konstrukteur Chad kelly und der musikalische leiter der aufführung Jonathan sells müssen bei ihrer Fassung der Köthener Trauermusik viele Fragen beantworten und leerstellen mit neuemMaterial füllen. kelly sagt hierzu: „anyone who tries to reconstruct the Trauermusik is already taking their liberties. because, while there are some solutions we can be 99% sure about, there are many which can only be speculation.“ als oberste Prämisse steht für kelly und sells der text im Vordergrund. in ihrer Version der trauermusik soll das libretto von Christian Friedrich Henrici, genannt Picander (1700–1764), zur vollen geltung kommen. ihnen sind eine sinnvolle silbenverteilung und eine schlüssige Wortbetonung wichtig. Der text solle keinesfalls gestaucht oder gar in die Musik gepresst wirken. auch sollen sich insbesondere die affekte des textes musikalisch übertragen. zu diesem zweck treffen sie ihre musikalischen entscheidungen primär zugunsten des textes, denn obwohl sich viele textteile leicht auf die Melodien der Trauerode und der MatthäusPassion legen lassen, gilt dies bei weitem nicht für alle. und hierfür braucht es schlüssige lösungen. in der in regensburg aufgeführten Fassung der Köthener Trauermusik schaffen kelly und sells eine kombination aus rekonstruktion und rekomposition. sie rekonstruieren die texte, die in der Musik der Trauerode und der Matthäus-Passion aufgehen und geben denen, die es nicht tun, ein neues musikalisches gewand, das streng in der tradition bachs stehen soll. bach selbst habe viel an seiner eigenen Musik geändert und überarbeitet, was kelly und sells als rechtfertigung für die Freiheiten sehen, die sie sich beim rekonstruktionsprozess nehmen. Die orchesterpartie bleibe meist unberührt, während sich die gesangslinie in der Version von kelly und sells oft in ihren nuancen ändert. kelly betont ausdrücklich, dass in allen teilen Solomon’s Knot bei den TAM 2021 in der Dreieinigkeitskirche Foto: Hanno Meier rÜCk 2021 bliCk Tage alTer Musik regensburg konzert 6 61
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