Tage Alter Musik – Almanach 2023

30 www.gelsenkirchen-barock.de Neues aus der Alten Musik Tage Alter Musik in Regensburg // 26. bis 29. Mai 2023 // Heiliger Ernst und Party an der Donau // Autor: Dr. Ingo Negwer Die 38. Tage Alter Musik in Regensburg boten den Freundinnen und Freunden der historisch orientierten Aufführungspraxis am Pfingstwochenende wieder einmal ein schier überbordendes Programm mit sechzehn Konzerten. Und dabei war ein Konzert sogar auf drei Termine verteilt, an denen die Geigerin Meret Lüthi und ihr Ensemble Les Passions de l’Âme im Reichssaal den kompletten Zyklus der Rosenkranzsonaten von Heinrich Ignaz Franz Biber aufführten. Da galt es auch für den Rezensenten, an den vier Festivaltagen Kräfte und Kondition zu bündeln und folglich eine Auswahl zu treffen. Am Freitagabend eröffneten die Regensburger Domspatzen den Konzertreigen ausschließlich mit Musik von Johann Sebastian Bach: dem Osteroratorium BWV 249 und dem Himmelfahrtsoratorium BWV 11 – wahrlich zwei große Werke des Thomaskantors, die einen festlichen Auftakt garantierten. Wer allerdings gekommen war, um die Domspatzen wieder einmal live und abendfüllend zu erleben, wurde sicherlich ein wenig enttäuscht. Das lag gewiss nicht an ihrer herausragenden sängerischen Qualität, an der auch in diesemKonzert keinerlei Zweifel aufkamen. Vielmehr gab das gewählte Repertoire ihnen kaum Raum zur Entfaltung: Eingangs- und Schlusschor in BWV 249, Eingangschor, Choral in der Mitte sowie Choral am Schluss in BWV 11. Punkt. Mehr Aufgaben sah Bach für den Chor nicht vor. Hatte er womöglich doch eine andere Vorstellung von einem „Chor“? Die Frage nach der originär solistischen Besetzung drängte sich geradezu auf, denn der überwiegende Part des circa 80-minütigen Programms gehörte dem Solistenquartett Katja Stuber (Sopran), Anne Bierwirth (Alt), Michael Mogl (Tenor) und Christof Hartkopf (Bariton). Begleitet wurden die Sängerinnen und Sänger vom Barockorchester L’arpa festante. Domkapellmeister Christian Heiß wählte insgesamt eher ruhige Tempi, setzte in der großen Dreieinigkeitskirche auf Transparenz. Er hielt vor allem die Vokal- und Instrumentalsolisten quasi an der kurzen Leine, so dass der Funken musikalischer Begeisterung leider nicht ganz überspringen wollte. Mit Henry Purcell stand am Samstagnachmittag ein weiterer „Großer“ der Barockmusik imMittelpunkt. Der Countertenor David Hansen und das Ensemble Oslo Circles boten eine bunte Auswahl aus dem reichen Schaffen des britischen Komponisten. Expressiv, mit theatralischem Gestus und strahlenden Spitzentönen gestaltete David Hansen allseits bekannte Arien, wie „One charming Night“, „Sweeter than Roses“ oder „Fairest Isles“. Leise, quasi aus dem Nichts ließ er „Music for a While“ erklingen und zeigte die lyrischen Facetten seiner vielseitigen Altstimme. Oslo Circles ergänzte das Programm mit tänzerisch beschwingten, von dezenter Perkussion (Jonas Bonde) akzentuierten Instrumentalstücken aus Purcells Theatermusiken. Oslo Circles und Countertenor David Hansen in der Basilika St. Emmeram

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