Den zweiten Teil des Konzerts eröffnet J. S. Bachs großes d-Moll Cembalokonzert BWV 1052. Als Vorlage diente ein heute verschollenes, vermutlich in Köthen verfasstes Violinkonzert. Der, nicht allein in der auskomponierten Kadenz des Kopfsatzes, absolut instrumentengerechte Klaviersatz, den J. S. Bach aus der Solostimme der Urfassung modelliert hat, ist Musterbeispiel dafür, wie gründlich und gewissenhaft die Umarbeitung der Originale vorgenommen wurde – so gründlich, dass sich ihre spezifische Idiomatik spürbar verwandelte. Unangetastet dagegen blieben die Grundkoordinaten des weiträumigen formalen Entwurfs. Rhythmisch prägnantes, energiegeladenes Motivmaterial mit schier unerschöpflichen Entwicklungsvarianten kennzeichnet die Ecksätze, die zwar den vertrauten, im Verlauf der Lehrjahre gründlich studierten italienischen Leitbildern folgen, in Sachen Rhetorik und Konzentration der Mittel jedoch meilenweit über diese hinausweisen. Das Adagio schließlich nimmt französische Einflüsse auf und legt nach Art eines Doubles mit der schweren, schmucklosen Unisonofigur des Beginns ein Fundament, über dem die frei fantasierenden Auszierungen der Solostimme ihren kantablen Zauber entfalten. VivaldisBilder des Sturms auf dem Meer gibt es in mehreren Kompositionen mit demselben Titel „La Tempesta di Mare“: dem Violinkonzert RV 253 und den Flötenkonzerten RV 98, 433 und 570, wobei die letzteren verschiedene Bearbeitungen derselben Musik sind. Gli Incogniti spielen die Version mit Traversflöte und Streicher RV 433. Die schnellen Sätze evozieren die Turbulenz der Bewegung der Wellen durch wiederholte schnelle Passagen, wohingegen die langsamen Sätze mit abwechselnden Dur- und Moll-Tönen die Ruhe dazwischen zeichnen, als ob auf den Schock solch gewaltiger Naturereignisse nun melancholische Meditation folge. Den Abschluss des Konzerts mit Gli Incogniti bildet das rekonstruierteViolinkonzert g-Moll BWV 1056 , nach dem Cembalokonzert f-Moll, ein relativ kurzes Werk mit kleingliedriger Struktur. Der Tonumfang der Ecksätze und einige stilistische Details lassen eine Violine als Originalinstrument vermuten. Der Mittelsatz ist als Einleitungs-Sinfonia für SoloOboe und Streicher aus der Kantate BWV 156 „Ich steh mit einem Fuß im Grabe“ bekannt. © Hermann Gradl TAGEALTERMUSIKREGENSBURG MAI2010 16 PROGRAMM ANTONIOVIVALDI Concerto für 2 Violinen, Violoncello, (1678-1741) Streicher und Basso continuo g-Moll RV 578 aus L’Estro Armonico op.3/2 Adagio e spiccato – Allegro – Larghetto - Allegro JOHANNSEBASTIANBACH Konzert für Violine, Streicher (1685-1750) und Basso continuo a-Moll BWV 1041 ohne Satzbezeichnung – Andante – Allegro assai ANTONIOVIVALDI Concerto g-Moll „La notte“ RV 439 op.10/2 Largo – Presto (Fantasmi) – Largo – Presto – Largo (Il sonno) - Allegro ANTONIOVIVALDI Concerto C-Dur RV 114 Allegro – Adagio - Ciaconna PAUSE JOHANNSEBASTIANBACH Konzert für Cembalo, Streicher und Basso continuo d-Moll BWV 1052 Allegro – Adagio – Allegro ANTONIOVIVALDI Concerto F-Dur „La tempesta di mare” RV 433 Allegro – Largo - Presto JOHANNSEBASTIANBACH Konzert für Violine, Streicher und Basso continuo g-Moll BWV 1056 Allegro – Largo – Presto Wir danken der Meisterwerkstätte für historische Tasteninstrumente, Volker Platte, 42897 Remscheid/Lennep, für die freundliche Bereitstellung des Cembalos. AUSFÜHRENDE GLI INCOGNITI Manuel Granatiero Traversflöte Amandine Beyer Violine, Leitung Alba Roca, Flavio Losco Violine Ottavio Rausa Viola Marco Ceccato Violoncello Baldomero Barciela Violone Francesco Romano Theorbe Anna Fontana Cembalo Cover der aktuellen BachCD von Gli Incogniti
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