3. BIS 6. JUNI 2022 MUSIK VOM MITTELALTER BIS ZUR KLASSIK KONZERTE AN HISTORISCHEN STÄTTEN ALMANACH 2022 Preis: 5,00 €
Vorschau 2 vorschau tage alter musik regensburg 26. mai bis 29. mai 2023 MUSIK VOM MITTELALTER BIS ZUR KLASSIK KONZERTE AN HISTORISCHEN STÄTTEN Regensburger Domspatzen Christian Heiß L’arpa festante Christoph Hesse (Deutschland) Contrapunctus Owen Rees (Großbritannien) The Royal Wind Music (Niederlande) Les Passions de l’Âme Meret Lüthi (Schweiz) Oslo Circles Astrid Kirschner (Norwegen)/ David Hansen (Australien) Hathor Consort Romina Lischka (Belgien) Pluto-ensemble Marnix De Cat (Belgien) Oltremontano Antwerpen Wim Becu (Belgien) Holland Baroque Judith & Tineke Steenbrink (Niederlande) In Echo Gawain Glenton (Großbritannien) Lucile Boulanger & Pierre Gallon (Frankreich) Alia Mens Olivier Spilmont (Frankreich) Compagnia di Punto Christian Binde (Deutschland) Barokksolistene Bjarte Eike (Norwegen) Dialogos & Kantaduri Katarina Livljani´ c (Frankreich/ Kroatien) La Rêveuse Florence Bolton & Benjamin Perrot (Frankreich) Ludus Instrumentalis Evgeny Sviridov (Deutschland) {oh!} Orkiestra Martyna Pastuszka (Polen)) BEIPROGRAMM: Große internationale Verkaufsausstellung von Nachbauten historischer Musikinstrumente,von Noten, Büchern und CDs im historischen Salzstadel an der Steinernen Brücke vom 27. Mai bis 29. Mai 2023 „Zwischen Stimmungen und Mysterien: Die 'Rosenkranzsonaten' von H. I. F. Biber“, Tagung in Zusammenarbeit mit dem Institut für Musikwissenschaft der Universität Regensburg am Freitag, dem 26. Mai 2023 Kurstag Alte Musik in der Hochschule für katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik am Dienstag, dem 30. Mai 2023 Den Beginn des Vorverkaufs entnehmen Sie der Homepage www.tagealtermusik-regensburg.de TAGE ALTER MUSIK REGENSBURG Postfach 10 09 03 · D-93009 Regensburg · Tel. 0941/8979786 · Fax: 0941/8979836 e-Mail: TageAlterMusik@t-online.de
Vorwort / Inhalt 3 inhalt Bayerische Staatszeitung 6 BR-KLASSIK „Allegro“ 8 BR-KLASSIK „Tafel-Confect“ 10 Gelsenkirchen – Barock: Neues aus der Alten Musik 22 Mittelbayerische Zeitung 26 NMZ – Neue Musikzeitung 32 Neumarkter Nachrichten 34 Regensburger Zeitung 36 Toccata – Alte Musik Aktuell 42 Zeitzeichen 46 vorwort Die 37. Tage Alter Musik Regensburg (vom 3. bis 6. Juni 2022) fanden nach zwei schwierigen Pandemiejahren (2020/2021) wieder zur üblichen Zeit am verlängerten Pfingstwochenende im vollen Umfang statt: 16 Konzerte, die große Instrumentenausstellung, die internationale Tagung über die Madrigalkunst des franko-flämischen Komponisten Cipriano de Rore, die Konzerteinführungen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Musikwissenschaft der Universität Regensburg und der Kurstag mit Jana Semerádová in Zusammenarbeit mit der Kirchenmusikhochschule. Während andere Veranstalter klagen, dass das Publikum aufgrund der Pandemiesituation nur zögerlich zurückkommt, waren alle Konzerte sehr gut besucht – ein Drittel war sogar ausverkauft. Dafür möchten wir unserem treuen Publikum recht herzlich danken. Die vorliegende Broschüre fasst die in den Medien erschienenen Berichte über die Tage Alter Musik 2022 zusammen. Die Fotos von Hanno Meier geben die charakteristische und unverwechselbare Festivalatmosphäre wieder. Die 38. Tage Alter Musik Regensburg finden am Pfingstwochenende in der Zeit vom 26. bis 29. Mai 2023 statt. Ihr Team der Tage Alter Musik (Stephan Schmid, Ludwig Hartmann, Paul Holzgartner)
Zeittafel 4 Freitag, 3. Juni 2022 10.00 bis 19.00 Uhr, Historischer Salzstadel infozentrum, kartenverkauf, cD-markt Konzert 1: 20.00 Uhr, Dreieinigkeitskirche regensburger Domspatzen & hofkapelle münchen Konzert 2: 22.45 Uhr, Schottenkirche St. Jakob les meslanges (frankreich) SamStag, 4. Juni 2022 10.00 bis 19.00 Uhr, Historischer Salzstadel infozentrum, kartenverkauf, cD-markt 13.00 bis 19.00 Uhr ausstellung Konzert 3: 11.00 Uhr, Dreieinigkeitskirche les muffatti & bart Jacobs, orgel (belgien) Konzert 4: 14.00 Uhr, Schottenkirche St. Jakob blue heron (usa) Konzert 5: 16.00 Uhr, Basilika St. Emmeram orchester le Phénix (schweiz) Konzert 6: 20.00 Uhr, Dreieinigkeitskirche alamire & his majestys sagbutts & cornetts (großbritannien) Konzert 7: 22.45 Uhr, Schottenkirche St. Jakob cupertinos (Portugal) Sonntag, 5. Juni 2022 10.00 bis 19.00 Uhr, Historischer Salzstadel infozentrum, kartenverkauf, cD-markt, ausstellung Konzert 8: 11.00 Uhr, Reichssaal Jupiter & lea Desandre (frankreich) Konzert 9: 14.00 Uhr, Minoritenkirche rumorum (schweiz) Konzert 10: 16.00 Uhr, Basilika Alte Kapelle clematis (belgien) Konzert 11: 20.00 Uhr, Dreieinigkeitskirche i gemelli (frankreich) Konzert 12: 22.45 Uhr, Dom St. Peter the tallis scholars (großbritannien) montag, 6. Juni 2022 10.00 bis 16.00 Uhr, Historischer Salzstadel infozentrum, kartenverkauf, cD-markt, ausstellung Konzert 13: 11.00 Uhr, Reichssaal leila schayegh (schweiz) Konzert 14: 14.00 Uhr, Minoritenkirche canticum novum (frankreich) Konzert 15: 16.00 Uhr, Dreieinigkeitskirche la guilde des mercenaires (frankreich) Konzert 16: 19.00 Uhr (!), Theater am Bismarckplatz collegium marianum & marionettentheater buchty a loutky (tschechien) zeittafel tage alter musik regensburg 2022
Tage Alter Musik Regensburg 2022 5 Das Ensemble Cupertinos gestaltete die Eröffnungsfeier musikalisch Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer und das Organistionsteam der TAM Eröffnung der Tage Alter Musik 2022 im Salzstadel an der Steinernen Brücke
6 Ausverkaufte Tage Alter Musik in Regensburg // Überraschende Entdeckungen im historischen Reichssaal // Autor: Uwe Mitsching Bei den Salzburger Festspielen war sie zuletzt in Cosi fan tutte als Despina ein Muster an Witz und dezenter Komik. Genauso in Aix-en-Provence als Susanna im Figaro. Aber Lea Desandre kann auch anders, wie man aktuell bei den Tagen Alter Musik in Regensburg unter dem Programmtitel Viva Vivaldi! hörte mit solch virtuosen OpernSchauerstücken, wo „Gelido in ogni vena“ als eisiges Blut in den Adern stockt und „gelosia“, die Eifersucht, die Seele als „grausamer, quälender Schmerz“ peinigt. Jupiter heißt das Pariser Barockorchester, mit dem Desandre ihre CDs aufnimmt und in Regensburg auftrat: Vivaldi endlich nicht nur auf Die vier Jahreszeiten reduziert, aber mit viel veritablem Orchesterglanz aufpoliert, mit einem sonor-fülligen, geradezu einschmeichelnden Klang ohne die übertriebenen Schroffheiten anderer Ensembles. Kein Wunder, wenn man in seinen Reihen zum Beispiel Bruno Philippe hat, der bis an die Grenzen eines wunderbar samtenen Celloklangs vordringt. Tags zuvor gab es eine andere Entdeckung: Das „orchester le phénix“ ist ein Ensemble aus dem „Kleinraum Zürich“ und hat mit Vital Julian Frey einen witzigen, kundigen sowie virtuosen Leiter und Cembalospieler. Er weiß, wie man ein Konzert möglichst effektvoll abschließt: mit einem riesigen „Rumms!“ auf dem zarten Cembalo - der aber zum Divertimento Die Seeschlacht dazugehört. Zuvor hatte das Konzert in St. Emmeram noch mehr Überraschendes geboten: Ausverkauft waren die Reihen für die Musik von Michel Corrette und Johann Bernhard Bach. Vom weitschichtigen Cousin Johann Sebastian Bachs spielte das „orchester le phénix“ eine von vier Ouvertüren. Die wären im Mahlstrom der Musikgeschichte verloren gegangen, hätte Johann Sebastian Bach sie nicht abgeschrieben – wer weiß: als Vorbild oder Anregung für seine eigenen vier Suiten? Ein Vorbild für die Musik an mitteldeutschen Fürstenhöfen sind sie auf jeden Fall. Was die Pompadour sang Mehr allerdings lernte man übers 18. Jahrhundert bei zwei von 25 „Concerts comiques“ von Corrette. Da hörte man das Stampfen und Trampeln der „edlenWilden“, die man aus den neuen Kolonien in Amerika zu einer Art „Völkerschau“ herübergeschafft hatte. Und man hörte den edlen Klang einer Arie, die Madame de Pompadour gesungen haben soll. Auch die spielte „le phénix” in einem wunderbaren Chiaroscuro von Licht und Schatten, sehr authentisch in barockem Französisch und in perfekter Intonation. Wie „le phénix” sind auch die Tage Alter Musik aus der Corona Asche wiedererstanden, mit mehr Erfolg denn je. Orchester le phénix mit Konzertmeisterin Olivia Schenkel und Cembalist Vital Julian Frey in der Basilika St. Emmeram
Tage Alter Musik Regensburg 2022 7 Alamire & His Majestys Sagbutts & Cornetts unter der Leitung von David Skinner in der Dreieinigkeitskirche La Guilde des Mercenaires unter der Leitung von Adrien Mabire in der Dreieinigkeitskirche
8 BR-KLASSIK „Allegro“ 7. Juni 2022 // Tage Alter Musik Regensburg 2022 – Begeisternder Konzert-Marathon // Autor: Thorsten Preuß Seit fast 40 Jahren gehören sie zu Pfingsten wie Geschenke zu Weihnachten: die Tage Alter Musik Regensburg, Deutschlands TopOriginalklang-Festival. Doch die letzten zwei Jahre blieb es wegen Corona an Pfingsten still in der Bischofsstadt. Dieses Wochenende nun fanden die Tage Alter Musik wieder zur gewohnten Zeit statt. BR-KLASSIK-Redakteur Thorsten Preuß war an allen vier Tagen vor Ort und hat zahlreiche Konzerte miterlebt. Während andere Veranstalter klagen, dass das Publikum nur zögerlich zurückkommt, waren alle Konzerte der Tage Alter Musik in Regensburg sehr gut besucht – ein Drittel sogar ausverkauft. Dazu gehörten etwa das traditionelle Auftaktkonzert der Regensburger Domspatzen, die legendären Tallis Scholars füllten im Nachtkonzert mühelos den großen Domund auch eine verspielte Inszenierung von Händels „Acis und Galatea” für Puppentheater sorgte für ein volles Haus. Die Begeisterung, dass die Alte Musik wieder in den historischen Kirchen spielt, entlud sich immer wieder in Standing Ovations. Tage Alter Musik-Besucher*Innen brauchen eine gute Kondition Für das Alte Musik-Festival in Regensburg brauchen die Besucherinnen und Besucher nach wie vor eine gute Koordination. Randvoll mit Konzerten gepackt waren die Tage vom 3. bis zum 6. Juni – jeweils von 11.00 Uhr vormittags bis Mitternacht. Insgesamt 16 Konzerte fanden an vier Tagen statt. BRKLASSIK übertrug sowohl das Auftaktkonzert am Freitag und meldete sich am Pfingstmontag live aus Regensburg in der Radiosendung „Tafel-Confect”. Ein Highlight war ein klangprächtiges, großbesetztes Konzert mit mehrchörigen Motetten für bis zu 20 Stimmen von Hieronymus Praetorius – nicht zu verwechseln mit dem Komponisten Michael Praetorius, der zur selben Zeit wie Hieronymus lebte und „Es ist ein Ros entsprungen” komponierte. Neue Orgel in der Dreieinigkeitskirche in Regensburg Zu den Tagen Alter Musik in Regensburg erklang in der Dreieinigkeitskirche eine neue Orgel, die speziell für die Musik von Bach gebaut wurde – teils ausgestattet mit historischen Pfeifen. Gerade die Solostimmen haben sehr schöne Klangfarben, wie sich in einem Konzert am Samstag zeigte. Da wurde Johann Sebastian Bach von Bart Jacobs interpretiert, begleitet vomOrchester Les Muffatti, die auf der Empore spielten. Damit sie vom Publikum gesehen werden konnten, wurde das Konzert zusätzlich per Video von der Empore nach unten übertragen, was für ein bisschen Public ViewingAtmosphäre sorgte. Ensemble Jupiter bei den Tagen Alter Musik Regensburg Als Debüt des Jahres lag ganz klar das Ensemble Jupiter mit der Mezzosopranistin Lea Desandre vorne. Lauter junge Musiker*innen, die in ihrem Konzert die Musik des Komponisten Antonio Vivaldi gerockt haben. Sie klagen sehr frisch und wirken sehr souverän. Von Lea Desandre und ihrer wahnwitzig virtuosen Stimme wird man sicher noch viel hören. Blue Heron in der Schottenkirche
Tage Alter Musik Regensburg 2022 9 Das portugiesische Vokalensemble Cupertinos in der Schottenkirche Das britische Vokalensemble Alamire & His Majestys Sagbutts & Cornetts in der Dreieinigkeitskirche
10 BR-KLASSIK „Tafel-Confect“, live von den 37. Tagen Alter Musik Regensburg 6. August 2022, 12.05 – 14.00 Uhr // Autor: Thorsten Preuß Zuschauer-O-Töne: ” Die Tage Alter Musik Regensburg sind für mich ein Highlight im Jahr…“ Wie eine Oase in Zeiten der totalen Hektik und des Lärms und des Krachs überall…“ „Wie ein Sonnenstrahl bei Regen.“ Das Publikum freut sich, wir freuen uns auch: Endlich wieder Tage Alter Musik an Pfingsten! Europas Top-Festival für Alte Musik findet wieder statt in den historischen Sälen und Kirchen in Regenburg. Und BRKLASSIK ist dabei: mit zwei Ü-Wagen, Aufnahmeteams – und mit dem Tafel-Confect, heute live aus dem Studio in Regensburg. Herzlich willkommen zu zwei Stunden mit Reportagen, Gesprächen und brandneuen Konzertmitschnitten: zum Beispiel mit diesem musikalischen Feuerwerk von gestern früh. Antonio Vivaldi: Armate face et anguibus (Juditha trumphans) Noch nicht mal 30 Jahre alt und schon ein umjubelter Star am Alte-Musik-Himmel: Die Mezzosopranistin Lea Desandre gestern Vormittag im Regensburger Reichssaal. Gemeinsam mit dem ebenso jungen französischen Ensemble Jupiter hat sie frischen Wind in die Musik von Antonio Vivaldi gebracht. ” O-Ton Lea Desandre: „Wir wollen mit diesem Programm zeigen, wie lebendig Vivaldis Musik damals war und wie sie es heute noch ist. Das war damals wirklich Popmusik, voller Leben und Klangfarben. Wir wollen zeigen, dass diese Musik gemeinsam gemacht und gehört worden ist. Das war ja eben kein großes Orchester, sondern nur eine kleine Gruppe Musiker, es wurde in einem Salon oder einem Wohnzimmer in Venedig gespielt. Da haben sich einfach Freunde getroffen und hatten eine gute Zeit. Ja, wir genießen, was wir tun, wir sind alle Freunde, und wir teilen das mit dem Publikum, um einen schönen Moment zu haben und einfach Vibrations zu spüren.“ Antonio Vivaldi: Gelosia, tu gia rendi l’alma mia Lea Desandre und das Ensemble Jupiter unter der Leitung von Thomas Dunford begeistern mit Vivaldi bei den Tagen Alter Musik. Seit fast schon 40 Jahren gehört in Regensburg das Festival zu Pfingsten wie anderswo Geschenke zu Weihnachten. Doch dann kam 2020 Corona – und seitdem blieben die historischen Säle und Kirchen der Bischofsstadt an Pfingsten stumm. Immerhin: Im vergangenen Oktober gab es eine leicht gekürzte Herbst-Ausgabe des Festivals, doch Lea Desandre und das Ensemble Jupiter im Reichssaal
Tage Alter Musik Regensburg 2022 11 alle waren sich einig: die Stimmung ist einfach nicht dieselbe wie im Frühjahr, wenn die Straßencafés voll sind, der Duft von Bratwürsten in der Luft liegt und von der Steinernen Brücke Straßenmusik herüberweht. Jetzt also spielen sie endlich wieder an Pfingsten, die Zinken, Gamben und Barockviolinen. Eine, die eigentlich schon 2020 hätte dabei sein sollen, ist Leila Schayegh. Heute früh um elf Uhr konnte die vielfach preisgekrönte Schweizer Geigerin ihr Konzert endlich nachholen, und ich habe sie vorher gefragt, was ihr der Auftritt im Regensburger Reichssaal bedeutet. LeiLa Schayegh: „Oh, ich habe sehr gefiebert. Regensburg ist ja ein riesiges Festival. Und wirklich, ich denke, eines der wichtigsten für Alte Musik überhaupt. Es hat lange gedauert, bis diese Einladung gekommen ist. Und ich habe mich extrem gefreut, hier spielen zu dürfen und dann gerade noch mit so einem Programm, das einen wirklich in allen Facetten zeigt, wirklich ganz, ganz, ganz alleine, also ich stehe ja wirklich allein auf der Bühne, ohne jegliche andere Person. Und ich war auch sehr gespannt auf Regensburg. Ich war vorher noch nie da und freue mich jetzt drauf, noch ein bisschen durch die Stadt zu bummeln.“ Sie haben schon gesagt, sie stehen ganz allein auf der Bühne im Reichssaal. Wie fühlt sich das an, wenn man so ein Soloprogramm spielt? LeiLa Schayegh: „Nackt! Ja, es ist so. Also man steht auf der Bühne, und man kann sich nicht verstecken. Man kann sich ja auch nicht in der Kommunikation mit jemand anderem verstecken, nicht mit einem Cembalisten, Cellisten oder wer dann auch immer da ist. Und man ist wirklich nur da mit seiner Musik und mit seiner eigenen Seele und in der Zwiesprache mit seiner Seele und seiner Persönlichkeit und der Musik. Und natürlich dem Publikum, das sich wirklich nur auf eine einzige Person konzentriert. Und das ist schon für mich immer noch die größte Aufgabe.“ Warum tun Sie sich das an? LeiLa Schayegh: „Auch weil ich die Musik liebe und weil ich mich trotz aller Aufregung, die manchmal noch dabei ist, gern so zeige. Und weil es einfach eine Tiefe gibt, die, glaube ich, mit nichts sonst zu vergleichen ist. Und das ist meine Aufgabe überhaupt, als Musikerin einfach was rüberzubringen, das im Herzen und den Gedanken und den Emotionen der Zuhörer widerklingt und das sie mittragen und irgendwie auch auf einer nonverbalen Ebene wieder in ihren Alltag mitnehmen können.“ Jetzt haben Sie ein Programm gemacht, in dem natürlich Bach vorkommt, eine BachPartita, aber vorher auch Komponisten, die sozusagen denWeg zu Bach dokumentieren: Biber, Westhoff, Pisendel. Wie sind Sie auf dieses Programm gekommen? LeiLa Schayegh: „Mich hat das schon immer interessiert, wie so ein Fels entstehen kann wie die Sonaten und Partiten von Bach, und ich wollte eben auch dem Publikum zeigen, dass das nicht einfach irgendwie so wie ein Findling dasteht, sondern tatsächlich eingebettet ist in sehr vieles, was Bach wahrscheinlich auch selber gekannt hat. Und eben für mich war das zu einem gewissen Zeitpunkt vor Jahren neu, und ich denke auch dem großen Teil des Publikums ist es immer noch neu. Also wirklich groß bekannt sind diese Suiten von Westhoff nicht. Ich versteh das auch, denn sie sind doch etwas sperrig, aber wirklich kleine Kleinode, auf die man sich einfach einlassen kann und soll und aus denen heraus man auch versteht, wie dann eben eine Bach-Partita entstehen kann.“ Am Ende des Konzerts steht die d-Moll-Partita: die spielt für sie biografisch auch eine große Rolle, oder? LeiLa Schayegh: „Ja, das ist eine der wenigen, die ich schon auf der modernen Geige auch gespielt habe. Ich habe sie praktisch in allen Abschlussprüfungen schon gespielt, und die spiele ich einfach wahnsinnig gern, und sie hat sich mit mir zusammen entwickelt. Und ich kann irgendwann an dem Stück verfolgen, was ich selber für einen Weg zurückgelegt habe. Und auch weil das ein Stück ist, das einfach in den Fingern liegt und das ich wirklich imHalbschlaf spielen kann, habe ich das auch in sehr, sehr vielen sehr berührenden Situationen schon gespielt, wie zum Beispiel am Totenbett meiner Großmutter. Und das Stück bedeutet mir einfach sehr viel. Aber für mich ist es eigentlich nicht ein Totendenkmal, sondern eher das Gegenteil: das Zeichen des Lebens. Und auf jeden Fall: Die Musik ist mir sehr nah, und ich spiele sie einfach sehr gern.“ J. S. Bach: Giga (aus der d-Moll Partita BWV 1004) Die Gigue aus Bachs d-moll-Partita. Leyla Schayegh spielt sie vielleicht jetzt gerade noch, ein paar Schritte von unserem Studio, im Regensburger Reichssaal. Neues von den Tagen Alter Musik heute im Tafel-Confect auf BR-KLASSIK, und wirklich nagelneu ist die große Orgel in der Dreieinigkeitskirche, dem Hauptspielort des Festivals. Der Clou: die Orgel ist ganz auf die Musik von Bach abgestimmt. Was sie sonst noch kann, wie sie klingt, wie sie sich spielt – der Organist Hugh Rowlands hat es ausprobiert am Samstagabend beim Konzert mit dem Vokalensemble Alamire und dem Bläserensemble His Majestys Sagbutts & Cornetts. Die neue Bach-Orgel in der Dreieinigkeitskirche (Autorin: Gudrun Petruschka) hugh RowLandS: „Die Orgel funktioniert sehr schön, es fühlt sich gut an. Das ist ein lustiges Instrument in dem Sinn, dass es offensichtlich mit viel Wissen um historische Orgeln gebaut ist; es fühlt sich auch historisch an, funktioniert aber wie eine gut geölte MaLeila Schayegh bei ihrem Solorecital im Reichssaal
BR Klassik 12 schine, sehr dynamisch. Aber wie immer mit neuen Sachen: da wird sich sicher auch noch was verändern. Ich spiele heute zum ersten Mal drauf. Aber das ist bei jeder Orgel so, die sind alle einzigartig. Das ist jedes Mal eine neue Erfahrung.“ Hugh Rowlands spielt auf der neuen Orgel in der Dreieinigkeitskirche, die erst im vergangenen Herbst feierlich eingeweiht worden ist. Die aber auf den ersten Blick gar nicht neu aussieht. Erbaut wurde sie von Hendrik Ahrend, der vor einigen Jahren den Auftrag erhalten hat, eine neue Orgel in die Kirche einzupassen, auf der sich die Musik Johann Sebastian Bachs adäquat darstellen lässt. Und der schließlich kein komplett neues Instrument entworfen hat, sondern einen Teil der alten Orgel übernehmen konnte. hendRik ahRend: „Wenn jetzt wie in Regensburg das Gehäuse schon vorhanden ist, dann ist das zunächst einmal ein Vorteil für uns. In der Dreieinigkeitskirche war das Gehäuse in mehrfacher Weise von Vorteil. Es ist nämlich besonders groß, und die Rückwand war bereits entfernt worden von unseren Vorgängern, irgendwann. So konnten wir also ein Instrument in dieses Gehäuse einpassen, was besonders groß sein konnte. Das ursprüngliche Instrument hatte nur zwei Manualwerke. Unser Instrument hat drei Manualwerke. Wir konnten also das Gehäuse praktisch nach hinten noch verlängern und dort einen Teil des Pedalwerks und das Schwellwerk unterbringen. So war das für uns ganz klar eine Steilvorlage und ein besonderer Spaß, da eine Orgel in dieses Gehäuse zu bauen. Es kam noch etwas Anderes hinzu: in diesem vorhandenen Gehäuse von Franz Jacob Späth waren ja auch noch einige alte Pfeifen erhalten. Die konnten wir also sehr schön in unser Konzept integrieren. Im Ganzen war die Sache einfach nur vorteilhaft und eine große Freude für uns.“ Das Instrument ist keine originalgetreue Kopie einer barocken Orgel geworden. Vielmehr sind hier etliche von Bachs Ideen und Vorstellungen einer zu seiner Zeit modernen Orgel umgesetzt. Und sie hat viel mehr Klangmöglichkeiten, als Hugh Rowlands im Konzert einsetzen kann, die er aber gerne zeigt: hugh RowLandS: „Zwei Zimbelsterne, ein hoher, und ein tiefer. Es gibt auch gestimmte Glocken.“ Für Bachs Musik ist diese Orgel maßgeschneidert. Im Konzert spielt Hugh Rowlands dann aber Musik von Hieronymus Praetorius, der 125 Jahre vor Bach geboren wurde, und findet, dass sich auch diese Musik prächtig auf der Orgel interpretieren lässt, und zieht eine Parallele zwischen beiden Komponisten: hugh RowLandS: „Hieronymus Praetorius lebte in Hamburg. Ich denke, die Verbindung zwischen ihm und Bach ist die Jacobi-Kirche in Hamburg, an der Praetorius Organist war und Bach sich mal erfolglos beworben hat. Auf dieser Orgel hier lässt sich Praetorius‘ Musik ganz hervorragend spielen. Sie hat wunderbare Flöten-Register. Die herrlichen Antiphone basieren auf dem gregorianischen Choral, und da kann man hier die Melodien super rausbringen, die Klangfarben, die Vielseitigkeit und eben seine spezifische Handschrift.“ Hugh Rowlands spielt Orgelmusik von Hieronymus Praetorius, und dieses Konzert vorgestern Abend in der Dreieinigkeitskirche war ein Ereignis. Nicht nur wegen der BachOrgel, die Gudrun Petruschka in ihrem Beitrag vorgestellt hat, sondern auch wegen der unglaublichen Präzision und Musikalität der britischen Ensembles Alamire und His Majestys Sagbutts & Cornetts. Unter der Leitung des Perfektionisten David Skinner gelang ihnen eine eindrucksvolle Wiederentdeckung des frühbarocken Komponisten Hieronymus Praetorius – nicht zu verwechseln und auch nicht verwandt mit dem bekannteren Michael Praetorius. Auf dem Programm: großbesetzte, 12-, 16- oder sogar 20stimmige Werke eines Hamburgers, dem der Weg nach Venedig zu weit war und der sich das mehrchörige Komponieren deswegen autodidaktisch beibringen musste. Das Resultat dieser Mühen: anderthalb Stunden Musik zum Staunen. Hieronymus Praetorius: Angelus ad pastores ait Eine prachtvolle Weihnachtsmotette von Hieronymus Praetorius, effektvoll wiedererweckt von den Ensembles Alamire und His Majestys Sagbutts & Cornetts unter der Leitung von David Skinner. Den Sendetermin dieses Konzerts sollten Sie sich vormerken: am 5. Juli um 20 Uhr in der Festspielzeit hier auf BR-KLASSIK. Trotto (mittelalterlicher Tanz) Ein mittelalterlicher Tanz, gespielt vom Ensemble Canticum Novum. Warum beschäftigt man sich im Zeitalter von Handys, EAutos und Virtual Reality eigentlich noch mit so alter Musik? Das habe ich vor der Sendung Emmanuel Bardon, den Leiter des Ensembles, gefragt. emmanueL BaRdon: „Diese Frage stellt man uns häufiger, und ich würde bei „Alte Musik“ gleich das Wort „Alte“ streichen. Denn ab demMoment, wo man sie spielt, wird es Musik von heute, lebendige Musik. Außerdem: Wenn man das mit anderen teilt, was zu unserem kollektiven Gedächtnis gehört, erzählt man zugleich, woher man kommt. Und häufig hilft das, eine hellsichtigere Zukunft zu bauen. Es lohnt sich also, Musik des Mittelalters zu Hugh Rowlands an der Orgel der Dreieinigkeitskirche
Tage Alter Musik Regensburg 2022 13 machen, denn das erzählt uns letztlich etwas über uns selbst. Und schließlich: Wir wollen, dass unsere Arbeit im Alltag von heute verankert ist. Wir sind keine Musikarchäologen, die sogar die Spinnweben aus der Vergangenheit bewahren wollen. Wir sind anders: wir wollen, dass die Musik lebendig ist – und kommunikativ! Was bedeutet denn in diesem Kontext Authentizität? emmanueL BaRdon: „Authentizität heißt, ehrlich zu den Leuten zu sein; wir im Ensemble CanticumNovum wollen mit Hilfe des Repertoires, das wir spielen, auch erzählen, wer wir sind. Wir kommen aus der französischen Stadt St. Etienne, das ist eine Arbeiterstadt mit Kohleminen, also eine sehr kosmopolitische Stadt. In einer Schulklasse mit 25 Schülern kann man 17 bis 20 verschiedene Muttersprachen finden. So erzählen praktisch auch alle unsere Programme, was verschiedene Kulturen verbindet. Wenn man sich den Repertoires der Alten Musik nähert, stellt man fest, dass alle Instrumente eine Mischung sind aus Süd und Nord, Orient und Okzident. Die Musik entwickelt sich immer weiter und erzählt uns von der Notwendigkeit, uns miteinander zu verbinden, von Gemeinsamkeiten, von Interkulturalität und einem kosmopolitischen Geist.“ Jetzt geht es heute im Konzert um mittelalterliche Laudes, also italienische, geistliche Gesänge. Was ist das für ein Repertoire? emmanueL BaRdon: „Das sind Gesänge aus der Zeit des Hl. Franz von Assisi, die in einer Stadt in der Nähe von Assisi namens Cortona aufgezeichnet wurden. Es sind liturgische Stücke - aber die Melodien sind sehr stark von der volkstümlichen Tradition der Toskana geprägt. Und in diesem Geist interpretieren wir als Ensemble Canticum Novum dieses Manuskript – im Geist des Platzes vor der Kirche, des Dorfplatzes, des Cafés, wo man ein Bier trinkt, der Bäckerei. Man könnte diese Stücke auch anders aufführen, a capella, sehr feierlich, mit einem sehr spirituellen Charakter. Aber ich empfinde in den Stücken viel stärker diesen volkstümlichen Geist, im Sprachrhythmus, in der Struktur mit Strophen und Refrains. Das lädt dazu ein, mit Percussion zu arbeiten, sehr lebhaft, sehr rhythmisch. Puristen hätten es sicher anders gemacht, aber uns erschien es so richtig, wobei wir der Überlieferung sehr treu bleiben.“ Stella nova’n fra la gente (Lauda Nr. 21) Musik aus dem Laudario di Cortona, aus der Zeit des Heiligen Franz von Assisi. Für Kurzentschlossene: in einer guten Stunde, ab 14 Uhr, ist diese Musik live zu erleben in der Regensburger Minoritenkirche, mit dem Ensemble CanticumNovum. Sie hören das Tafel-Confect auf BR-KLASSIK heute aus Regensburg mit einer Sonderausgabe von den Tagen Alter Musik. Und am Samstag früh war da das belgische Barockorchester Les Muffatti zu Gast. Anlass für meinen Kollegen Volker Sellmann, die neueste CD des Ensembles genauer unter die Lupe zu nehmen. CD-Kostprobe: „Salve Regina” Motetten von Porpora und Hasse, Les Muffatti (autor: Volker Sellmann) Die Pracht barocker Kirchen. Betäubender Duft von Weihrauch, der zu opulenten Fresken emporsteigt und die Betenden in Trance versetzt. Bittere Armut in den engen Gassen, triumphaler Glanz in den fast 200 Gotteshäusern: Noch heute sind Prunk, Elend und Tod untrennbar miteinander verschlungen in Neapel. Hier der Rausch prachtvoller Kunst, dort Camorra und dauerhaft versagende Müllabfuhr. Wie’s mit demMüll um das Jahr 1700 bestellt war, darüber können wir nur mutmaßen. Unbestreitbar ist aber, dass Neapel damals mit über 300.000 Einwohnern nicht nur die drittgrößte Stadt Europas war, sondern auch der musikalische Nabel der Welt. Alles, was Rang und Namen hatte, kam aus Neapel oder traf sich dort. Eine neue Aufnahme des belgischen Barockensembles „Les Muffatti“ entfaltet einen farbenprächtigen Bilderbogen sakraler Musik zu Füßen des Vesuv. Mit makelloser Eleganz feiern „Les Muffatti“ zwei der großen Barockkomponisten Neapels. Nicola Antonio Porpora, seinerzeit der wohl einflussreichste und auch produktivste, führte das Leben eines Abenteurers, eines rastlos Reisenden, eines Intriganten, dessen glanzvoller Stern nach einer großen Karriere ebenso rasch sank, wie er einst aufgegangen war. Zwei Motetten Porporas für Solostimme und Orchester leuchten glutvoll und werden so frisch musiziert, als sei die Tinte der Notenblätter gerade erst trocken geworden. Sie zeigen den Komponisten als einen Theatermann, der mit sicherer Hand aus geistlichen Inhalten bravouröse Opernszenen entwickelt. Die Oper in Neapel zu Porporas Zeit lebte vor allem von der zirzensischen Kunst gefeierter Kastraten. Dementsprechend fordern die Komponisten auch in ihren sakralen Werken als Gesangssolisten souveräne Virtuosen. In dieser Aufnahme glänzt der Countertenor Clint van der Linde mit dramatischer Attacke und sinnlich-dunkel gefärbtem Timbre. Auf ein ganz anderes Pferd zum Gipfel des musikalischen Parnass setzte Johann Adolph Hasse. Geboren wurde er bei Hamburg, ging zum Studium nach Neapel zu Nicola Porpora – und war später einer seiner erbittertsten Konkurrenten. Trumpft Porpora effektvoll auf, wagt Hasse melodische Schlichtheit – und repräsentiert somit den Stilwandel der 1730er Jahre. Musik wird zumMedium, um Gefühle und Seelenregungen unverstellt auszudrücken: Das Zeitalter der Aufklärung und der Empfindsamkeit hat begonnen. Applaus für Canticum Novum in der Minoritenkirche
BR Klassik 14 Musik aus Neapel auf der neuen CD des Ensembles Les Muffatti, die beim Label Ramée erschienen ist. Volker Sellmann hat sie vorgestellt, und hier noch eine kleine Kostprobe daraus. Nicola Porpora: Nisi Dominus Ein Nisi Dominus von Nicola Porpora, gesungen von Clint van der Linde auf der aktuellen CD des Ensembles Les Muffatti, das am Samstag auch zu Gast war bei den Tagen Alter Musik Regensburg. – So, und wetten, dass Sie nicht erraten, wer das folgende Stück geschrieben hat? Kleiner Hinweis: es war kein Komponist. Chiara Margarita Cozzolani: Domine ad adjuvandum Kein Komponist, sondern eine Komponistin hat diesen klangprächtigen Vespergesang geschrieben: Chiara Margarita Cozzolani heißt sie, lebte im 17. Jahrhundert, und dass ich diesen Namen so schnell nicht mehr vergessen werde, verdanke ich dem gestrigen Konzert mit dem Ensemble I Gemmelli und seinem Leiter Emiliano Gonzalez Toro. ” O-Ton Emiliano Gonzalez Toro: „Cozzolani war Nonne, sie war die Chefin der Musikschule Santa Radegonda in Mailand – dieser Konvent existiert nicht mehr, heute steht da ein Kino, wo man Disney-Filme sehen kann. Aber damals stand da eben ein Konvent, und Cozzolani unterrichtete die jungen Mädchen, die besten jungen Musikerinnen ihrer Zeit. Jeder kannte diesen Konvent und diese Musik, sie wurden „himmlische Sirenen“ genannt, weil niemand sie sehen konnte, denn sie sangen hinter Trennwänden auf den Chor-Emporen. Die Leute gingen in die Kirche, um diese Sängerinnen zu hören. Das alles ist ganz gut belegt. Wir wissen auch, dass Cozzolanis Musik verlegt worden ist, sie war also wirklich berühmt zu ihrer Zeit, und diese Drucke gelangten damals sogar bis nach Bolivien.“ Chiara Margarita Cozzolani: O quam bonus es Betörende Melodien, extravagante Ideen, und immer für eine Überraschung gut: die Musik von Chiara Margarita Cozzolani. Das Ensemble I Gemelli unter der Leitung von Emiliano Gonzalez Toro hat ihr gestern einen ganzen Abend gewidmet – eines von insgesamt 16 Konzerten bei den diesjährigen Tagen Alter Musik Regensburg, und die sind insgesamt recht gut besucht, sagt Festivalleiter Ludwig Hartmann: ” O-Ton Ludwig Hartmann: „Die Folgen der Pandemie, die werden wir wahrscheinlich noch länger spüren. Allerdings muss ich sagen, können wir uns wirklich glücklich schätzen, dass wir ein großes Stammpublikum haben und dass also viele Konzerte sehr gut besucht sind. Etwa fünf Konzerte sind ausverkauft, also da können wir wirklich sehr zufrieden sein. Natürlich ist da noch einige Luft nach oben, aber das war uns von vornherein bewusst. Und wir glaubten eigentlich nie, dass das gleich wieder sofort in dem Maße weitergeht, wie wir das vor der Pandemie hatten.“ Ein Publikumsrenner war auch in diesem Jahr wieder das Eröffnungskonzert mit den Regensburger Domspatzen: musikalisch vielleicht nicht gerade das spannendste Event, aber eben: gute Tradition. Tut auch gut in diesen turbulenten Zeiten. Mit dabei wie im letzten Jahr: die Hofkapelle München, und auf dem Programm, ebenfalls wie im letzten Jahr, eine Messe von Mozart. I Gemelli unter der Leitung von Emiliano Gonzalez Toro in der Dreieinigkeitskirche mit Cozzolanis Marienvesper
Tage Alter Musik Regensburg 2022 15 W. A. Mozart: Große Credo-Messe KV 257, Agnus Dei Wunderschön gesungen: Katja Stuber, die Regensburger Domspatzen und die Hofkapelle München unter der Leitung von Christian Heiß mit Mozart am Freitagabend beim Eröffnungskonzert der Tage Alter Musik: das Agnus Dei aus der großen Credo-Messe. Regensburg ist eine quirlige Stadt, sogar in der Nacht: dann ist Partystimmung angesagt in den Bars und Kneipen der Altstadt. Aber es gibt auch Oasen der Stille: die Nachtkonzerte bei den Tagen Alter Musik, wo man sich nach der Schwüle des Tages spätabends in die Kühle der Kirchen flüchten kann. Der Regensburger Dom ist dabei für Konzerte eigentlich tabu, aber für ein legendäres Vokalensemble gab’s gestern in der Stunde vor Mitternacht eine Ausnahme: die Tallis Scholars kamen als Stargast zu den Tagen Alter Musik. Mein Kollege Falk Häfner war schon bei der Probe dabei. Reportage: Die Tallis Scholars im Dom (Autor: Falk Häfner) Es ging ein heftiger Regenguss nieder, als die Tallis Scholars gestern Abend beim Regensburger Dom ankamen. Draußen das Grummeln des Gewitters, drinnen das Raunen des Ensembles, als es das Bauwerk betrat. Mit einem derart monumentalen Sakralbau hatten die zehn Sängerinnen und Sänger wohl nicht gerechnet, und die Vorfreude auf das bevorstehende Konzert stand den Engländern und ihrem Chorleiter Peter Phillips buchstäblich ins Gesicht geschrieben: PeteR PhiLLiPS: „Es ist fantastisch, die Akustik, es ist groß, es ist ein Glücksfall. Es ist merkwürdig, ja, ich habe es sehr gern und meine Sänger auch. Es macht die Arbeit leichter, wenn man in einem so fantastischen Gebäude singen darf.“ Englische Renaissancemusik, Motetten und Propriumsmusiken der englischen Hauptvertreter der Renaissance, John Tavener, Thomas Tallis undWilliam Byrd standen auf dem Programm, aber auch Werke der weniger bekannten Komponisten Robert White und des Namensvetters des Ensemblegründers Peter Phillips, allesamt A-cappella Kompositionen, die Mitte des sechzehnten bis Anfang des siebzehnten Jahrhunderts entstanden sind, also kaum hundert Jahre, nachdem der Regensburger Dom um 1450 sein Dach bekommen und damit liturgisch nutzbar geworden war. Wer diese Musik im Regensburger Dom gestern Abend erleben durfte, wird verstehen, was die RenaissanceMeister mit ihren Kompositionen im Sinn hatten. Es ist Musik, die zu schweben scheint, die gen Himmel strebt wie die gotischen Säulen im Kirchenschiff. Klänge, die miteinander emulgieren, zu stimmlichen Gebilden werden wie Nebel, der aus nassen Wiesen steigt und in dem sich das Licht zu immer neuen Schattierungen bricht. Peter Phillips hat eine exakte Vorstellung davon, wie sein Chor, die Tallis Scholars, klingen soll: PeteR PhiLLiPS: Es ist sehr klar und streng; farbig, aber nicht zu weiß, das ist nicht so gut, das ist nicht interessant. Weiß ist keine Farbe, das bedeutet, man singt sehr „straight“, sagt man auf Englisch. So Peter Phillips. 1973, hat er die Tallis Scholars gegründet, damals noch als Studentenensemble. Zehn Jahre später begann er mit Profis zu arbeiten, mit Künstlern wie Mark Padmore oder Michael Chance, die später selbst eine große Solokarriere gestartet haben. Inzwischen singt die dritte Generation der Tallis Scholars: fünf Damen, fünf Herren, damit jede der meist fünfstimmigen Motetten doppelt besetzt ist. Welch magische Anziehungskraft dieses Konzert gestern Abend im Regensburger Dom hatte, war schon vor demAuftritt der Tallis Scholars zu spüren. Bereits eine Dreiviertelstunde vor Konzertbeginn kamen die ersten Konzertgäste in das Gotteshaus, das beim Konzert bis auf den letzten Platz gefüllt war. Höchst selten konnten die Macher der Tage Alter Musik bisher ein Konzert im Regensburger Dom anbieten. Dabei ist gerade dieser Ort für A-cappella-Repertoire die erste Adresse Die Regensburger Domspatzen und die Hofkapelle München beim Eröffnungskonzert in der Dreieinigkeitskirche
BR Klassik 16 in der Stadt. Mit seiner Länge von 85, seiner Breite von 31 und seiner Höhe von 32 Metern kommt im Kirchenschiff ein extrem langer Nachhall zustande. Kein Vergleich zur romanischen Schottenkirche, in der die anderen A-cappella-Nachtkonzerte stattgefunden hatten. Was in der deutlich kleineren Schottenkirche trotz ihres nicht unerheblichen Nachhalles noch vergleichsweise direkt wirkt, wird im Dom zu einer geradezu sphärischen Musik: Klänge so entrückt und jenseitig, als kämen sie von Engeln statt von Menschen. Dementsprechend mucksmäuschenstill gab sich das Publikum diesen sphärischen Klangschichten hin, hineingezogen in einen tranceartigen Sog. Es dankte mit angemessenem innigen Applaus ganz ohne die ungebändigten Euphorieausbrüche der Vorabend- Konzerte. Sphärische Engelsmusik im Regensburger Dom – Falk Häfner war gestern Abend bei den Tallis Scholars. Und hier Musik mit den Tallis Scholars: William Byrd in einer Aufnahme von 1987. William Byrd: Ave verum corpus Ein Ave verum corpus von William Byrd. Die Tallis Scholars haben dieses Stück gestern Abend auch imRegensburger Dom gesungen. Vokalmusik aus der Zeit um 1600 puristisch a capella zu singen, wie es die Tallis Scholars tun - das ist nur eine Möglichkeit. Eine andere, klangprächtigere Option war im Nachtkonzert vom Freitag zu erleben. Denn das französische Ensemble Les Melanges kam, wie der Name schon sagt, in einer gemischten Besetzung: ” O-Ton Volny Hostiou (Ensemble Meslanges): „Wir haben in den Archiven Belege gefunden, dass in praktisch allen Kathedralen Frankreichs um 1600 herum diese Musik nicht unbedingt mit Orgel und Generalbass interpretiert wurde und auch nicht a capella, sondern dass die Stimmen colla parte verdoppelt wurden: das heißt, jedem Sänger im Chor war ein Blasinstrument zugeordnet, ein Zink, ein Serpent, manchmal ein Dulzian. Deswegen verzichten auch wir auf den Generalbass und doppeln die Stimmen mit Instrumenten. Das ist natürlich auch eine ästhetische Entscheidung: wir haben pro Stimme nur einen Sänger oder eine Sängerin, aber verstärkt um diese instrumentalen Farben.“ sagt Volny Hostiou vom Ensemble Les Meslanges. In der Messe von Jehan Titelouze spielte er ein eindrucksvoll tiefes Instrument: den schlangenförmigen Serpent. Jehan Titelouze: Gloria Ein Gloria von Jehan Titelouze, gesungen und gespielt letzten Freitag vom Ensemble Les Meslanges. Sie hören BR-KLASSIK mit einer Sonderausgabe des Tafel-Confects von den Tagen Alter Musik Regensburg, und The Tallis Scholars unter der Leitung von Peter Phillips im Dom St. Peter Volny Hostiou am Serpent
Tage Alter Musik Regensburg 2022 17 nun, um 13:26 Uhr, ist es Zeit für unser wöchentliches Alte-Musik-Lexikon. Stichwort Corrette (Autor: Klaus Meyer) Corrette, Michel (geboren 1707 in Rouen, gestorben 1795 in Paris): französischer Komponist, Arrangeur, Organist, Lehrer und Verfasser von diversen Vokal- und Instrumentalschulen. Er war eine schillernde Figur in der französischen Musikkultur zwischen Barock und Klassik – facettenreich, überraschend vielseitig, tätig auf unterschiedlichsten musikalischen Gebieten: Michel Corrette – ein Kirchenmusiker, aber auch ein Theatermann, ein Autor von annähernd zwanzig Lehrbüchern für Gesang und für das Spiel von so unterschiedlichen Instrumenten wie Querflöte und Drehleier, ein Komponist von Kammer- und Ensemblemusik, von Orchesterwerken und Solostücken, dabei auch ein Komponist von Orgelmusik und ein Organist von Rang. In der Tat: Orgelspieler und Fans von Orgelmusik verbinden den Namen Michel Corrette wohl zuerst mit der großen Tradition französischer Orgelmusik, die vom 17. Jahrhundert bis in unsere Tage reicht. Michel Corrette war auch Sohn eines Organisten – von Gaspard Corrette aus dem nordfranzösischen Rouen. In Paris gehörten dann vermutlich zwei andere prominente Vertreter der französischen Orgelschule zu seinen Lehrern – vielleicht Louis Marchand und wahrscheinlich JeanFrançois Dandrieu. Von 1737 bis 1791 – vierundfünfzig Jahre seines langen Lebens – war Corrette Organist an Sainte-Marie-du-Temple in Paris, daneben auch um 1760 zeitweise Organist am Grand Collège des Pariser Jesuitenordens. Frucht dieser Tätigkeit sind neben anderem seine Orgelkonzerte op. 26 und seine „Noëls“, in Frankreich überaus beliebte liedhafte Orgelstücke zur Weihnachtszeit. Seine professionelle Laufbahn hatte Michel Corrette allerdings als Theaterkomponist begonnen: Von 1732 bis 1739 war er „Maïtre de Musique“, Musikdirektor der Foires Saint-Laurent und Saint-Germain. Für diese Pariser Jahrmarktstheater schrieb er seine fünfundzwanzig „Concertos comiques“ – nur deshalb so genannt, weil sie als Zwischenaktmusiken in den Opéras comiques erklangen. Corrette verarbeitete dazu populäre Melodien seiner Zeit auf mannigfache Art – Volkslieder wie „La Furstemberg“, Vaudevilles oder beliebte Themen aus den Opéras comiques wie die „Airs des Sauvages“ von Campra und Rameau oder die „Marche du Huron“ aus Grétrys Oper. All dies demonstriert Correttes Souveränität als Arrangeur, dabei auch seine Meisterschaft, Popularmusik und Kunstmusik der Zeit zu verschmelzen. Michel Corrette, der Orgelmeister und Theaterkomponist – eine schillernde Figur. Michel Corrette 1. Satz aus Concerto d-moll op. 26 Nr. 6 Auch sie waren an diesem Pfingstwochenende in Regensburg dabei: der Cembalist Vital Julian Frey und das Schweizer Orchester Le Phénix mit Musik von Michel Corrette. Klaus Meyer hat den Komponisten vorgestellt. Begonnen haben die Tage Alter Musik in diesem Jahr übrigens ausnahmsweise nicht mit einem Konzert, sondern schon am vergangenen Donnerstag mit einer wissenschaftlichen Tagung. Und da drehte sich alles um einen der Väter des Renaissance-Madrigals: um Cypriano de Rore. Die Organisation der Tagung lag in den Händen von Katelijne Schiltz, Professorin für Musikwissenschaft an der Universität Regensburg, die das Musikleben des 16.Jahrhunderts in Venedig zu ihren Forschungsschwerpunkten zählt. Beitrag Tagung Cipriano de Rore (Autorin: Gudrun Petruschka) kateLijne SchiLtz: „Rore nimmt da durchaus eine relativ spezielle Rolle ein. Das ist keine einfache Musik. Will heißen, das ist Musik, mit der man sich intensiv beschäftigen muss, wo man auch die Texte sehr intensiv studieren muss, um überhaupt zu verstehen, was Rore als Komponist damit macht. Und es ist dann auch kein Zufall, dass so jemand wie Monteverdi mehrfach und auch andere Komponisten aus dem späten 16. und dem frühen 17.Jahrhundert Cipriano de Rore als eine Art von Modell sozusagen gesehen haben.“ Und das ist dann auch deutlich zu sehen und zu hören in den einzelnen Vorträgen, dass es interdisziplinär zugeht bei dieser Tagung: da wird der Blick geweitet und es wird die Beziehung von Text und Musik analysiert, in den Kompositionen von de Rore, aber auch von Zeitgenossen. Da spricht ein Literaturwissenschaftler über seine Perspektive auf die Verwendung von Texten in Madrigalen. Da wird aber auch speziell von Cipriano de Rores Werk und seinem Leben erzählt; etwa, wie sein lange unbekannter Geburtsort doch noch entdeckt wurde, das Städtchen Ronse bei Brüssel. Die Vortragenden sindWissenschaftler, aber es spricht auch der Leiter des Vokalensembles Blue Heron, und das ist der große Luxus, den sich die Tagung leistet: die Musikbeispiele werden live gesungen, eben von Blue Heron, das sind fünf Sänger und eine Sängerin, und es klingt ganz außergewöhnlich gut im Kellergewölbe des Grafenreutherschen Hauses in der Regensburger Altstadt. Jason McStoots, einer der Sänger, profitiert auch selbst vom Zusammentreffen von Praxis und Theorie: jaSon mcStootS: „Es gibt immer Interessantes bei solchen Diskussionen: welches Stück Prof. Dr. Katelijne Schiltz (Organisation der Tagung) & Scott Metcalfe (Leiter Blue Heron)
BR Klassik 18 war zuerst da, wer hat welches Manuskript kopiert. Das ändert vielleicht nicht unbedingt die eigene Interpretation, aber zu wissen, dass etwas aus etwas entsteht, hilft schon. Manchmal ist ein Stück einfach ein Echo eines anderen. Dann erzählt das erste Stück auch etwas über das zweite Stück. Ich finde solche Tagungen nicht nur interessant und gehe gern hin – oft entstehen da auch neue Projekte, man bekommt neue Repertoire-Ideen. Das ist oft sehr fruchtbar für mich als Musiker, bei solchen Tagungen dabei zu sein.“ ” Ein Besucher: „Ich habe gestern dann wirklich das Ultimative erlebt und auch erfahren. Der Vortrag mit den Musikbeispielen von Blue Heron war überragend.“ Einer von leider nur wenigen Interessierten. Vielleicht wurde mancher davon abgeschreckt, dass die Vorträge auf Englisch waren, und auch, wer im Italienischen des 16.Jahrhunderts nicht so ganz sattelfest ist, hat manches Detail überhört. Vielleicht ist aber auch einfach zu wenig Werbung gemacht worden für diese Tagung. Für nächstes Jahr ist sie wieder geplant, dann soll es um die Rosenkranz-Sonaten von Heinrich Ignaz Franz Biber gehen. Und hoffentlich zieht dieses möglicherweise etwas zugänglichere Thema dann auch mehr Zuhörer und Zuhörerinnen an, denn die Zielgruppe ist explizit auch das Konzertpublikum. kateLijne SchiLtz: „Und ich finde es wirklich nicht nur sinnvoll, sondern auch für beide Seiten, glaube ich, sehr, sehr wichtig, dass man auf der einen Seite mit dem Fach Musikwissenschaft zeigt, dass das nicht etwas ist, das nur im stillen Kämmerlein an der Uni betrieben wird, sondern dass das ein Fach par excellence ist, das sehr stark auch auf Leute zugehen kann und die Ergebnisse unserer Forschung, auch einem breiteren Publikum mitteilen. In der Uni nennt man das dann meistens „Third mission“. Und dass auf der anderen Seite das Publikum, das zu den Tagen alter Musik kommt, letztendlich auch davon profitiert.“ Meine Kollegin Gudrun Petruschka war eine von wenigen Teilnehmern an der internationalen Tagung über Cipriano de Rore. Voll besetzt dagegen war dann die Regensburger Schottenkirche am Samstagnachmittag, als das Ensemble Blue Heron Cipriano de Rores Madrigale im Konzert vorstellte. Cipriano de Rore: Per mezz‘i boschi inhospiti et selvaggi Ein fünfstimmiges Madrigal von Cipriano de Rore, gesungen von dem erstklassigen US-Ensemble Blue Heron, dessen Leiter Scott Metcalfe wie ein echter Star-Trainer übrigens nicht mit auf dem Podium in der Schottenkirche stand, sondern sein Team von der Seitenlinie aus begleitete, sprich: in der Kirchenbank saß und dort den exzellenten Auftritt einfach nur genoss. Begonnen haben die Tage Alter Musik also mit einem Symposion; zu Ende gehen sie heute Abend mit einem Puppenspiel: Denn das tschechische Ensemble Collegium Marianum vereint sich mit dem Marionettentheater Buchty a Loutky, zu deutsch „Kuchen und Puppen“, um Händels „Acis und Galatea“ auf die Bühne des Theaters am Bismarckplatz zu bringen. Was die Zuschauer da erwartet, das habe ich vor der Sendung die Flötistin und Dirigentin Jana Semerádová gefragt. jana SemeRádoVá: „Ich bin sehr glücklich, dass wir Acis und Galatea von Händel im wunderschönen Theater von Regensburg aufführen können. Denn das Publikum erwartet etwas ganz Außergewöhnliches, eine Kombination aus Puppentheater und menschlichen Sängerinnen und Sängern. Das Besondere daran ist die Interaktion von Puppen und Sängern durch ihre Gestik, vor allem in den märchenhaften Momenten der Oper. Zum Beispiel, wenn die Riesen auf die kleinen Menschen in Gestalt der Puppen Collegium Marianum & Marionettentheater Buchty a loutky, Leitung Jana Semerádová, im Theater am Bismarckplatz
Tage Alter Musik Regensburg 2022 19 Das orchester le phénix in der Basilika St. Emmeram Collegium Marianum & Marionettentheater Buchty a loutky im Theater am Bismarckplatz, Leitung: Jana Semerádová
BR Klassik 20 treffen, eine beliebte Illusion in der Barockoper. Das Puppentheater steht auf der großen Bühne, ist also Teil der Szenerie. Es ist gar nicht so klein, denn die Sängerinnen und Sänger müssen an einigen Stellen da hineinpassen. Die Puppen sind ebenfalls relativ groß, also niemand braucht Angst zu haben, dass er die Puppen vom Zuschauerraum aus nicht richtig erkennen kann. Die Sängerinnen und Sänger singen und sprechen manchmal mit den Puppen wie mit richtigen Dialogpartnern, sodass eine Atmosphäre wie im Märchen entsteht. Die Puppenbühne dient als Szene für den Riesen Polyphem und den Hirten Acis, die beide das Herz von Galatea erobern“. Stichwort Marionetten, da schwingen für mich gleich Kindheitserinnerungen mit, nicht zuletzt auch von sich verheddernden Fäden, als wir es selbst mal probiert haben. Was verbinden Sie mit Marionetten? jana SemeRádoVá: „Ich verbinde ebenfalls Kindheitserinnerungen mit dem Puppentheater. Es ist für mich immer von einer märchenhaften Aura umgeben. Aber wir sollten nicht vergessen, dass Marionetten in der Barockzeit sehr beliebt waren und dass es eine festverwurzelte Tradition des Marionettentheaters in Böhmen gibt, die vom neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert bis heute reicht. Vor allem aber umfasst diese Tradition auch Puppentheater für ein erwachsenes Publikum mit ganz anderen Themen als Märchen. Die Verbindung von Oper und Marionetten ist nicht komplett neu, aber gerade im Hinblick auf die Barockzeit entfaltet es eine zauberhafte Wirkung. Es ist ein besonderes Erlebnis mit den Marionetten, die zwar nicht leben, aber durch bestimmte Bewegungen kann man mit ihnen tatsächlich die typische Gestik der Sängerinnen und Sänger aus der Barockzeit heraufbeschwören. Gerade auch die Kombination von Holz und Menschen aus Fleisch und Blut erzeugt eine fantasievolle Illusion.“ Also auch Marionettentheater für Erwachsene heute Abend und eine enge Verbindung zur Barockoper. Es ist jetzt nicht das erste Stück, das Sie mit dem Marionettentheater machen. Wie kam es denn ursprünglich zu der Idee, Puppentheater und Barockoper zu verbinden? jana SemeRádoVá: „2010 habe ich das Puppentheater Buchty a Loutky kennengelernt, und ich war begeistert von der Aufführung. Es war übrigens ein Stück für Erwachsene, und ich dachte, wie wäre es, wenn wir gemeinsam etwas mit unserer Musik machen könnten? So haben wir zuerst zusammen ein Weihnachtsstück inszeniert und danach Callisto von Francesco Cavalli, eine Barockoper mit einer mythologischen Handlung voller Verwandlungen, bei denen wir viele Masken und Puppen verwenden konnten. Schließlich bekamen wir die Einladung von den Händel-Festspielen in Halle, Acis und Galatea auf die Bühne zu bringen. Und ich bin sehr glücklich, dass wir die Oper nun auch in Regensburg aufführen können.“ Und warum eignet sich Händels Acis und Galatea speziell für so eine Inszenierung mit Marionetten? jana SemeRádoVá: „Ich denke, es erweckt die Welt des Riesen Polyphem sehr fantasievoll zum Leben. Man kann zum Beispiel eine wirklich große Puppe für Polyphem herstellen und eine ganz kleine für Galatea, während menschliche Sängerinnen und Sänger diese Größenunterschiede nicht darstellen könnten. Diese Illusionen nutzen wir auch im Zusammenspiel zwischen den Sängern und den Puppen, und wir dachten, das ist die perfekte Gelegenheit, das für Halle so zu inszenieren. Wir haben durchweg ein positives Echo bekommen, und alle, die es gesehen haben, fanden es außergewöhnlich und magisch. Jana Semrádová macht uns Lust auf Acis und Galatea in einer Version für Puppentheater. Heute Abend um 19 Uhr zum Abschluss der Tage Alter Musik im Regensburger Theater am Bismarckplatz, vielen Dank Frau Semrádová und einen schönen Abend mit Händel. jana SemeRádoVa: Danke, es freut mich! Georg Friedrich Händel: Happy, happy we! (Acis & Galatea) Das Collegium Marianum unter der Leitung von Jana Semerádová – heute Abend um 19 Uhr wird es die Tage Alter Musik Regensburg mit „Acis und Galatea“ beschließen. Und auch unser Tafel-Confect hier aus Regensburg geht nun langsam zu Ende. Ich danke allen, die vor und hinter den Kulissen mitgewirkt haben: Gudrun Petruschka und Falk Häfner für die Interviews, Amélie Pauli und Sven Knappe als Sprecher, den Tonmeistern Michaela Wiesbeck, Bernhard Albrecht und Johannes Müller und ihren Aufnahmeteams, Wolfgang Schicker als Chef vom Dienst und Christine Bauer an den Reglern hier im Studio Regensburg. Mein Name ist Thorsten Preuß, und ich verabschiede mich noch einmal mit dem fulminanten Ensemble Jupiter, dem Cellisten Bruno Philippe und einem Concerto von Vivaldi. Eine schönen Pfingstmontag! Antonio Vivaldi: Cellokonzert Der Cellist Bruno Philippe & Thomas Dunford vom Ensemble Jupiter
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