TAGE ALTER MuSIK REGEnSBuRG Konzert 2 Für die Exequien der habsburgischen Könige wurden große Kirchen wie die Kathedrale von Sevilla im gesamten spanischen Herrschaftsgebiet in Tempel der Trauer und des Gedenkens verwandelt, düster und doch blendend hell vor Kerzenlicht, die Wände und Bänke mit schwarzen Vorhängen verhüllt und der Raum beherrscht von einem riesigen Katafalk mit einer Darstellung des königlichen Grabes auf seinem Sockel und mit Tausenden von Kerzen bedeckt. Die zwei Tage umfassenden liturgischen Zeremonien begannen mit der Totenmatutin und der ersten polyphonen Komposition, Circumdederunt me. Morales’ nüchterne und doch bewegende Vertonung, mit der das heutige Konzert beginnt, basiert auf dem gleichmäßig schreitenden Choral und wurde bei den Exequien für Kaiser Karl V. in Mexiko-Stadt gesungen. ImArchiv der königlichen Kapelle in Granada ist eine außergewöhnliche sechsstimmige Motette erhalten, deren Text sich auf die alttestamentlichen Klagelieder Jeremias’ stützt und die Stadt (Granada) als „voll der Trauer“ beschreibt, komponiert 1598 für die Exequien von König Philipp II. von Spanien in Granada. Victorias Vertonungen der Klagelieder des Jeremia wurden in seiner großen Sammlung von Musik für die Karwoche, dem Officium Hebdomadae Sanctae, gedruckt 1585, veröffentlicht. Incipit oratio bildet die dritte Lektion der Matutin (oder Tenebrae) für den Karsamstag. Hier wird der Text des Propheten, der die Verwüstung Jerusalems beklagt, nicht durch die Vertonung hebräischer Buchstaben unterbrochen, wie dies aus anderen Vertonungen der Klagelieder bekannt ist, obwohl der Höhepunkt der Lektion wie üblich die Aufforderung an Jerusalem ist, sich wieder seinem Gott zuzuwenden („Jerusalem, Jerusalem, converte ad Deum tuum“). Victorias Motette Vadam et circuibo civitatem ist eine der dramatisch-belebtesten Motetten des gesamten spanischen Renaissance-Repertoires. Die Sprecherin (im ersten Teil des Textes), die die „Schönste unter den Frauen“ ist (und daher als Maria verstanden wird), sucht ihren verlorenen Geliebten (Christus) in den Straßen Jerusalems und bittet die „Töchter Jerusalems“ voll Sorge um nachricht von ihm. Schließlich kommt die Antwort: „Er ist in den Palmbaum hinaufgestiegen, um ihre Früchte zu ernten“. Anders ausgedrückt: wir werden zumAnblick der Kreuzigung geführt. Autor: Owen Rees Deutsche Fassung: Janosch Umbreit, Universität Regensburg Luis de Aranda war von 1592 bis zu seinem Tod im Jahr 1627 Kapellmeister der Kathedrale von Granada. In demselben Archiv findet sich auch eine weitere ausdrucksstarke Trauermotette, Circumdederunt me, die dort Juan de Avila zugeschrieben wird. Sie gelangte in die neue Welt und wurde dort Juan de Padilla zugeschrieben. Die frühere Zuordnung aus Granada scheint hier amwahrscheinlichsten zu sein. LIeBe UnD KLAGe – VoKALMUSIK Der SPAnISCHen renAISSAnCe CrIStóBAL De MorALeS (ca. 1500-1553) Circumdederunt me toMáS LUIS De VICtorIA (ca. 1548-1611) Vadam et circuibo civitatem JUAn De AVILA (UM 1600) Circumdederunt me toMáS LUIS De VICtorIA Incipit oratio Ieremiae Prophetae LUIS De ArAnDA (+ 1627) Quomodo sedet sola civitas toMáS LUIS De VICtorIA Vidi speciosam roDrIGo De CeBALLoS (ca. 1530-1581) Hortus conclusus FrAnCISCo GUerrero (1527/28-1599) Tota pulchra es Ego flos campi Ave virgo sanctisssima Surge propera, amica mea Konzertdauer: ca. 65 Minuten (keine Pause) ProGrAMM ContrAPUnCtUS Helen Ashby, esther Brazil, emilia Morton, Carolin Halls Sopran tristram Cooke, eleanor Minney Alt Ashley turnell, toby Ward Tenor Ben rowarth, Greg Skidmore Bass AUSFüHrenDe CD: Contrapunctus – Salve, Salve, Salve PreSSe-ALMAnACH Der PreSSe-ALMAnACH zum Festival 2022 mit zahlreichen Farbfotos und Rezensionen ist erschienen. Zum Preis von 5,- Euro ist er ebenso wie ältere Jahrgänge erhältlich im Informationszentrum im historischen Salzstadel neben der Steinernen Brücke. neU 17
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