Tage Alter Musik – Programmheft 2022

13 TAGe ALTeR MUSIK ReGenSBURG Konzert 2 Volcan. Seit einigen Jahren leitet Thomas Van Essen verschiedene ensembles in Dieppe und Caen. Als musikalischer Leiter und Mitwirkender mit Gesang und Begleitinstrumenten im ensemble Les Meslanges gestaltet er deren Programm vor allem mit Musik von Jean Titelouze, Le Camus und Charpentier. Die Kritik bezeichnet die Stimme von Thomas van essen als „warm und geschmeidig, die uns verführt und die Texte atmen lässt…, seine barocke Ausdruckskraft verleiht den Worten Transparenz und den Hauch von Seufzern.” (ResMusica.com-Monique Parmentier). Volny Hostiou ist Träger des ersten Preises für Saxhorn an der Musikhochschule von Paris und lehrt Tuba und Serpent am Konservatorium von Rouen, wo er auch ensembles für Blechblasinstrumente und für Kammermusik im Bereich Alte Musik leitet. er lernte Serpent bei Michel Godard in Paris, bevor er seine Studien für Serpent und Zink bei Jean Tubery weiterführte. In dem Bestreben, sich im Serpentspiel weiterzuentwickeln, studierte er Instrumentenlehre und Musikwissenschaft an der Sorbonne in Paris, die er mit einem examen in Musikwissenschaft mit Lehrbefähigung abschloss. er publizierte zahlreiche Werke über das Serpent und den Gebrauch von Instrumenten in der Kirchenmusik in Frankreich. Zudem tritt er regelmäßig in verschiedenen ensembles für Alte Musik auf (u. a. La Fenice, Sagittarius, Le Centre de musique Baroque de Versailles...) und betreibt zahlreiche Projekte, Konzert- und Vortragsreihen in Zusammenarbeit mit dem Museum für Musik in Paris. zum Programm: ende november 2016 entdeckte der Musikwissenschaftler Laurent Guillo in der Bibliothèque de Fels am Institut Catholique de Paris eine Sammlung von 26 Musikstücken aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts. Darunter befanden sich vier Messvertonungen von Jehan Titelouze (1563–1633), der vom ende des 16. Jahrhunderts bis zu seinem Tod Organist an der Kathedrale von Rouen war und als Begründer der französischen Orgelschule gilt. Der Fund dieser 1626 im Druck erschienenen Messen erweitert das Repertoire geistlicher Musik am Übergang von der Renaissance zur Barockzeit beträchtlich. Zwei davon sind vierstimmig verfasst (die Missa In Ecclesia und die Missa Votiva) und zwei sechsstimmig (die Missa Simplici und die Missa Cantate). Das ensemble Les Meslanges hat unter der Leitung von Thomas Van essen und Volny Hostiou damit begonnen, sie in Fortführung seiner früheren, von der Öffentlichkeit und Kritik vielbeachteten Programme, auf zwei CDs „wiederzubeleben“ (vgl. die Diskographie im Programmheft). Jehan titelouze ist imwesentlichen als Organist und Komponist bekannt, der beinahe seine gesamte Schaffenszeit in Rouen verbracht hat. nach dem Studium in Saint-Omer (damals eine Stadt in den Spanischen niederlanden) wurde er Priester und ließ sich in Rouen nieder, wo er 1588 Organist der Kathedrale wurde. 1604 wurde er eingebürgert und 1610 Domherr. Als entwickler einer Orgel von überragender Bedeutung, die er 1601 nach eigenen Wünschen hatte bauen lassen, trug er maßgeblich zur einführung eines neuen Orgeltypus mit zwei Manualen und großem Pedal in der normandie, der Ile-de France, in der Picardie und im Poitou von Saint-Quentin bis Amiens oder Poitiers bei. Basierend auf dem flämischen Archetyp der Renaissance, erfuhr jener neue Orgeltypus bereits in den Anfängen der klassisch-französischen Ästhetik eine Weiterentwicklung, die ihm denAusdruck der „Harmonie, das Überkreuzen der Stimmen und tausend andere Arten musikalischer Figuren“ ermöglichten. Von diesem Meister der Theorie und Praxis kannte man bisher nur zwei Werksammlungen, die beide in Paris veröffentlicht wurden: Hymnes de l´ église pour toucher sur l´orgue, avec les fugues et recherches sur leur plainchant (Geistliche Hymnen für Orgel mit Fugen und Untersuchungen über den gregorianischen Gesang), erschienen 1623, und Le Magnificat ou cantique de la Vierge pour toucher sur l´orgue sur les huit tons de L´Église (Magnificat oder Marienlieder für Orgel in den acht Kirchentonarten), erschienen 1626: Werke, die dank ihrer spezifischen Qualität und ihrer einmaligkeit das Fundament der französischen Orgelschule bilden. Bis 1660 sollte nichts Gleichwertiges mehr publiziert werden. Titelouze verwendet darin Fugenmotive mit ruhigen Generalbasslinien und eine modale Textur, über denen sich eine blühende Polyphonie entfaltet. Diese Struktur ist bestens geeignet für wechselnde Temperierung und ein kraftvolles Spiel und lässt ein sich seiner selbst sicheres Kompositionstalent erkennen. Die zwei Orgelbücher von Titelouze stellen eine bedeutende Leistung dar, vergleichbar mit denen seiner Zeitgenossen, die im selben Zeitraum veröffentlichten. neben Scheidt (Hamburg, 1624), Correa de Arauxo (Alcalá, 1626) und Frescobaldi (Rom, 1624–1628) trug der Organist der Kathedrale von Rouen zu einer außerordentlichen Blüte bei. Mit Titelouze hatte die Polyphonie ihren Höhepunkt erreicht und stellt gewissermaßen eine Synthese aus französischem und flämischem Kontrapunkt dar. Aber Titelouze war auch mit der ausdrucksvollen Musik der Barockzeit vertraut. So schrieb er 1623 im Vorwort zu seinen Hymnen: „Wie ein Maler in seinen Gemälden Schatten einsetzt, um das Strahlen des Lichts zu unterstreichen, mischen auch wir Dissonanzen zwischen die Konsonanzen […], um deren Süßigkeit hervorzuheben.“ Die Missa Cantate Die Missa Cantatekönnte, soweit wir bei unseren Recherchen herausgefunden haben, auf dem Beginn von Psalm 95 Cantate Domino, alleluia zur Kommunion am fünften Sonntag nach Ostern basieren. Tatsächlich haben wir beim zweiten Kyrie eine leichte Ähnlichkeit mit diesem gregorianischen Choral gefunden. Das Gelübde von Ludwig XIII. (1601–43) König von Frankreich und Navarra, 1638, Philippe de Champaigne (1602–1674) Volny Hostiou, Serpent & Leitung Foto: J. Lescene

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