TAGEALTERMUSIKREGENSBURG MAI2005 17 heterophon, d.h. sie fügen dem einstimmigen Melos keine zweite Stimme bei, sondern halten sich an die Gesangsmelodie, intensivieren sie durch Ausschmückung einerseits und durch Reduzierung bis hin zu wenigen Borduntönen andererseits. Ferner bilden sie mit eigenen modalen Weiterführungen szenisch motivierte Überleitungen zwischen einzelnen Gesängen. Unsere Fassung des Ordo Virtutum ist ein Musiktheaterprojekt, welches von Gislinde Strunz in der Technik der Biomechanik inszeniert wurde, einer avantgardistischen Theaterauffassung der 20er Jahre von Berthold Meyerhold, in der es u.a. um die systematische Sensibilisierung und Bewusstmachung von Bewegungsabläufen geht. Durch diese Arbeit entstand für die heutige szenische Version die Notwendigkeit von Ruhemomenten im Handlungsfluss. Gelöst haben wir dies durch sogenannte „Plateaus“: nach jedem größeren thematischen Abschnitt ist eine kontemplative Fläche – ein Plateau – eingefügt, in dem die Sängerinnen das bisher Geschehene als Klangcollage in Bewegung reflektieren. Da eine absolut authentische Rekonstruktion der mittelalterlichen szenischen Aufführung aufgrund der spärlichen Quellenlage ohnehin unmöglich erscheint, erscheint es als konsequent, uns in einer für unsere Zeit authentischen Theaterform zu bewegen, welche dennoch das Zeitlose betont. Dahinter steht die künstlerische Überzeugung, dass wir heute auf diese Weise dem faszinierenden Mysterium des Ordo Virtutum näher kommen können als durch eine pseudohistorische szenische Aufführung. © Norbert Rodenkirchen Der Scivias-Chor DerScivias-Chorwurde 2002 von der Regisseurin und Sängerin Gislinde Strunz gegründet. Das Konzept des Chores ist Musik mit szenischen Bewegungen und poetischen Bildern zu verschmelzen. Mit diesem bewegtenTheaterchor entsteht ein Theater der Stimmen - ähnlich dem Chor in der griechischen Tragödie. Die Sängerinnen des Chores verstehen sich als Performerinnen und Schauspielerinnen. In der Verschmelzung ihrer Bewegungen und Kostüme führt die Musik zu einer tiefen inneren Schau. Der Scivias-Chor beschäftigt sich vor allem mit der Revisionierung Alter Musik und deren Umsetzung in eine zeitgenössische Performancepraxis. Dabei spielen Raum, Licht, Kostüme und Bühne eine entscheidende Rolle. Musikalischer Leiter des Scivias-Chors ist der renommierte Flötist und Komponist Norbert Rodenkirchen. Die Besetzung des Chors ist international. Die Sängerinnen und Musikerinnen kommen aus den Niederlanden, aus Japan, den USA, Kanada und Deutschland. Seit 2002 steht die Inszenierung des Ordo Virtutum im Repertoire des Chores. Im Sommer 2005 folgt eine Neubearbeitung des „Le Mystère d`Adam - ordo representacionis ade“ aus dem 12. Jahrhundert in altfranzösischer und lateinischer Sprache. Die Instrumentalisten Norbert Rodenkirchen (musikalische Leitung) ist ein international gefragter Interpret auf mittelalterlichen Traversflöten. Er studierte Flöte an der Staatlichen Hochschule für Musik in Köln bei Hans Martin Müller und Barocktraverso bei Prof. Günther Höller. Seine intensive Auseinandersetzung mit der Musik des Mittelalters führt ihn mit Ensembles wie „Sequentia“ (seit 1996) und „Diphona“ in viele europäische Länder und nach Japan, Australien, Kanada sowie in die USA. Norbert Rodenkirchen erforscht die Improvisationskunst des Mittelalters in seinem Soloprojekt „Tibia ex tempore - Mittelalterliche Skizzen“. Zudem bereichert Norbert Rodenkirchen - mit zahlreichen Kompositionsarbeiten u.a. für das Staatstheater Darmstadt, das Theater Bremen, das Schauspiel Wuppertal sowie für den WDR - die zeitgenössische darstellende Kunst: Beim Scivias-Chor kommen nun die beiden Elemente - Theater und Musik des Mittelalters - zusammen. Susanne Ansorg (Fiedel) studierte in Leipzig und an der Schola Cantorum Basiliensis in Basel bei Crawford Young und Randall Cook mittelalterliche Streichinstrumente und Musiktheorie des Mittelalters. Sie spielte mit verschiedenen Ensembles für mittelalterliche Musik: Ioculatores, Belladonna, Gilles Binchois, Sequentia, Unicorn, Les Haulz et les Bas und Ordo Virtutum in verschiedenen Ländern Europas, in Nord- und Südamerika, Japan und Australien. Susanne Ansorg forscht auf dem Gebiet der mittelalterlichen Instrumentenkunde und Aufführungspraxis und leitet Workshops zur Musik des Mittelalters. Sie ist die künstlerische Leiterin des Festivals montalbâne. Die Sängerinnen Rebecca Bain ist in Montréal, Kanada, geboren. Nach ihrer erfolgreichen Arbeit mit verschiedenen Ensembles für Volksmusik und Frühe Musik in Kanada erwarb sie ein Diplom in mittelalterlicher Musik bei Dominique Vellard an der Schola Cantorum Basiliensis. Ihre Konzert- und Aufnahmetätigkeit erstreckt sich vom Ensemble für frühe Musik Sequentia, über das Zorgina Vokalensemble, das Trio für mittelalterliche Musik Rebecca Bain Norbert Rodenkirchen Gislinde Strunz Foto: Cornelia Illius PRESSE RESSE -ALMANACH LMANACH NEU: Der PRESSE-ALMANACH zum Festival 2004 mit zahlreichen Fotos und Rezensionen ist erschienen. Er kostet 2,50 euro. Ebenso erhältlich sind die Presse-Almanache von 1984 bis 2003. Erhältlich im Informationszentrum im historischen Salzstadel neben der Steinernen Brücke.
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