Tage Alter Musik – Almanach 2023

8 7. Juni 2023 // Autor: Uwe Mitsching Großes im Kleinen bei den Tagen alter Musik Pfingstferien – da kann es einem schon Angst werden in Regensburg. Denn da erstickt die Stadt geradezu an der Umarmung durch Tourist*innen und Einheimische. Allerdings auch durch die, die zu den Tagen Alter Musik wollen. Wie immer kommt halb Europa voller Spannung und Wissbegier zum Festival – und hat die Qual der Wahl zwischen 16 Konzerten. Der frenetische Applaus in der Dreieinigkeitskirche für die Compagnia di Punto zeigt: Da hatten sich viele mit dieser nahezu unbekannten und zwischen norwegischen und französischen fast einsamen deutschen Truppe die richtigen Festspielkarten bestellt. Auch wenn der Konzerttitel „Große Musik im kleinen Kreis“ nach philharmonischer Abonnementkost klang: Das waren Mozart und Beethoven zwar im kleinen Kreis und nicht mit Klangmauern von zehn Kontrabässen wie bei Thielemann, sondern mit überhaupt nur zehn Musiker*innen für die ganz großen Stücke des Klassikrepertoires: ein Sakrileg? Christian Binde ist Leiter und einer der beiden Hornisten der Compagnia, und seine Zusammenarbeit mit den Avantgardisten der Szene (Teodor Currentzis, Patricia Kopatchinskaja, Maxim Emelyanychev) hat ihm gezeigt, dass die sogenannte historische Aufführungspraxis noch mehr Facetten hat als gedacht. Zum Beispiel die der Bearbeitungen der schon seinerzeit beliebtesten Klassiker durch Carl Friedrich Ebers (1770 bis 1836). Der wusste durch seine Tätigkeit in Schwerin und Magdeburg, welche Besetzungsmöglichkeiten in der Provinz damals bestanden, dass andererseits viele Menschen die neuesten Symphonien hören wollten. Und so macht er aus der Eroica ein Stück für den Markt: für fünf Bläser, fünf Streicher, aber ohne Pauke. Das wurde für heute nochmals arrangiert. Die Compagnia di Punto bringt die Essenz der vier Sätze durchaus auf den Punkt. Die beiden Naturhörner geben schöne alte Klangfarben: Diese Eroica hört man nicht als Heroen-, sondern in den Ecksätzen eher als flottes Frühlingsstück mit fröhlichem Zwitschern der Querflöte, ansehnlich kraftvollen Crescendi. Wer „historisch informiert“ im Normalmaß wollte, war zum Beispiel mit Oslo Circles und der Musik von Henry Purcell allemal gut bedient. Der Entdeckungsfaktor war hier der bereits erfolgreiche Counter David Hansen: Purcells King Arthur und die zitternde „Frost-Scene“ singt er perfekt. Compagnia di Punto in der Dreieinigkeitskirche

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