Die einzelnen Musiker des New Yorker Lauten- und GitarrenensemblesVisceral Reaction sind dem Regensburger Publikum bestens bekannt, gastierten sie doch in den vergangenen 20 Jahren schon häufig mit den verschiedensten Gruppen bei den Tagen Alter Musik (u.a. Ex Umbris, Piffaro, Artek, Fortune’s Wheel, Pomerium, Bottom’s Dream). 2002 formierten sie sich zu einem festen Ensemble, um das reiche Repertoire des 16. und 17. Jahrhunderts für Lauten- und Gitarrenensemble aufzuführen. Je nach Bedarf werden die Arrangements durch Gesangsstimmen, Violine und Schlaginstrumente ergänzt. Dabei spielt die virtuose Ensemble-Improvisation eine herausragende Rolle. Im 17. Jahrhundert löste die Gitarre immer mehr Laute und Vihuela ab. Ensembles unterschiedlicher Gitarren, ergänzt durch Harfe, Geige und Sänger begleiteten Theateraufführungen, religiöse Feiern und weltliche Feste. Visceral Reaction gibt mit diesem Konzert seine Europapremiere. Zum Programm: Zupfinstrumentenensembles sind seit Jahrhunderten fest im Musikleben verankert. Auch heute noch sind sie für viele Arten traditionsgebundener Musik in der Alten wie der Neuen Welt von Bedeutung. In verschiedenen Formen, die vom portugiesischen Fado und den Tarantellas Kalabriens bis zu den kolumbianischen Cumbias und der BluegrassMusik der Appalachian Mountains reichen, haben Ensembles aus Mandolinen, Harfen, Fiedeln und Banjos Liebeslieder sowie zeremonielle Anlässe und Musik zum Tanzen begleitet. Obwohl es seit dem 16. und 17. Jahrhundert viele Beschreibungen und bildliche Darstellungen solcher Ensembles gibt, ist nur ein relativ kleiner Teil der diesem Ensembletyp gewidmeten Musik bis in unsere Zeit erhalten geblieben. Ohne Zweifel kamen die professionellen Musiker, die solchen Gruppen angehörten, ohne Notenblätter aus, weil sie improvisieren und das volkstümliche Repertoire ihrer Zeit nach Gehör spielen konnten. Wenn man die vorhandenen Quellen mit Musik für Lautenensembles genauer betrachtet und die Bücher mit populärer Musik für Gitarre und Harfe heranzieht, kann man doch einigermaßen nachvollziehen, wie gemischte Ensembles dieses Typs zusammen gespielt haben mögen. Von der erhaltenen Musik für Lautenensemble scheinen die Arrangements von Pacoloni den Rahmen für ein Ensemblespiel zu bieten, indem Lauten verschiedener Größe idiomatische Verzierungen über Formen populärer Tanzmusik aufführen, manchmal anscheinend ohne Rücksicht darauf, welche Verzierungen die anderen Instrumente spielen. Die daraus entstehende Kakophonie ist ein schwungvolles Durcheinander von Zupftönen, das die überfüllten Tanzböden des 16. Jahrhunderts erfreut haben muss. Der Zupfklang kann auch auf das Vokalrepertoire angewendet werden und so den überschwänglichen Charme von Vihuelas und Lauten demonstrieren, der die privaten Gemächer manch eines Renaissanceprinzen geschmückt haben muss. Im 17. Jahrhundert gesellten sich Harfe und Gitarre zur höfischen Laute und Vihuela und brachten ihre Untertöne volkstümlicher Musik ein, wie man sie auf den Straßen und in den Theatern hörte. Besonders in Spanien waren Gitarre und Harfe überall zu hören und wurden nach Augenzeugenberichten in Zupfinstrumentenensembles zum Musizieren auf jedem Niveau eingesetzt, von den rauhen jácaras der Straßen und Kneipen bis zu den feinen Kunstliedern des Hofes. Die Lieder von José Marín sind mit sowohl Harfen- als auch Gitarrenbegleitung erhalten geblieben und bieten Hinweise darauf, wie diese Instrumente mit einander korrespondierten. Das Liederbuch von Briçeño bietet dabei eine verlockende Herausforderung für jeden an spanischer Popularmusik des 17. Jahrhunderts Interessierten. Er stellt Versionen offensichtlich populärer Lieder mit Freude und farbigen Texten vor und bietet Gitarrenakkorde zur Begleitung; aber die angegebenen Rhythmen sind mehrdeutig, und Melodien fehlen ganz. Indem man sie zu bekannten Melodien der Zeit aufführt, lassen sich einige seiner Lieder rekonstruieren, während man für andere die Melodien buchstäblich neu komponieren muss. Die sowohl in Spanien als auch in Süditalien populäre Tarantella ist in verschiedenen Spielarten in mehreren frühen Quellen erhalten, oft niedergeschrieben wegen ihrer wissenschaftlichen Kuriosität als Mittel gegen die vermeintlich durch den Biss der Tarantel herbeigeführte Übelkeit. Ihre magischen und rituellen Eigenschaften stellen ein passendes TAGEALTERMUSIKREGENSBURG Visceral Reaction (New York) MAI2004 Samstag, 29. Mai 2004, 14.00 Uhr, Reichssaal , Rathausplatz „Cuerdas de Amor“ – Spanische und italienische Musik der Renaissance und des Barock für Lauten- und Gitarrenensemble 12 Visceral Reaction
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