischer Renaissancemusik, der Missa „Super Flumina Babylonis“ von Francisco Guerrero. In der großen gotischen Dominikanerkriche kam der homogene Klang des Chores zur vollen Entfaltung, die dynamisch sehr fein geführten musikalischen Linien in den Einzelstimmen waren sehr gut hörbar. Begleitet wurden sie vom renommierten englischen Instrumentalensemble His Majestys Sagbutts and Cornetts, das sich nahtlos in den Gesang einfügte. Der Aufführungsort passt gut zur Musik, findet auch Andrew Benson-Wilson, der für das englische Fachmagazin „Early Music Review“ schreibt und zum ersten Mal in Regensburg ist. O-Ton (Benson-Wilson): I’ve particularly liked the medieval music played in medieval churches, the atmosphere creates a lot and the acoustic creates a lot. Also there are a number of groups I haven’t heard before, they haven’t been to England… Ich mag besonders die mittelalterliche Musik, die in mittelalterlichen Kirchen gespielt wird, die Atmosphäre dort und die Akustik bewirken viel. Zudem sind hier eine Menge Ensembles, die ich vorher noch nicht gehört habe, da sie noch nicht in England gespielt haben. Dazu gehört auch die deutsche Gruppe Capella de la Torre, die sich auf die Musik der Stadtpfeiffer und Piffari, also Bläsermusik des 16. Jahrhunderts, spezialisiert hat. Eine Musik, deren Besetzung und Interpretation den Musikern viele Freiheiten lässt. Diese Möglichkeiten nutz- te das Ensemble geschmackvoll aus, wobei ihr Zinkenist, William Dongois, einer der besten seines Faches, mit seinen Verzierungen beein- druckte und das Ensemble insgesamt sehr zupackend, aber mit fein austariertem Klang spielte. Die Tage Alter Musik in Regensburg sind bekannt dafür, dass sowohl arrivierte als auch unbekannte Musiker eingeladen werden. Den Organisatoren glückte es, den italienischen Gambisten Paolo Pandolfo zu engagieren, der nicht mehr häufig öffentlich auftritt. Paolo Pandolfos Interpretation der Bachgambensonate in g-Moll war sicher nichts für Bach-Puristen, aber die Solo-Stücke aus dem Drexel-Manuskript von Carl Friedrich Abel klangen inspiriert und seine Interpretation des Stückes „Le Labyrinthe“ von Marin Marais war gelebtes Theater. Er selbst ist ein Musiker mit Entertainer-Qualitäten. Von den insgesamt 14 Konzerten stach das Eröffnungskonzert mit den Regensburger Domspatzen und der Akademie für Alte Musik Berlin hervor, auch das Programm des jungen Ensembles La Morra aus der Schweiz begeisterte. Die Akademie für Alte Musik Berlin war dann noch mal zu hören, mit einer selbst eingerichteten Fassung von Bachs Kunst der Fuge. Zwar gibt es einige Orchesterfassungen von diesem Werk, aber diese ging unter die Haut. Faszinierend die Lichtregie und die hingebungsvolle Interpretation der Musiker, die übrigens ganz ohne Dirigent spielten. Weniger emotional, aber sehr erfrischend waren das Konzert des Ensembles A Corte Musical mit Musik portugiesischer Komponisten des 17.Jahrhunderts und der Auftritt des brasilianischen Ensembles Anima mit ihrem Programm „Die kriegerische Jungfrau“. Ein Konzert, in dem sie alte brasilianische Musik mit zeitgenössischer geschmackvoll kombinierten und auch moderne Texte rezitierten. Für Ludwig Hartmann, einen der beiden künstlerischen Leiter, ein Konzept, das aufging. O-Ton (Hartmann): Wir fanden den Ansatz der Brasilianer sehr interessant, Crossover-Musik im weitesten Sinne. Ab und zu integrieren wir solche Konzerte auch in die Tage Alter Musik, wir wollen ja nicht stehen bleiben. Und seine Bilanz für dieses Jahr? O-Ton (Hartmann): Über den Besuch sind wir am meisten überrascht, es waren praktisch alle Konzerte ausverkauft, selbst in den Nachtkonzerten in der Dominikanerkirche, da waren zum Teil 700 Leute nachts um 11 in einem Konzert, was sehr ungewöhnlich ist, das hatten wir bislang in der Weise noch nicht und wir können, glaube ich, insgesamt sehr zufrieden sein .
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