noch aus seinen Schuljahren bekannt. Als er noch in Lüneburg studierte, besuchte er Celle, wo der frankophile Herzog von Braunschweig der Herr über Geschmack und Mode war. In dieser Zeit lernte Bach auch viele italienische Werke kennen (in der Bibliothek seiner Schule gab es viele Werke italienischer Meister, und der wissbegierige Bach hat sehr wahrscheinlich diese Partituren eingesehen). Der italienische Stil ist im Dritten Brandenburgischen Konzert spürbar – aber, wenn von diesem Werke die Rede ist, dann möchte man nicht nur über nationale Stile reden. Drei Streichergruppen (3 Violinen/3 Violen/3 Violoncelli und Generalbass) im Dritten Konzert spielen Motive aus drei Noten. In Harmonie und Form, in der Faktur und Instrumentierung – überall ist hier die Zahl drei zu finden, in jedem Takt und jeder Stimme. Diese Musik wird gewöhnlich im Rahmen mit der christlichen Kultur verstanden, aber wenn man ihren Bau studiert, die Übereinstimmung von Algebra und Harmonie sieht, so wird man unwillkürlich an die Lehre der Pythagoräer erinnert, die besagt, dass alles Zahl ist und die Mathematik in geheimnisvoller Weise mit der Harmonie der Sphären verbunden ist, und dass gerade das Streichinstrument (Monochord, ähnlich dem, womit Pythagoras experimentierte) im Barock ein Symbol für das Universum war. Bach hinterließ keine Erklärungen zu seinem Werk. Es war überhaupt nicht seine Art über sich oder seine Stücke etwas zu schreiben oder zu sagen, er war ein ungewöhnlich b e s c h e i d e n e r Mensch. Dieser Komponist begeisterte sich aufrichtig für seine Zeitgenossen, träumte davon, Händel zu treffen, und noch lange nach seinen Lehrjahren fuhr er damit fort, Partituren von Palestrina, Frescobaldi, Telemann, Kayser abzuschreiben. Zum Andenken schrieb er auch für sich das beste Werk seines Verwandten Johann Bernhard Bach (1676 – 1749) ab. Dieser Bach war Organist in Magdeburg, danach zog er nach Eisenach um, galt als guter Musiker und konnte gut mit seinen Vorgesetzten umgehen. Und zu seinen Vorgesetzten gehörte in Eisenach auch der Kapellmeister Georg Philipp Telemann (1681 – 1767). Er leitete einige Jahre das Orchester, in dem Bernhard Bach Cembalist war. Freunde sagten, dass Bernhard Bach in der Art Telemanns komponiert. Wahrscheinlich ist das richtig. Aber in welcher Art komponierte Telemann? Er schrieb die „Pariser“ Quartette, französische Ouvertüren, deutsche Fugen, italienische Konzerte und Sonaten. In der Ouvertüre aMoll gibt es zwischen den französischen Tänzen eine englische Gigue; einige Werke im Genre des Concerto Grosso sind ein Tribut an die italienische Tradition; in seinen Konzerten ändert er das italienische Genre in seine Tonart: es sieht so aus, als seien sie im Stile der Concerti Grossi Corellis geschrieben, aber mit führenden Bläsern, die es bei Corelli nicht gibt. Mit anderen Worten, Telemann beherrschte alle „irdischen Gewalten“, alle Geschmäcker und Schreibweisen völlig frei; kein Streit, keine babylonische Verwirrung; in seinem umfangreichen Nachlass vereinigen sich verschiedene musikalische Sprachen harmonisch und schön, indem sie sich mal mischen, mal miteinander kontrastieren. TAGEALTERMUSIKREGENSBURG JUNI 2006 29 Sergei Filchenko Dmitry Lepekhov Ekaterina Driazzhina Olga Ivusheikova
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