Anlässlich seines 20jährigen Bestehens gibt das australische Vokalsextett The Song Companyseine Visitenkarte bei den Tagen Alter Musik ab. Dieses außergewöhnliche Vokalensemble ist das führende seiner Art auf dem fünften Kontinent und gibt unter seinem künstlerischen Leiter Roland Peelman ca. 150 Konzerte im Jahr, einschließlich eigener Konzertreihen in mehreren australischen Großstädten. Durch die finanzielle Unterstützung der australischen Regierung und des Kultusministeriums ist die Song Company eines der wenigen professionellen Vokalensembles Australiens. Zahlreiche Konzerttourneen und CD-Produktionen brachten der Gruppe weltweit höchste Anerkennung. Immer wieder von der Presse besonders gelobt wird ihr homogener Klang, die perfekte Intonation, die klare Artikulation und die sängerische Flexibilität. Zum Programm: Salomos Lied der Lieder Dieser Titel, die erste Zeile jenes außerordentlichen Buches, das alsCanticle of Canticles, Canticum Canticorum oder Lied der Lieder bekannt ist, bedeutet im Hebräischen entweder ‘von’ oder ‘für König Solomo’. Als Sohn des Königs David war Salomo berühmt für den Wohlstand und den Frieden, die er dem jüdischen Volk brachte, den Tempel und Palast, den er baute, und vor allem für die legendäre Weisheit, die man ihm zuschrieb. Dieses Buch voller Liebesgedichte, das einzige seiner Art in der Bibel, trägt seinen Namen und ist Grundlage für viele Spekulationen und Kontroversen. Nicht nur die seine Autorschaft und seine Chronologie betreffenden Fragen, sondern insbesondere die seine Bedeutung und Interpretation betreffenden Themen haben nie aufgehört, Rabbiner, Gelehrte, Theologen und Künstler gleichermaßen zu beschäftigen. Auf den ersten Blick beschreibt es die Liebe zwischen einem Landmädchen und einem Mann des Hofes (einem König?) in höchst erotisch imaginativen Worten. Männliche wie weibliche Sprecher erwähnen die TaubenAugen ihrer Liebhaber, und an einer Stelle ist es der Mann, der Wangen wie Würze und Lippen wie Lilien hat. Frauen sind beim Liebesspiel ebenso oft initiativ wie Männer, Drängen wie Zärtlichkeit hört man sowohl in Männer- als auch in Frauen-Stimmen. Während ein farbiges Bild der Natur in all ihren Formen und Metamorphosen gemalt wird, ist das Lied doch weit entfernt davon, poetisches Idyll zu sein. Der Text ist voller komplexer Paradoxie (Schwärze und Dunkelheit gegen lichte und blühende Natur, Weingärten gegen Stadtleben, öffentliches Erscheinen gegen private Beziehung, Trennung gegen Erfüllung) und lässt Ausdrücken von Angst und Furcht freien Lauf, besonders in den Passagen, die einen urbanen Kontext nahelegen. Einige Kommentatoren versuchen bemüht, eine dramatische Struktur darüberzulegen zwischen einem Schäfer und einem Mädchen, das für den Harem eingefangen wird, wo der König erfolglos versucht, ihre Zuneigung zu gewinnen. Ebensoviele Gelehrte betrachten das Werk als eine Abfolge von gesonderten Gedichten, die mittelöstlichen Folk-Traditionen entstammen, mündlich überliefert und schließlich von einem oder mehreren Autoren nach Salomos Regierungszeit gesammelt wurden (frühestens im 10. vorchristlichen Jahrhundert). Das Lied mag eine romantische Naturfabel oder eine ziemlich deskriptive Liebesgeschichte sein, aber sein Platz in den Heiligen Schriften, gar im wahren Kanon der Bibel, verdient noch erklärt zu werden. Als im ersten Jahrhundert Diskussionen darüber entstanden, welche Bücher als heilige betrachtet werden sollten, erregte das Lied der Lieder lebhafte Dispute. Die Tatsache, dass es Salomo zugeschrieben wurde, trug nur sehr wenig dazu bei, die Einwände vieler führender Rabbiner gegen die unverhohlene Profanität des Textes zu beschwichtigen. Rabbi Aqivah (40-135 vor Chr.) stellte jedoch fest, dass „das ganze Universum nicht den Tag wert ist, an dem Israel dieses Buch geschenkt wurde, weil alle die Schriften heilig sind, aber das Lied der Lieder die heiligste...“ – und dank seines enormen persönlichen Ansehens war der Weg des Liedes in den biblischen Kanon gesichert. Aqivahs Worte beziehen sich auf eine geheimnisvolle innere Bedeutung, die sogar den Rabbinern unbekannt ist. Das meint eine geheime Lesart des Textes nach den Prinzipien der Kabala, einer mystischen Lehre, die bis auf Abrahams Offenbarung zurückgeht. Nach der Kabala bedeutet der Titel in Wahrheit „der Rest der Reste“ oder „Quintessenz der Quintessenzen“, und das ganze Buch ist ein höchst komplexer Code, der verschiedene esoterische Bedeutungen enthält. Da der gewöhnliche Jude nichts davon zu verstehen imstande war, wurde ihm beigebracht, den Text als eine allegorische Beschreibung von Jehovahs Liebe zu seinem Volk zu sehen. Auch in christlichen Kreisen wählte man den allegorischen Weg, um die Aufmerksamkeit von des Liedes offener Sinnlichkeit abzulenken und eine Erklärung für seinen entscheidenden Platz in der Bibel zu bieten. Die Lesart, es repräsentiere die Liebe Christi zu seiner Braut, der Kirche (wobei ‘amica’ für ‘ecclesia’, die Kirche, die Seele des Christentums, steht), wurde seit dem vierten Jahrhundert weitgehend vertreten, besonders von Augustinus und dem mittelalterlichen Gelehrten Guillaume de Thierry. Mittelalterliche Mystiker wie Teresa von Avila und Johannes vom Kreuz gingen noch weiter und sahen in diesem Text den Dialog zwischen der Seele und dem mystischen Leib Christi. Von allen in diesem Konzert enthaltenen musikalischen Interpretationen sind mehrere in dieser äußerst keuschen und „andersweltlichen“ christlichen Tradition konzipiert. Gewissermaßen der Realität näher stand der allumfassende Kult der Jungfrau Maria, der die christliche Liturgie vom 11. Jahrhundert an bis zum Vorabend der Reformation beherrschte. In TAGEALTERMUSIKREGENSBURG The Song Company (Sydney) MAI2004 Montag, 31. Mai 2004, 17.00 Uhr Dominikanerkirche , Predigergasse Leitung: Roland Peelman „Der Gesang der Gesänge – Das Hohelied” – „Canticum Canticorum”-Vertonungen aus Renaissance und Frühbarock 42 The Song Company
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