Tage Alter Musik – Almanach 2007

Deutschlandfunk Köln Musikjournal am 28. Mai 2007 Redaktion: Falk Häfner Autorin: Ilona Hanning Anmoderation: Die Stadt mit der ältesten Bratwurst-Stube der Welt gleich neben der steinernen Brücke, das ist Regensburg. Jedes Jahr finden in den zahlreichen Kirchen und historischen Räumen über Pfingsten die „Tage Alter Musik“ statt. Seit Jahren ein festes Datum im Kalender eines jeden Alte-Musik-Fans, denn so manches Ensemble startete in Regensburg seine Karriere und es ist doch immer schön, wenn man sagen kann, die hab ich schon gehört, als sie noch nicht so berühmt waren. Für welches Ensemble Regensburg diesmal das Sprungbrett sein könnte verrät Ihnen Ilona Hanning. Musik O-Ton Hartmann: „Vor allem wenn bekannte Literatur eingespielt wird, die man schon oft gehört hat und sagt, Mensch, die haben einen neuen Ansatz, da gibt es interessante Nebenstimmen, die machen hörbar, was man bisher nicht gehört hat. Das muss uns ansprechen.“ sagt Ludwig Hartmann, einer der beiden künstlerischen Leiter der Tage Alter Musik in Regensburg. Ihm kommt es darauf an, bei dem Festival junge in Deutschland bislang unbekannte Ensembles zu präsentieren, die ganz neue Interpretationsansätze haben. Dabei lässt er sich gerne auf Experimente ein, wie die des österreichischen Oman-Consorts, das mit einer besonders großen Continuo-Besetzung musiziert. Sie besteht aus zwei Cembali, einer Orgel, zwei Barockgitarren, Cello, Violone und einem Fagott. Genau richtig für die Musik von Antonio Vivaldi, findet der Blockflötist und Gründer des Ensembles, Michael Oman: O-Ton Oman: „Diese Musik von Vivaldi, die hat so viel perkussives Element auch drinnen und so viele eruptive Rhythmik, dass man das mit einem erweiterten Continuo-Consort…einfach gut realisieren kann und …ich finde, dass das eben nicht immer nur eine Begleitfunktion hat, sondern oft auch sehr thematisch irgendwie in die Oberstimme eingreifen kann… Man kann natürlich klanglich unglaublich viele Schattierungen machen, weil eben die verschiedenen Farben hier sind und man muss dann immer gut und klug wählen, welche Musik welche Rhythmik das vielleicht auch verlangt und welche langsamen Sätze unbedingt mehr Schlichtheit brauchen und das ist ein stetiger Wechsel eigentlich... momentan ist das für mich so ein Standpunkt, den ich gerne vertrete.“ Musik Dank der außergewöhlich großen Continuo-Besetzung gelangen dem Oman-Consort extreme Kontraste zwischen den Solo- und Tuttistellen. Das war zunächst gewöhnungsbedürftig, überzeugte aber im Laufe des Konzerts mehr und mehr, weil damit der dramati- sche Aufbau der Stücke, wie z.B. bei Vivaldis g-Moll Konzert „La notte“ besonders gut zur Geltung kam. Michael Oman ist ein risikofreudiger Spieler, der die Vivaldi-Konzerte für Blockflöte mit viel Drive spielte und dabei auch in techni- sche Unsauberkeiten in Kauf nahm. Faszinierend war dieses reine Vivaldi-Konzert der österreichischen Ensembles wegen der klang- lich facettenreich gestalteten Continuo-Parts. Viele Facetten in der Instrumentierung der Musik des 15. Jahrhunderts bot das Ensemble „Ciaramella“ aus den USA, die ebenfalls zum ersten Mal in Deutschland auftraten. Sie präsentierten geistliche und weltliche Lieder sowie Bläsermusik aus Deutschland. Musik Die acht Mitglieder des Ensembles sind sowohl Musikwissenschaftler als auch professionelle Musiker, ohne Zweifel eine hervorra- gende Synthese. So fand der Leiter, Adam Gilbert, während seiner Recherchen zur Doktorarbeit eine bisher unbekannte Messe, die er Heinrich Isaac zuordnen konnte, die Missa „Je ne fay plus“, die sie auf Renaissance-Blockflöten präsentierten. Daneben waren Schalmeien, Renaissance-Sackpfeifen, Posaunen, Orgel und der Gesang zweier sehr gut harmonierender Sopranistinnen zu hören. Profunde wissenschaftliche Kenntnisse verbunden mit nahezu perfekter Beherrschung der Instrumente und eine wirkungsvolle Instrumentierung machten die Musik des 15. Jahrhunderts lebendig. Musik Ein besonders gutes Händchen bewies Ludwig Hartmann mit der Einladung des jungen belgischen Barockorchesters B’Rock. Hartmann bekommt täglich mehrere Demo-CDs von Nachwuchsensembles zugeschickt. Bevor er aber ein Ensemble einlädt hört er sich in der Alten-Musik-Szene erst mal um.

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