TAGE ALTER MuSIK REGEnSBuRG Konzert 14 Ihre ausgeprägte Vorliebe für das barocke Repertoire führte Maïlys de Villoutreys sehr rasch zu Auftritten mit etlichen Formationen aus diesem Bereich: So gastiert sie regelmäßig mit den Ensembles Pygmalion (R. Pichon), Les Musiciens du Louvre (M. Minkowski), Amarillis (H. Gaillard), La Rêveuse (F. Bolton und B. Perrot), Le Caravansérail (B. Cuiller), Les Folies Françoises (P. Cohën-Akenine) u. a. Schon in jungen Jahren übernahmMaïlys de Villoutreys Kinderrollen an der Oper Rennes und entdeckte so die Welt der Oper für sich. Später war sie in Mozartpartien zu hören (Barbarina, Pamina, Königin der nacht, Melia), dann als Amor in Glucks Orfeo ed Euridice oder auch Clarine in Platée von Rameau unter der Leitung von J.-C. Malgoire. Ihre Diskographie umfasst mehrere von der Kritik gelobte Einspielungen, darunter Les Arts florissants von Charpentier mit dem Ensemble Marguerite Louise (La Musique, CVS) und Maddalena ai piedi di Cristo von Caldara mit Le Banquet Céleste (Marta, Alpha Classics). Beim Label Chateau de Versailles Spectacles erschienen 2022 insgesamt vier CD-Aufnahmen mit der gefragten Sopranistin. Maïlys de Villoutreys gastierte erstmals 2017 bei den Tagen Alter Musik mit dem Ensemble Alia Mens in Regensburg. Auf dem Programm standen damals die Bachkantaten 12, 18 und 106. zum Programm: Abendmusik in Lübeck Wer als Reisender in Lübeck die bedeutendste Kirche am Ort aufsuchen will, wird sich nicht in Richtung Dom auf den Weg machen. Seit dem 14. Jahrhundert ist das größte, architekturgeschichtlich wichtigste und prunkvollste Gotteshaus Lübecks die Marienkirche, die sich beinahe im Zentrum der Altstadtinsel befindet. In etwa 70jähriger Bauzeit entstand sie als ehrgeiziges Prestigeprojekt des Stadtrates und sollte ganz bewusst eine weithin sichtbare Konkurrenz zum bischöflichen Dom darstellen. Die neue Kirche übertraf dessen Dimensionen deutlich und stellte nicht zuletzt auch ein eindrucksvolles Machtsymbol gegenüber den anderen Handelsstädten dar, die mit Lübeck um die Vorherrschaft innerhalb der Hanse konkurrierten. Der Backsteinbau der Marienkirche war eine architektonische Pionierleistung, fungierte als Vorbild für zahlreiche weitere Kirchen norddeutschlands – und war etwa 300 Jahre später, als die glorreichen Zeiten der Hanse längst vorüber waren, der vornehme Wirkungsort des seinerzeit berühmtesten Komponisten der Stadt: Dietrich Buxtehude. Als Sohn eines Organisten war Buxtehude 1637 wahrscheinlich im damals noch dänischen Helsingborg geboren worden, folgte der Profession des Vaters und kam schließlich 1668 an die Marienkirche. Schon bald genoss Buxtehude bis weit über Lübecks Grenzen hinaus Hochachtung als einer der glänzendsten Organisten seiner Zeit. Innerhalb der Stadt hingegen kannte man ihn zusätzlich zu seinen Fähigkeiten im Orgelspiel vor allem als zentrale Figur der „Abendmusiken“, einer überaus populären Institution des Lübecker Musiklebens, die vermutlich ein genuin lokales Phänomen war. Es handelte sich dabei um außergottesdienstliche Kirchenkonzerte, die Buxtehude mit der finanziellen unterstützung der Lübecker Bürgerschaft an fünf Sonntagen des Kirchenjahres in der Marienkirche veranstaltete, nämlich an den letzten beiden Sonntagen nach Trinitatis und am zweiten bis vierten Advent. Diese Tradition war nicht von Buxtehude selbst ins Leben gerufen worden. Ihre Wurzeln hatten offenbar darin bestanden, dass Franz Tunder, Buxtehudes Amtsvorgänger, bereits seit den 1640er Jahren Kaufleuten, die auf die Öffnung der Lübecker Börse warteten, auf der Orgel der Marienkirche gegen eine Spende vorspielte. Diese anfänglich intimere Besetzung wurde wegen des regen Zuspruches bald durch zusätzliche Instrumente erweitert. Genau genommen gehörten diese außergottesdienstlichen Konzerte nicht zu den eigentlichen Dienstpflichten des Organisten; sie stellten vielmehr eine eigenverantwortliche unternehmung dar, bei der er gleichzeitig als Komponist, Leiter und Organisator der gesamten Veranstaltungsreihe fungierte. Obwohl also Buxtehude nicht der urheber der Abendmusiken war, war es doch seine Leistung, den jungen Lokalbrauch nach Tunder zu dem Format und der prestigeträchtigen Ausstrahlung zu führen, die bis zum Ende der Abendmusik-Tradition 1810 maßgebend wirkten. Florence Bolton, Viola da gamba & Benjamin Perrot, Laute Foto: Jean Dubrana Maïlys de Villoutreys, Sopran Foto: Robin Davies 93
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