Tage Alter Musik – Programmheft 2004

Die Oper Amor und Psiche Amore e Psichebasiert auf einemWiener Libretto vonMarco Coltellini (1719-1777) und ist im Stile einer festlichenAzione teatralegehalten. Die Erstvertonung von 1769 stammte von Florian Leopold Gassmann . Der Dichter ging sehr frei mit der mythologischen Vorlage der durch Lucius Apulejus überlieferten Fabel um. Er änderte recht willkürlich die Reihenfolge der verschiedenen Handlungsabschnitte der Sage und reduzierte die Zahl der handelnden Personen. So übernimmt beiColtellinidie Göttin Venus selbst die Rolle der „bösen Ratgeberin“, die bei Apulejus Psyches neidische Schwestern zugewiesen ist. Für die Aufführung in Neapel wurde der Text auf zwei Akte zusammenkürzt und stark überarbeitet. Schusters Musik ist einerseits dem hochvirtuosen Gesangsstil der spätneapolitanischen Schule verpflichtet, schließlich mussten von ihm Gesangsstars wie der Soprankastrat Luigi Marchesi und die damalige Primadonna am San Carlo, Marina Balducci , mit ihren Fähigkeiten entsprechenden Bravourstücken und modischen, im rührenden Stil verfassten „Rondò“-Arien ausgestattet werden. Andererseits verraten die Furienszenen und die Wutausbrüche der Venus den Einfluss des „Sturm und Drang“. Besonders eindringlich gelingt Schuster die Schilderung der übersinnlichen, idyllischen Sphäre, die sein Liebespaar umgibt, indem er ihre kantablen Gesangslinien vom klassischen Bläsersatz der Klarinetten und Fagotte begleiten lässt. Wie Mozart zeigt Schuster in diesem Werk gerade in den lyrischen Szenen eine besondere Vorliebe für die „warme“ Tonart Es-Dur. Der große Erfolg der Oper führte dazu, dass sie zwei Jahre später in Lissabon erneut aufgeführt wurde. Zahlreiche Abschriften von einzelnen Arien in italienischen Bibliotheken belegen die Beliebtheit der Musik beim damaligen Publikum. Zur Handlung Die Handlung der Oper folgt weniger dem logisch-stringenten Ablauf der metastasianischen Seria-Oper, sondern stellt einen auf heftige Affektkontraste und optische Überraschungseffekte bauenden Bilderbogen dar, vergleichbar den Libretti der Tragedies lyriques Jean Philippe Rameaus. 1. Akt Am Ufer der Insel Gnidus besingen der Liebesgott Amor und seine Begleiter die Schönheit der Königstochter Psyche, die sich verirrt hat und nun von ihnen im Schlaf beobachtet wird. Als sie erwacht, entfernt sich die Schar, und der einsame Strand verwandelt sich auf Geheiß Amors in eine liebliche Landschaft, in der ein Tempel zu Ehren Psyches errichtet ist. Ein unsichtbarer Chor berichtet ihr, dass sich ein Gott in sie verliebt habe. König Palaemon, der Vater Psyches, findet sie nach langer Suche wieder und erzählt ihr, dass ihm im Traum befohlen wurde, das Orakel zu befragen, um ihr weiteres Schicksal zu erfahren. Venus tritt mit ihrem Gefolge auf und droht ihrem Sohn, den Tempel zu vernichten und sich an Psyche, deren Schönheit sie als Affront empfindet, zu rächen. Das Orakel verkündet Palaemon, dass Psyche dazu bestimmt sei, ein furchtbares Ungeheuer zu heiraten. Psyche beklagt ihr grausames Schicksal, als sie von einer Wolke in die Lüfte entführt wird. Amor ist entschlossen, sich den grausamen Prüfungen, die das Schicksal Psyche vorbestimmt hat, entgegenzustellen. 2. Akt Der 2. Akt beginnt in einer Gebirgslandschaft, wo Psyche ihrem Verhängnis entgegenharrt. Venus tritt auf und bietet sich heuchlerisch als Ratgeberin an. Sie überreicht ihr eine Lampe und einen Dolch, damit sie in der Dunkelheit das Ungeheuer erkennen und töten könne. Der Windgott Zephyr, der Freund Amors, bringt Psyche in den Palast des Liebesgottes, wo die Hochzeit von Amor und Psyche vorbereitet wird. Da Psyche Amor jedoch nicht erblicken darf, nähert er sich ihr im Dunkeln. Da entzündet sie die Lampe und will das vermeintliche Ungeheuer töten, nur um zu erkennen, dass der geheimnisvolle Fremde niemand anderes als der Liebesgott ist. Da sie ihn nun gesehen hat, muss er sie für immer verlassen. Psyche verzweifelt und wird von den Furien auf Geheiß der rachdurstigen Venus in die Unterwelt entführt. Endlich gelingt es jedoch Amor, unterstützt von den flehenden Bitten Palaemons, seine Mutter zum Erbarmen zu bewegen. Angesichts der Standhaftigkeit Psyches verzeiht Venus dem Paar und sendet Amor in die Hölle, um seine Geliebte zu befreien. Psyche erwacht in einem zauberhaften Palast. Zunächst glaubt sie, einem grausamen Trugbild der Hölle gegenüberzustehen, doch als Amor selbst auftritt, erkennt sie endlich, dass ihre Leiden ein Ende haben. Der Chor preist die Vereinigung Amors und Psyches als Allegorien der Liebe und der menschlichen Seele. © Steffen Voss Die Konzertmeisterin Ulla Schneider studierte zunächst am Mozarteum in Salzburg Violine und ab 1988 bei Sigiswald Kuijken am Koninklijk Conservatorium in Den Haag Barockvioline. Sie übt eine rege Konzerttätigkeit als Solistin und Kammermusikerin aus, u.a. mit Ludger Rémy, dem Leiter des Barockorchesters „Les Amis de Philippe“. Von 1995 bis 1999 war sie Mitglied des Telemann Kammerorchesters Michaelstein. Im Jahr 2000 stieß sie mit ihrer Entdeckung der OperDemofoontevon Josef Schuster auf ein bislang unbekanntes Meisterwerk. Im selben Jahr gründete sie das Barockorchester La Ciaccona . Im Jahr 2002 entdeckte sie in der sächsischen Landesbibliothek Dresden die handschriftliche Partitur von Schusters letzter Opera seria für Italien „Amor und Psiche“. In sorgfältiger Detailarbeit richtete sie die Partitur und die Stimmen für die heutige Aufführung ein. Wolfram Graul wurde 1951 in der Nähe von Leipzig geboren. Ab 1971 absolvierte er in Berlin ein Tonmeister- und Dirigierstudium. Seit 1978 ist er beim Bayerischen Rundfunk als musikalischer Aufnahmeleiter in allen Sparten der Klassikproduktionen tätig. Daneben widmet er sich in freier Tätigkeit als Dirigent verschiedener Orchestervereinigungen vor allem dem symphonischen und Opernrepertoire. Seine erste Zusammenarbeit mitLa Ciacconawar 2001 die Produktion und Aufnahmeleitung der Ersteinspielung von Schusters Oper „Demofoonte“ für das Label Deutsche Harmonia Mundi. Für die Produktion von Schusters „Amor und Psiche“ leitet er erstmals das BarockorchesterLa Ciaccona . TAGEALTERMUSIKREGENSBURG MAI2004 19 Velodrom Das Velodrom, erbaut in den Jahren 1897 bis 1898 als Radsportstätte, wurde für die meiste Zeit (von 1929 bis 1975) als Kino genutzt. Anfang der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, das Gebäude war inzwischen völlig marode, war sein Abbruch eigentlich bereits beschlossene Sache, als es in der Regensburger Bevölkerung wieder zu so großer Popularität gelangte, dass schließlich im Jahre 1996 doch der Verkauf, die Restaurierung sowie die zukünftige Nutzung des Gebäudes als Theaterspielort vom Regensburger Stadtrat beschlossen wurde. So diente das Velodrom dann nach seiner Sanierung (1997-1998) als Ausweichort für das Theater Regensburg während der Sanierung seines Stammhauses am Bismarckplatz in der Zeit von 1998 bis 2001. Über seine ursprüngliche Ausweichfunktion hinaus blieb das Velodrom auch nach 2001 als eine wichtige Spielstätte erhalten, nicht zuletzt wegen seiner besonders guten Sichtverhältnisse.

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