Hofbibliothek zur Zeit Swietens subskribiert. Wir wissen aus der Korrespondenz Mozarts, dass Swieten seine Noten großzügig auslieh, können also davon ausgehen, dass auch Haydn die Händel-Noten Swietens kannte. ImMärz 1793 wurde HändelsAlexanderfestmit einem Chorsatz Haydns im Palais Dietrichstein in Wien aufgeführt; vermutlich war Haydn selbst der Dirigent. Im März 1797 gab man im Palais Schwarzenberg Acis und Galathea , auch dort war Haydn anwesend. Swieten war es letztlich, der Haydn drängte, ein Oratorium nach Händelschem Vorbild zu komponieren. Die Uraufführungen derSchöpfung (1798) und der Jahreszeiten (1801) bilden den krönenden Abschluss der langen Reihe von Oratorien-Aufführungen, die Swieten (1779) mit Händels Judas Maccabäus begründet hatte und für deren Finanzierung er einen Kreis von Aristokraten – „Assoziierte Cavaliers“, wie sie sich nannten - gewinnen konnte. Das Werk Die Schöpfung ist ein christliches Werk, aber kein kirchliches. Es ist ein Bekenntnis zu Gott dem Schöpfer, zur Natur und zum Menschen. Es ist ein Werk der Aufklärung. Swieten war einer der einflussreichsten Vertreter jener modernen, antiklerikalen Richtung im josephinischen Wien. Sein Libretto derSchöpfungspiegelt die neue Geisteshaltung. Das erste Menschenpaar tritt nicht demütig und bußfertig auf, sondern schön und würdig, mit Mut, Weisheit und Stärke begabt. Die Engel werden „Himmelsbürger“ genannt. Die Sonne ist „des Weltalls Seel’ und Aug’“, Gott, durch „seiner Hände Werk“, der Baumeister der Welt. Uriel warnt das Menschenpaar davor, die Harmonie mit der Natur und ihrem Schöpfer zu zerstören: „O glücklich Paar, und glücklich immerfort, wenn falscher Wahn euch nicht verführt, nochmehr zu wünschen als ihr habt undmehr zu wissen als ihr sollt!“ Das sind Gedanken der Freimaurer wie sie uns auch in Mozarts Zauberflöte begegnen. Das Vorbild Händels zeigt sich besonders in den Chorsätzen. Homophone Sätze und mächtige Polyphonie, Fuge, Kanon, Engführung: die Mittel barocker Chortechnik setzt Haydn virtuos ein. Modern und kühn sind Klang und Harmonie. Das Orchester mit reicher Bläserbesetzung (3 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotten, Kontrafagott, mit 2 Hörnern, 2 Trompeten, Pauken und 3 Posaunen) bietet in verblüffender Vielfalt unterschiedliche, damals völlig neue Klangmischungen. Tonmalerisch, mit Witz und Geschmack, komponiert Haydn die Tierwelt. Niemals verfällt er der Effekthascherei, vielmehr spüren wir - mit einemWort Beethovens – „mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei“. Wie in Händels Alexanderfest gibt es in Haydns Schöpfungdrei Solisten (Nur der Schlusssatz verbindet den vierstimmigen Chor mit einem Solistenquartett). In der Gestalt der Erzengel Gabriel (Sopran), Uriel (Tenor) und Raphael (Bass) erzählen sie rezitativisch den biblischen Bericht und besingen, von Schöpfungstag zu Schöpfungstag fortschreitend, den Bau der Welt. Die Erzengel sind keine Kommentatoren. Die Entstehung des Universums und der Erde, die Schönheit der Natur, der Pflanzen und Tiere werden subjektiv, staunend, bewundernd und freudig von ihnen miterlebt. Im Dritten Teil des Oratoriums, mit dem Auftreten von Adam und Eva, lösen die Stimmen des Menschenpaares die Stimmen der Engel (Gabriel und Raphael) ab. In ihrer menschlichen Liebe fühlen und erkennen Adam und Eva die himmlische Liebe Gottes. Die Uraufführung Die Schöpfung erlebte am 29. und 30. April 1798 im ehemaligen Palais Schwarzenberg am Neuen Markt in Wien die Uraufführung. Dort fanden auch schon früher Konzerte statt, die Swieten angeregt hatte. Die Aufführung am 29. April hatte wohl mehr den Charakter einer Generalprobe: am 30. April war der eigentliche Konzerttag. Haydn selbst dirigierte. Salieri begleitete am Fortepiano. Die Soli sangen Christine Gerardi, eine gefeierte, erst 21-jährige Künstlerin, Mathias Rathmayer, Professor am Theresianum, und Ignaz Saal, der zur älteren Garde der Hofopernsänger zählte. Der Saal im Palais Schwarzenberg war nach unseren Maßstäben eher klein in den Proportionen, wohl vergleichbar dem bestehenden Saal im Palais Lobkowitz. Die Orchesterund Chorstärke dürfen wir uns daher, trotz der reichen Bläserbesetzung, nicht monumental vorstellen. Am 7. und 10. Mai gab es Wiederholungen im Palais Schwarzenberg. Schon im Jahr darauf wurde im Rahmen der Tonkünstler-Societät imKärntnertortheater dieSchöpfungin großer Besetzung gegeben. Das Orchester bestand aus 180 Musikern: entsprechend stark war vermutlich der Chor. Haydn hat seinen Gemütszustand bei der Uraufführung so geschildert: „Bald war ich kalt am ganzen Leibe, bald überfiel mich eine glühende Hitze und ich befürchtete mehr als einmal plötzlich vom Schlage gerührt zu werden.“ Er hielt die Schöpfung für eines seiner gelungensten Werke. Bereits 1803 veröffentlichte er es im Selbstverlag. 1803 wird Haydns Ausgabe von Breitkopf &Härtel übernommen. 1802 waren dort die Jahreszeiten herausgekommen. Diese Editionen trugen Haydns Ruhm in alle Welt. Die Autographe verwahrte Swieten in seiner privaten Bibliothek. Es war sein und Haydns Wunsch, dass die Manuskripte später in die Hofbibliothek kommen sollten. Dahin gelangten sie nie. Sie sind bis heute verschollen. Dreieinigkeitskirche Die Dreieinigkeitskirche an der Gesandtenstraße ist ein stattlicher Bau des 17. Jahrhunderts. Ungewöhnlich sind die barocken Prunk-Grabmäler an den umgebenden Hofwänden. Die Namen der Verstorbenen sind eindeutig unregensburgerisch: von Kniestedt, von Treskow, Björnstjerna. Etwa 40 Grabsteine halten hier das Andenken an evangelische Exulanten und Reichstagsgesandte wach, die hier verstarben. Der Bau der Dreieinigkeitskirche war notwendig geworden, weil in der Stadt nur wenige Bauten – vor allem die Neupfarrkirche – dem evangelischen Gottesdienst zur Verfügung standen. So errichtete 1627-31 der Nürnberger Baumeister Hans Carl auf städtischem Grund einen einschiffigen, tonnengewölbten Raum mit den üblichen Emporen einer Predigtkirche. Von den beiden Osttürmen wurde nur der nördliche vollendet. Die Formen der Architektur sind frühbarock, jedoch noch mit Anklängen an die Gotik, vor allem im stuckierten Rippenwerk des Inneren. Die Dreieinigkeitskirche zählt zu den ersten bedeutenden Kirchenbauten in Bayern. TAGEALTERMUSIKREGENSBURG MAI2004 6
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