TAGEALTERMUSIKREGENSBURG MAI2010 seines Lebens bleiben sollte. Nachdem er in Madrid das Treuegelöbnis als Karmelitermönch abgelegt hatte, wurde er aus der Stadt abgeworben durch Berufungen, die ihn zuerst nach Sigüenza (für eine kurze Zeit), dann nach Saragossa führten, wo er bis zu seinem Tode im Jahre 1653 blieb. Mit der wirtschaftlichen Krise und der Arbeitslosigkeit, die der Annexion Portugals durch die spanische Krone folgten, kam es zu einem steilen Anstieg der Armut und der Kriminalität. Das ging so weit, dass die spanischen Behörden gezwungen waren, eine Art Polizeitruppe – die quadrilheiros – einzuführen, derenAufgabe es war, in den Straßen der Stadt auf Streife zu gehen und kriminelle Aktivitäten, Streitigkeiten, Fälle von Zauberei und illegalem Glücksspiel zu bekämpfen. Tatsächlich war – wenn man gewissen Chroniken der Zeit glauben kann – die Mordrate am Anfang des 17. Jahrhunderts in dieser Stadt von 150000 Einwohnern höher als im modernen Lissabon mit einer Einwohnerzahl von zweieinhalb Millionen. Mit dem Handel verbundene Probleme nahmen zu, als die Katalanen im Jahre 1636 eine Rebellion begannen. Die Reaktion der Zentralregierung bestand darin, in Portugal zwangsweise die Männer zu rekrutieren und Gelder zu erheben, die gebraucht wurden, um die Katalanen zu besiegen. Zu diesem Zeitpunkt versuchten die Kaufleute der Stadt zusammen mit dem niederen Adel, den Herzog von Bragança, Dom João, dazu zu bringen, den Thron zu besteigen. Obwohl er wie der höhere Adel von Madrid besoldet wurde, hatte er nur einen Ehrgeiz – nämlich König zu werden – und ließ sich deshalb schließlich dazu überreden. Die Verschwörer griffen dann den Gouverneurspalast an und riefen den Herzog zum neuen König Dom João IV. von Portugal aus. Die Revolution wurde unterstützt durch den französischen Kardinal Richelieu und folglich, aufgrund einer alteingeführten Allianz, durch die Engländer. Der Verlust Portugals war ganz und gar nicht nach dem Geschmack der Spanier, die prompt einen Krieg erklärten, der 28 Jahre dauern und mit einem Sieg der Portugiesen enden sollte. Die spanische Abneigung gegenüber seinem Nachbarn führte zur Heimkehr mehrerer Komponisten, darunter war der Mönch Felipe da Madre de Deus aus Lissabon. Felipe da Madre de Deus (ca. 1630, Lissabon – ca. 1690, Sevilla), ein wohlbekannter Vihuela-Spieler und Komponist, wirkte am Hofe Philipps IV. von Spanien. In einem Brief aus dem Jahre 1654 an Fray Bartolomé, seinen Repräsentanten in Sevilla, erklärte João IV. von Portugal sein Erstaunen darüber, von der Reputation seines Untertanen zu hören, da der König einen kraftvolleren Musikstil dem leichten, rhythmischen Idiom der reichen Erfindungskraft dieses Komponisten vorzog. Doch noch im selben Jahr gelang es Felipe da Madre de Deus, den Monarchen von seinen Talenten zu überzeugen und seine Rückkehr nach Lissabon zu erreichen. Dom João IV. starb 1656, und sein Nachfolger Dom Afonso VI. ernannte daraufhin Felipe da Madre de Deus zummestre de música da real camara (Musikmeister der königlichen Kammer). Er behielt diese Stellung bis 1668, als er nach Sevilla zurückkehrte und dort alsmestre de capelader Karmeliterkirche bis zu seinem Tode blieb. DomAfonso VI. wurde als Infant von Portugal geboren und war weder zum Regieren vorgesehen noch für eine derartige Verantwortung ausgebildet worden. Thronerbe war sein älterer Bruder, der geniale Prinz Dom Teodósio. Aber als dieser zu früh im Alter von neunzehn Jahren starb, erbte Afonso plötzlich die Krone und folgte seinem Vater João IV. im Jahre 1656 auf den Thron. Seine Mutter Luísa de Gusmão übernahmwährend seiner Minderjährigkeit die Regentschaft, die bis 1662 dauerte. Er erwarb sich den Beinamen ‘der Siegreiche’ aufgrund der zahlreichen Schlachten des Restaurationskriegs, in dem Spanien während seiner Regierungszeit besiegt wurde; diese Erfolge sind weitgehend der Hilfe eines deutschen Militärberaters, des Herzogs von Schonberg, zu verdanken. Im Jahre 1667 wurde Dom Afonso VI. nach einem von seinem Bruder Dom Pedro angestifteten Staatsstreich entthront und ins Exil auf die Azoren geschickt; dem stimmte der Hof von Lissabon 1668 zu. Afonso kam nach neun Jahren als Gefangener nach Portugal zurück und starb 1683 im Sintra-Palast. Man sagt, er habe sein Zimmer nur verlassen, um der Palastkapelle zu lauschen, denn er war wie sein Vater Dom João IV. ein fähiger Musiker. Nach seiner Machtergreifung führte der neue König Dom Pedro II. unzählige Reformen in der bestehenden capela seines Bruders durch. Dazu zählte die Entlassung von Frei Felipe da Madre de Deus vom Posten des mestre de música. An seiner Stelle wurdeAntónio Marques Lésbioberufen, ebenfalls ein gebürtiger Bürger Lissabons. Seit seinem neunten Lebensjahr war Lésbio (1639, Lissabon – 1709, Lissabon) Chorknabe bei der königlichen Kapelle in seiner Heimatstadt. Lésbio erhielt eine klassische Ausbildung, er wurde ein außergewöhnlich guter Instrumentalist, aber vor allem ein berühmter Dichter und Komponist. 1668 wurde er Musikdirektor der königlichen Kammer und 1679 Meister der Knaben der königlichen Kapelle. 1692 ernannte ihn der König zum Curator der königlichen Musikbibliothek. Lésbios Leistungsfähigkeit und sein Wissensdurst machten diese Sammlung in der Folgezeit zu einer der wertvollsten ihrer Art in Europa. Unglücklicherweise sollte nichts davon erhalten bleiben, denn die ganze Sammlung wurde zusammen mit dem sie beherbergenden Palast während des Erdbebens von Lissabon im Jahre 1755 durch Feuer zerstört. Man kann sich nur schwer das Ausmaß dieser Naturkatastrophe vorstellen, die zugleich eine Kulturkatastrophe war: Sie vernichtete den größten Teil des von den spanischen und den portugiesischen Komponisten der Zeit geschaffenen Repertoires. Wenn diese Bibliothek überlebt hätte, wäre Lissabon heute eines der wichtigsten Zentren zur Erforschung der Musik des 17. Jahrhunderts, wenn nicht gar das allerwichtigste. Die Sammlung hätte unser Bild von der Geschichte portugiesischer und europäischer Musik grundlegend verändert. © Rogério Gonçalves 39 PROGRAMM PADRE JOSÉ DEANCHIETA Mira el Malo (1534-1597) ANONYM Pavana MANUELMACHADO Paso a paso (Canção) (ca. 1585-1646) FREIFELIPE DAMADRE DEDEUS Valentão dos meus olhos (ca. 1630 – ca. 1690) (Vilancico für Weihnachten) ANONYM Españoleta FREIMANUELCORREIA Deçidme hermosas flores (Romance) (ca. 1600-1653) ANTÓNIOMARQUESLÉSBIO Ayreçillos manços (1639-1709) (Vilancico für Weihnachten) ANONYM Diferencias sobre la Gaita FREIMANUELCORREIA Ay Jesús y quezas (Romance) MANUELMACHADO Afuera, afuera, que sale (Romance) MANUELMACHADO Folias dos Estrellas (Canção) Wir danken der Universität Regensburg (Fachbereich Musikpädagogik) für die freundliche Bereitstellung der Truhenorgel. AUSFÜHRENDE A CORTEMUSICAL Mercedes Hernández, Natacha Ducret Sopran Audrey Burgener Altus Felix Rienth Tenor Dani Pelagatti Schalmei Stéphanie Erös, Mathias Weibel Violine Rosario Conte, Norihisa Sugawara Spanische Gitarre Marie Bournisien Spanische Harfe Rogério Gonçalves Dulzian und Schlagzeug Stephan Schürch Violone Corien de Jong Orgel
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