Tage Alter Musik – Programmheft 2024

Tage alTer Musik regensburg konzert 16 del auf ein eigenes Werk, die italienische kantate Mi palpita il cor HWV 132, zurück. Wie in der zeitgenössischen Opera seria, einer von Händel in london bis um 1741 gepflegten gattung, besteht Samson zu einem großen Teil aus secco-rezitativen und arien (airs), die Händel im unterschied zu der in der Oper dominierenden Form der Da-capoarie überwiegend zweiteilig anlegte. Hinzu kommen sieben accompagnato-rezitative, darunter samsons berühmtes „My genial spirits droop, my hopes are flat“, drei Duette, eine Vielzahl von in der regel vierstimmigen Chören und die für Händel typische Form der arie mit Chor. Das Oratorium wird eingeleitet durch eine zweisätzige symphonie in der art einer französischen Ouvertüre sowie ein Menuett (das im konzert der Capella Cracoviensis nicht erklingt). in akt iii wird die Panik beim einstürzen des Tempels über samson und den Philistern musikalisch umgesetzt in einer weiteren symphonie, der „symphonie des schreckens und der Verwirrung“, die ein gespräch Micahs und Manoas abrupt unterbricht. alle drei akte beginnen mit einem secco-rezitativ und enden traditionsgemäß mit einem Chor, zu dem in akt ii noch solisten hinzukommen. im Mittelpunkt des gesamten Oratoriums steht weniger samsons Versklavung als vielmehr der Verlust seines augenlichtes als auslöser für eine ganze reihe von lichtmetaphern, beginnend mit samsons air „Total eclipse! no sun, no moon“ (i/2), in dem dieser seine Verzweiflung über die blindheit in berührender Weise artikuliert, über den Chor „O first created beam!“ (i/2), in dem das aufsteigende Motiv zu den Worten „let there be light“ möglicherweise Joseph Haydn zu seiner Vertonung der Worte „und es ward licht!“ in der schöpfung inspirierte, bis hin zu samsons letztemair, „Thus, when the sun“ (iii/1), in dem ein sonnenaufgang besungen wird. und auch in den letzten beiden nummern des samson, dem air „let the bright seraphim“ und dem apotheotischen Jubel-Chor „let their celestial concerts all unite“, die sich unmittelbar an die mit demair „glorious hero“ beginnende mehrsätzige Totenklage anschließen, ist die lichtmetaphorik von entscheidender bedeutung. Vom Dunkel über die erleuchtung zum licht, das ist der Weg, den samson an seinem letzten Tag geht. es ist der Weg eines sünders, dessen innere entwicklung ihn die eigene schuld erkennen lässt, und der sein leben opfert, um nach dem sieg über die Philister „im ewigen glanz des lichts“ von den himmlischen Chören gefeiert zu werden. Autorin: Bettina Berlinghoff-Eichler, Universität Regensburg CD: Capella Cracoviensis/ Orliński/ Adamus – Vivaldi: Stabat Mater 123

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