zum Programm: Il ponte di Leonardo – orient trifft okzident – Gesänge der italienischen renaissance und des osmanischen Hofs Leonardos Brücke in diesen Zeiten, in denen ständig der geruch von krieg und konflikten die luft verpestet, ist es wichtiger denn je, zwischen Zivilisationen, kulturen und Völkern brücken zu bauen oder wieder herzustellen: brücken, die zu begegnung und Versöhnung ermutigen, zu Dialog und gespräch aufrufen, zu einer synergie von begegnungen und aktionen, die uns helfen, besser miteinander zu leben und gemeinsam das leben zu gestalten. Dies ist nicht mehr nur ein ideal oder eine utopische Vision der Menschheit, sondern ein reales und verzweifeltes anliegen, das von Tag zu Tag drängender wird. Musikalische brücken zwischen den kulturellen Traditionen zu errichten ist der kerngedanke von Constantinople, dem ensemble, das wir vor über zwanzig Jahren gegründet haben. Die Mission, der wir uns verschrieben haben, das Prinzip, das uns leitet, ist die erkundung der Musik von heute und aus längst vergangenen Zeiten, von hier und von fernen Orten. Die von leonardo erdachte brücke war der Funke, der dieses Musikprogramm entfachte. Die Musik der beiden kulturräume, die er mit diesem beeindruckenden bauwerk zu verbinden suchte, tritt hier miteinander in einen Dialog und erzeugt eine einzigartige und ausdrucksstarke klanglandschaft, die die brücke, von der leonardo träumte, zum leben erweckt. gemeinsammit meinem kollegen und Freund Marco beasley haben wir eine sorgfältige auswahl von kompositionen – inspirierend, musikalisch, poetisch – aus der Zeit von leonardo da Vinci getroffen. Das Fundament unserer brücke bilden stücke und gedichte aus Manuskripten und Druckwerken der Zeit: von italienischen Frottole des 15. und 16. Jahrhunderts bis zu genueser liedern, von osmanischen instrumentalstücken bis zu persischen gedichten von Hafez, rumi und amir khosrow. Wir haben dann zwischen diesen Werken hin und her gewechselt und ihre stilistischen berührungspunkte bestimmt, um Übergänge zu finden und einen echten Dialog zu schaffen, der über ein bloßes aneinanderreihen in einem repertoire hinausgeht. so wurde diese brücke, die leonardo da Vinci vor über 500 Jahren erdachte und zeichnete, nun durch die menschliche und künstlerische begegnung der acht an diesem Projekt beteiligten Musiker und Musikerinnen in Musik und lied nachgebildet und aufgebaut. Wir hoffen, dass diese brücke von ihnen, die dieses Programm hören, und den bewohnern beider ufer viele Male in jeglicher Hinsicht überschritten wird . Autor: Kiya Tabassian Deutsche Fassung: Joachim Berenbold Tage alTer Musik regensburg konzert 15 Die ligurische Küste mit dem Hafen von Genua, von wo aus Leonardos Brief nach Istanbul gelangte. Aus dem Kitab-ı Bahriye oder Buch über die Schifffahrt des osmanischen Admirals und Kartografen Piri Reis (1465/70-1553). Walters Art Museum, Baltimore, USA. Leonardos Entwurf für eine Brücke über das Goldene Horn. Seitenansicht und Blick von oben. Er notierte in Spiegelschrift: „Brücke von Pera nach Konstantinopel. 40 braccia (23 m) breit, 70 braccia (40 m) über dem Meer, 600 braccia (350 m) lang, d.h. 400 über dem Meer und 200 über dem Land, trägt ihr eigenes Gewicht“. Seite 66r des Carnet L, Institut de France. 111
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