32 TAGe ALTeR MUSIK ReGenSBURG Konzert 6 Mehrchörigkeit sowie der Qualität und Quantität seiner Werke hinterließ Hieronymus Praetorius ein bedeutendes erbe und wurde der erste Hamburger Musiker von internationalem Ruf. Am 10. August 1560 in Hamburg geboren, besuchte Praetorius als Kind die dortige Lateinschule Johanneum. nachdem ihn sein Vater Jacob Praetorius I. (ca. 1540-1586) in die Grundlagen des Orgelspiels eingeführt hatte, lernte er bei Hinrich thor Molen, dem Organisten der Petrikirche, bis er 1574 von den Kirchenältesten der Jacobikirche nach Köln geschickt wurde, wo er bei Albin Walran weitere zwei Jahre studierte. Von 1580 bis 1582 war Praetorius zunächst Organist an der erfurter Predigerkirche, bis er nach Hamburg zurückkehrte, umOrgelassistent seines Vaters an der Jacobikirche zu werden. nach dessen Tod im Jahre 1586 wurde Hieronymus sein nachfolger als erster Organist der Jacobikirche und zugleich Organist und Leiter der Kirchenregistratur an der benachbarten Gertrudenkapelle. Drei seiner vier Söhne wurden ebenfalls Organisten und führten somit den namen Praetorius als den von bedeutenden Organisten bis über die Mitte des 17. Jahrhunderts hinaus fort. Auch sie komponierten sowohl kirchliche Vokal- und Orgelmusik, aber auch Gelegenheitsmotetten für Familienmitglieder und für prominente Hamburger Bürger. Mit Michael Praetorius (1571-1621), der mit der Hamburger Familie nicht verwandt war, gehört Hieronymus Praetorius zur ersten Generation norddeutscher Komponisten für mehrchörige Werke des 17. Jahrhunderts, zu denen auch Philipp Dulichius (1562-1631) und Friedrich Weissensee (ca. 1560-1622) zählen. All diese Komponisten kannten die Mehrchörigkeit nur aus den weitverbreiteten Sammlungen italienischer Kirchenmusik wie den Werken von Orlandus Lassus (um 1532-1594) und Jacobus Gallus (15501591), während die süddeutschen Komponisten – vor allem Hans Leo Hassler –, die am meisten von den Italienern beeinflusst wurden, diesen Stil direkt von den italienischen MeisternAndrea (1533-1585) und Giovanni Gabrieli (1557-1612) in Venedig erlernten. 1596 wurde Hieronymus zu der besonderen Orgelprüfung in Gröningen eingeladen, die auch Hans Leo Hassler und Michael Praetorius ablegten. Dies dürfte aber vermutlich sein einziger persönlicher Kontakt zu anderen Meistern der Mehrchörigkeit gewesen sein. Die fünf Bände von Praetorius´ Opus musicum enthalten seine gesamte Vokalmusik, allerdings ohne die dazugehörende Instrumentierung. Diese Ausgabe war während des gesamten 17. Jahrhunderts im Besitz vieler norddeutschen Kirchen und bildete quasi das Standardrepertoire der Kirchenchöre. Die Kirchenältesten der Jacobikirche, der Hamburger Senat und andere vermögende Bürger hatten den erstdruck finanziell unterstützt, mehrere Bände davon wurden später in Frankfurt und Antwerpen neu gedruckt oder wiederaufgelegt. nicht zuletzt wurden sechzehn einzelne Motetten in damals äußerst populäre Anthologien aufgenommen. Außerdem sind über 200 handschriftliche Kopien einzelner Werke aus den Druckausgaben in zahlreichen europäischen Bibliothekskatalogen und kirchlichen Verzeichnissen aufgelistet. Aufführungen der geistlichen Werke Praetorius‘ wurden vom städtischen Leiter des Hamburger Knabenchors dirigiert unter der Mitwirkung einiger Lehrer und acht bezahlter Sänger, die oft auch von acht städtischen Berufsmusikern und einer Gruppe freiberuflicher Spieler unterstützt wurden. Wenngleich die originale Druckausgabe außer dem Basso seguente für Orgel keine weitere Instrumentierung bezeichnet und allen Stimmen Texte unterlegt sind, beschreiben Dokumente aus dieser Zeit die Praxis der CD: Alamire & His Majestys Sagbutts & Cornetts – Hieronymus Praetorius: Motetten
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