Bemerkenswert sind die Tanzsätze, die „seguidillas“ genannt werden und direkt der Tradition des „villancico“ entstammen. Interessant ist auch die Verbindung von Theatermusik und Kirchenmusik im geistlichen Repertoire der Halbinsel. Die „grave“-Sätze sind auch sehr interessant, weil sie nach Art des „colofon“ eine geschickte Mischung aus strengem Kontrapunkt und Sinnlichkeit des Textes darstellen. Die „coplas“ sind Tanzelemente, die sich wie von selbst in einen Kantatentypus einfügen, der in Spanien zwischen 1700 und 1730 sehr populär war. Die Mehrzahl der spanischen Kantaten, die auf der Halbinsel aufbewahrt werden und die aus den ersten dreißig Jahren des 18. Jahrhunderts stammen, ist im Original für Sopran geschrieben. Mittlerweile erlaubt uns die Existenz dieser bemerkenswerten Werkgruppe in Amerika, ein Repertoire für Alt zu entdecken, das in unserem Programm von dem Kontratenor José Hernández Pastor gesungen wird. Es stellt ein sehr schönes Beispiel dieses Genres in der Pracht seiner endgültigen Entwicklung dar. Alle Werke sind dem Heiligen Sakrament gewidmet und es besteht kein Zweifel, dass sie für das Fronleichnamsfest geschrieben wurden. Die Festlichkeiten zu Fronleichnam schlossen eine Reihe liturgischer Handlungen ein, bei denen die Mitwirkung von Musik eine äußerst wichtige Rolle spielte. Der festliche Charakter des Fronleichnamsfestes drückte sich nicht nur in Prozessionen aus, sondern auch durch Augenblicke der Kontemplation, besonders während der Anbetungen und der Aussetzungen des Allerheiligsten, während derer die Künstler musizierten, um die göttliche Gegenwart zu begleiten. Tatsächlich veranstaltete man in manchen Kirchen am Nachmittag bezogen auf die Stunde der Kreuzigung Christi eine Art geistliches Konzert, das sich „siesta“ nannte. Während dieser Augenblicke des „Glücks“, in denen es oft nicht an Wein und Kuchen mangelte, interpretierte man verschiedene Kompositionen mit religiöser Thematik, in denen sich Werke der Volksmusik und Werke eher kontemplativen Charakters mischten. Schließlich bleibt hervorzuheben, dass alle Werke, die im heutigen Konzert erklingen, eine Weltpremiere darstellen. Seit ihrer Entstehung werden sie erstmals wieder aufgeführt, nachdem sie von Eduardo López Banzo bei seinen Besuchen in den amerikanischen Archiven transkribiert worden sind. © Eduardo López Banzo TAGEALTERMUSIKREGENSBURG MAI2004 41 AUSFÜHRENDE ALAYREESPAÑOL Jasu Moisio Oboe Lorenzo Colitto Violine I Paula Waisman Violine II Richte van der Meer Violoncello Mike Fentross Gitarre, Erzlaute Eduardo López Banzo Cembalo Minoritenkirche Das Regensburger Minoritenkloster wurde im Jahre 1226, im Todesjahr des hl. Franziskus gegründet. Aufgrund reicher Stiftungen konnte um die Jahrhundertmitte mit dem Neubau einer großen Ordenskirche, der Minoritenkirche, begonnen werden. Im ersten Jahrhundert seines Bestehens wirkten drei berühmte Mönche in diesem Kloster: der gelehrte Mystiker David von Augsburg (um 1240), der geistliche Dichter Lamprecht (gegen 1300) und der berühmte Volksprediger Berthold von Regensburg (gest. 1272). Die Minoritenkirche ist die größte Kirche des Franziskanerordens in Süddeutschland. Das frühgotische flachgedeckte Langhaus wurde um 1260/70 erbaut, der gewölbte Chor im 14. Jahrhundert. Die Wandmalereien des 14. bis 16. Jahrhunderts wurden in den letzten Jahrzehnten freigelegt. Vor der Stelle, wo sich der Hochaltar befand, wurde das Grab Bertholds eingelassen. PPROGRAMM JOSEPH DETORRES Cantada al Santísimo: „Vuela abejuela” (ca.1670-1738) für Alt, Oboe, 2 Violinen und Basso continuo Recitado-Aria-Rezitado-Aria-RezitadoSeguidillas-Grave ANÓNIMO (DIEGOXARABA Obra de quinto tono YBRUNA ?) Obra de octavo tono (ca.1700) JOSEPH DETORRES Cantada al Santísimo: „Panal de amor“ für Alt, Oboe, 2 Violinen und Basso continuo Recitado-Aria-Rezitado-Aria-RezitadoCoplas PAUSE JOSEPH DENEBRA Cantada al Santísimo: „Bello pastor“ (1702-1768) für Alt, Oboe, 2 Violinen und Basso continuo Recitado-Aria-Rezitado-Aria SEBASTIÁN DEALBERO Recercata – Fuga – Sonata (1722-1756) MANUELBLASCO DENEBRA Sonata op. 1 Nr. 4 (1750-1784) Adagio – Allegro molto JOSEPH DENEBRA Cantada al Santísimo: „Dulzura espiritual“ (1702-1768) für Alt, Oboe, 2 Violinen und Basso continuo Recitado-Aria-Rezitado-Aria Dieses Konzert wird in besonderer Weise vom Instituto Cervantes/München unterstützt. Wir danken der Meisterwerkstätte für historische Tasteninstrumente, Christian Fuchs, 33602 Bielefeld, für die freundliche Bereitstellung des Cembalos.
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