Tage Alter Musik – Almanach 2009

Benoît Haller und seine Chapelle Rhénane haben sich auf deutsche Barockmusik spezialisiert und in Regensburg ein reines Schütz- Programm präsentiert. Sie haben die mitunter sperrig und spröde daherkommenden Musik von Heinrich Schütz in einen warmen Klang aus Zinken, Posaunen und Streichern gebettet, die den Affekt der Stimmen nachzeichneten. O-Ton: Benoît Haller “Also für uns ist es ganz wichtig, dass man bei Schütz nicht von dem Prinzip Authentizität anfängt, sondern - ganz im Gegenteil - versucht herauszufinden in dieser Musik, was die Körper der Zuhörer anspricht, was wir als Musiker, Sänger, Instrumentalisten mit unserer Emotion, mit unserer Spontaneität, mit unserer Bilderwelt anfangen können, und die in der Musik zu transponieren sozusa- gen. Und da glaube ich, so langsam mit der Erfahrung mit der Chapelle Rhénane, die wir in fünf Jahren gesammelt haben, dass diese Musik einfach sehr universell ist. Die ist natürlich vor 300 Jahren komponiert worden, aber trotzdem hat sie immer noch heute was zu sagen. Wenn man versucht diese Emotion herauszufinden, dann hat sie heute ihr Wort und sie ist nicht zeitbedingt und sie ist nicht raumbedingt. Sie spricht die ganze Menschheit an.“ Musik: Heinrich Schütz: „Herr, der du bis vormals genädig gewest“ Chapelle Rhénane, Leitung: Benoît Haller So emotional kann die Musik von Heinrich Schütz sein! La Chapelle Rhénane, von dem Tenor Benoît Haller aus dem Ensemble her- aus geleitet. Zu den besonderen Erlebnissen der Regensburger Tage Alter Musik, denen eine Fülle schönster Kirchen und mittelalterlicher welt- licher Räume für die Konzerte zur Verfügung stehen, gehören die nächtlichen Vokalkonzerte in der frühgotischen Dominikanerkirche. Das Starensemble war Discantus unter der Leitung von Brigitte Lesne mit „Visionen der Ewigkeit“, geistlicher Vokalmusik vom 11. bis 15. Jahrhundert. Die sieben Damen aus Frankreich zauberten entrückte Sphärenklänge in ergreifender Reinheit und Zartheit. Musik: Anonym: Alleluja, Ensemble Discantus, Leitung: Brigitte Lesne Discantus, Frankreichs weibliches Vokalensemble Nummer eins. Mit weltlichen Mittelalterklängen gab in Regensburg das Ensembles „La Rota“, vier junge Musiker aus Kanada, ein absolut überzeu- gendes Europa-Debut. Tobie Miller ist die Tausendsassa des Ensembles. Sie spielt Blockflöte, auch zwei gleichzeitig, singt und spielt Drehleier. O-Ton: Tobie Miller “Wir haben alle Alte Musik in Kanada gespielt. Und ich hatte vorher viel Mittelaltermusik gemacht, und das hat mir immer Freude gemacht, und in meinem dritten Jahr vom Studium ist eben Esteban gekommen, und ich hab gedacht, ja super, jetzt haben wir einen Lautenisten. Wir haben dann Emily gefunden, die Barockgeige studiert hat, aber die auch Volksmusik spielt. Und das war für uns eine perfekte Mischung, weil sie ganz viele Erfahrungen mit Improvisation und Liedbegleitung schon hatte, aber im Rahmen von Volksmusik.” Das ist auch für die Zuhörer die perfekte Mischung aus Quellenkenntnis und Freiheit faszinierender Improvisationskünste. „Heu Fortuna“ hatte das Ensemble La Rota sein Programm mit Musik zur Zeit Philipps IV. des Schönen benannt, um 1300. Musik: Guiot de Dijon: Chanterai por mon coraige, La Rota Das Regensburger Europadebut des Ensembles La Rota mit Musik zur Zeit Philipps des Schönen. Bei 14 Konzerten geballt an einem Pfingstwochenende müssen hier viele Konzerte unerwähnt bleiben. Durchgehend war es wieder ein spannendes Festival: ein prachtvolles Eröffnungskonzert mit Mozarts c-moll-Messe und den Regensburger Domspatzen, die bestens in Form waren, zwei weitere brillante französische Vokalensembles, das Mittelalterensemble „De Caelis“ und „Ludus Modalis“ mit Musik des Renaissancekomponisten L’Estocart, das amerikanische Ensemble „Ex Umbris“, ohne deren launige Einlagen aus dem elisabethanischen Zeitalter kein Regensburger Festival mehr denkbar ist, und eine erfrischend lebendige „Krönung der Poppea“ von Monteverdi als szenisches Finale mit den italienischen Monteverdispezialisten „La Venexiana“. Einzig ein Ensemble machte ihrem unglücklichen Namen alle Ehre: die „Capella incognita“. Sie wird schätzungsweise eine solche bleiben. Und - nicht zu vergessen! - das belgische Ensemble „Les Muffatti“, das sich in Händels Umfeld bewegte, mit Barockmusik aus England, „From fairest Isle to Rule Britania“. Wir bleiben zum Schluss bei der „Fairest Isle“, in Henry Purcells Zauberwelt. Damit wäre auch Purcells Jubiläum gestreift. Sein Geburtstag jährt sich im September zum 350sten Mal. Die Muffatti feierten ihn unbe- schwert frisch und locker. Frei und selbstverständlich entfesseln sie einen betörend sinnlichen und elegant-tänzerischen Orchestersound. Hier Ausschnitte aus der Suite zu Dioclesian. Musik: Henry Purcell: aus der Suite „The Prophetess or History of Dioclesian“, Les Muffatti Leitung und Blockflöte: Peter van Heyghen So klang es heuer bei den Tagen Alter Musik Regensburg, die am Pfingstwochenende ihr 25. Jubiläum feierten. Zuletzt hörten Sie das belgische Ensemble Les Muffatti unter der Leitung des Blockflötisten Peter van Heyghen mit einigen Sätzen aus Henry Purcells Theatermusik zu „History of Dioclesian“. Am Mikrophon verabschiedet sich Dagmar Munck und wünscht Ihnen noch einen schönen Abend.

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