Tage Alter Musik – Programmheft 2006

Erstmals gastiert das allerorts gefeierte und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete französische Barockensemble Amarillis in Deutschland und verspricht einen glanzvollen Schlusspunkt unter die 22. Tage Alter Musik Regensburg zu setzen. Das Ensemble hat sich aus einem 1994 gegründeten Trio mit der Blockflötistin und OboistinHéloïse Gaillard , ihrer Schwester, der Cellistin Ophélie Gaillard und der CembalistinViolaine Cochard gebildet. Amarillis gastierte neben zahlreichen Auftritten in Frankreich, in der Schweiz, in England, in Holland, in Belgien, in Spanien auch in sechs Ländern Südamerikas. In der Dreieinigkeitskirche gibt das achtköpfige Ensemble sein Deutschlanddebut mit einer Reverenz an zwei „Maestri de’ Concerti“, Antonio Vivaldi und J. S. Bach. Amarillis hat bislang sieben CDs beim französischen Label Ambroisie veröffentlicht. Zum Programm: Von allen musikalischen Formen, die Vivaldi im Laufe seines Lebens in Angriff nahm, war ihm das Concerto die liebste. Als Violinist von unvergleichlichem Talent war Vivaldi im Ospedale della Pietà, in dem er 1703 (dem Jahr seiner Priesterweihe) seine erste Anstellung fand, Lehrer für Geige, bevor eigens für ihn der Posten des maestro dei concertigeschaffen wurde. So begann eine hauptsächlich dem Concerto gewidmete Laufbahn – ein Genre, das er zu höchster Perfektion führen sollte, zu dieser vollendeten Kunst, die ein Soloinstrument in drei charakteristischen Sätzen mit dem Orchester in einen Dialog treten lässt. Während der erste und dritte Satz gewöhnlich rhythmisch lebendig und schwungvoll das Gepränge der venezianischen Festlichkeiten widerspiegeln, führt uns der mittlere Teil in die Welt der Träumereien, Meditationen und sogar der Melancholie. Mit seinen Konzerten für flautino (Sopraninoblockflöte) RV 428 und RV 443 schuf Vivaldi eine wahre Herausforderung für jeden Flötisten. Beide Werke verlangen dem Spieler höchste Virtuosität ab. Il Gardellino und La Notte entstammen der Sammlung op. 10, die 1728 von Le Cène veröffentlicht wurden. Beide Stücke existieren auch in früheren Versionen. Bei den Fassungen, die im op. 10 veröffentlicht wurden, hat Vivaldi die Flötensoli eigens noch virtuoser gestaltet. Vivaldi komponierte 24 Violoncellokonzerte von ganz außergewöhnlicher Gefühlstiefe, die alle zwischen 1720 und 1729 entstanden. Die Anregung gaben zwei verdiente Virtuosen, Antonio Vandini, ab 1720 Lehrer am Ospedale, und Bernardo Aliprandi, der bis 1732 an dieser Institution tätig war. Vivaldis Opus 1 besteht aus einem Zyklus von 12 Triosonaten. Dieser Zyklus, 1705 bei Giuseppe Sala in Venedig erstmals veröffentlicht und bereits 1712/13 bei Estienne Roger in Amsterdam nachgedruckt, schließt mit einer recht eigenwilligen Sonate: mit Thema und 19 Variationen stellt sie den seit dem 16. Jahrhundert in der Lauten- und Cembaloliteratur beliebten Masken- und Possentanz über die „Folie d’Espagne“ heraus, kunstvoll, doch stets eingängig und transparent gearbeitet, vielleicht gedacht als Pendant zu Corellis fünf Jahre vorher komponierter „Follia“ am Ende des Sonatenzyklus op. 5. Was die Komposition Vivaldis aber die Corellis überragen lässt, ist einerseits die Einbeziehung einer dritten, selbständigen Stimme (2. Violine), andererseits in reicheren Figurationen und gesteigerter Virtuosität eine Klangsinnlichkeit, die letztendlich epochale Bedeutung gewinnen sollte. Johann Sebastian Bach, der ja einige Werke Vivaldis bearbeitete, ist im heutigen Programm von Amarillis ebenfalls mit einem Concerto vertreten, dem zweiten Violinkonzert, allerdings in seiner Transkription als Cembalokonzert D-Dur BWV 1054. Mit Rücksicht auf die obere Tastaturgrenze des Cembalos (d´´´) hat Bach das E-Dur Violinkonzert BWV 1042 in die Untersekunde transkribiert. So konnte die originale Melodieführung des Violinkonzerts auch in der Cembalofassung erhalten und die Grundstruktur der Komposition unangetastet bleiben. Im Detail brachte Bach einige Veränderungen an, die darauf abzielen, den Solopart cembalogerecht auszustatten. © Héloïse Gaillard TAGEALTERMUSIKREGENSBURG Amarillis (Frankreich) JUNI2006 Montag, 5. Juni 2006, 20.00 Uhr Dreieinigkeitskirche , Gesandtenstraße Künstlerische Leitung: Héloïse Gaillard Ein Konzert am Ospedale della Pietà mit den „Maestri de’ Concerti“ J. S. Bach und A. Vivaldi 40 Amarillis

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