Tage Alter Musik – Almanach 2023

44 1. Juni 2023 // Autor: Uwe Mitsching REGENSBURG - Ein Freibrief für Mini-Besetzungen nächstens bei Mozart oder Beethoven soll das offenbar nicht sein. Aber was die „Compagnia di Punto“ bei Regensburgs Tagen Alter Musik mit zehn Musikerinnen und Musikern bei KV 550 oder der „Eroica“ vorführte, das war eine überraschende Facette der „Historischen Aufführungspraxis“. Alle Welt wollte die damals neuesten Symphonien der Klassik-Tycoons hören, Medien gab es nicht, „Harmoniemusiken“ waren nur ein virtuoser Bläserabklatsch: Da machte ein Carl Friedrich Ebers (1756 bis 1791) aus der „Großen Musik“ Stücke für den „kleinen Kreis“, ab 1809 erschienen seine Arrangements, und die hat jetzt Christian Binde mit seiner „Compagnia“ beim Regensburger Paradefestival vorgestellt: also keine Suche nach der historisch „richtigen“ Aufführungsform, sondern die Eroica Beethovens in einer Schmalhans- Küchenmeister-Besetzung und ohne heroische Sättigungsbeilage. „Ich glaube, Himmel und Erde muss unter einem zittern bei ihrer Aufführung“, gab schon Beethovens Freund, Schüler und Biograf Ries zu, als der Meister ihm die Symphonie auf dem Klavier vorspielte. Also, warum nicht die Zehner-Besetzung mit fünf Streichern, fünf Bläsern, so wie das in Schwerin oder Magdeburg realisierbar war, wo Ebers die Orchester- und Finanzverhältnisse kennengelernt hatte. Zwar weniger, aber umso exzellentere Musikerinnen und Musiker mussten es aber schon sein, die die Essenz der vier Sätze vermitteln sollten, und die Komponisten waren froh, wenn ihre Verleger damit gute Geschäfte machten: pompös die Uraufführungen inWien - und dann hinaus in die Provinz, aber ohne sich zu blamieren. Für den überraschten Hörer von heute gibt es dabei viel zu entdecken: bei den Klarinetten, bei den Naturhörnern, schöne alte Klangfarben, kein Grund also, schockiert zu sein. Und einen Dirigenten braucht man auch nicht. Dafür klingt Beethovens Heroenstück (die Widmung an Napoleon hat er sowieso wieder durchgestrichen) manchmal in den Ecksätzen wie ein flottes Frühlingsstück und überhaupt nicht nach Heroenkult, wie ihn das 19. Jahrhundert über der Dritten ausgeschüttet hatte. Oder nach Christian Thielemann, wenn er acht oder zehn Kontrabassisten wie eine Klangmauer aufstellt. Dafür klingt das jetzt in Regensburg eher nach der luziden Kunst eines Teodor Currentzis oder einer Patricia Kopatchinskaja, mit denen Christian Binde schon zusammengearbeitet hat. Klassik im kleinen Kreis: vielleicht auch etwas für Nur zehn Musiker für die Eroica Faszinierend: Compagnia di Punto spielt Beethoven bei den Tagen Alter Musik in Regensburg Astrid Kirschner, Konzertmeisterin von Oslo Circles und der Countertenor David Hansen in der Basilika St. Emmeram

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