Tage Alter Musik – Almanach 2011

Du mildeste Mutter. Bitte für uns – leg Fürsprache ein bei unserem Herrn Jesus Christus. Alleluja! Musik: Tota pulchra es, Maria Das Ensemble Dialogos sang einen kroatischen Marienhymnus. Im Festspielpanorama im Deutschlandfunk hören Sie heute Abend den Mitschnitt eines Konzertes von den Tagen Alter Musik Regensburg, aufge- nommen am 11. Juni dieses Jahres in der Dominikanerkirche. „Dalmatica“ – so hatten die beiden Vokalensembles ihr Programm überschrieben, in dem sie glagolitische und lateinische Gesänge der dalmatini- schen Messliturgie präsentierten. Die künstlerische Leitung des Konzertes hatte Josko Caleta von Kantaduri, der die erkrankte Sängerin und Leiterin des Ensembles Dialogos, Katarina Livljanic, vertrat. Während im ersten Teil dieser Sendung weihnachtliche Klänge aus den Klöstern und Kirchen der dalmatinischen Küste zu hören waren, war der zwei- te Teil des Konzertes der Musik der Karwoche gewidmet. Musik: Slava cast Das kroatische Männersextett Kantaduri trug einen geistlichen Choral zum Palmsonntag vor – so wie er bis heute in den Kirchen auf der Insel Hvar gesungen wird. Die Passionswoche zwischen Palm- und Ostersonntag wird in den Kirchengemeinden der dalmatinischen Küstenregion ausgiebig zelebriert, wie Ensemble-Leiter Josko Caleta betont. O-Ton: Josko Caleta „Die außergewöhnlichste Zeit des Jahres ist die Passionswoche mit ihren großen Prozessionen am Gründonnerstag und Karfreitag und dem großen Abschluss in der Nacht des Karfreitags. Osterprozessionen, wie man sie im Norden Kroatiens kennt, sind in Dalmatien eher ungewöhnlich; dort ist man näher am mitteleuropäischen Denken. Bei uns ist eigentlich der Karfreitag das große Finale – mit all dem Schmerz und den Klagen.“ Es folgt nun eine längere Passage des Konzertes vom 11. Juni 2011 aus der Dominikanerkirche in Regensburg. Zunächst singt das Ensemble Dialogos ein Responsorium zum Palmsonntag, das im 12. Jahrhundert in Zadar notiert wurde. Gegen Ende dieses Gesangs setzen die Männerstimmen von Kantaduri mit einem Choral zum Gründonnerstag ein, an den sich eine Antiphon aus der „Agenda pontifi- calis“ des 11. Jahrhunderts anschließt, intoniert wiederum vom Ensemble Dialogos. Eingeleitet werden die Passionsgesänge von einer gesungenen Lesung in glagolitisch: Kantor Stjepan Franetovic trägt den Beginn der Klagelieder des Jeremias vor. Oh wie einsam sitzt die dichtbevölkerte Stadt. Sie ist wie eine Witwe geworden; sie, welche die Herrin über die Nationen war. Die Feinde sind Ihre Oberhäupter geworden, ihre Unterdrücker hetzen sie, denn der Herr hat sie geschwächt wegen ihrer zahlreichen Übeltaten. Musik: Pocinje / Ante / Potamnjele / Ante diem Clara Coutouly, eine der drei Sängerinnen des Ensembles Dialogos, beendete diesen Konzertabschnitt mit einer Antiphon zum Gründonnerstag. „Dalmatica“ lautete der Titel des Konzertes, das am 11. Juni dieses Jahres im Rahmen der Tage Alter Musik Regensburg stattfand und in dem geist- liche Vokalmusik aus Mittelalter und aus der Volkstradition Kroatiens kombiniert wurde. Katarina Livljanic, Leiterin von Dialogos, und Josko Caleta vom Ensemble Kantaduri hatten sich eine raffinierte Dramaturgie einfallen lassen, die die Klänge verschiedener Epochen miteinander verwob und dabei die Architektur der gotischen Dominikanerkirche nutzte: im folgenden Konzertteil singen beide Ensembles zur gleichen Zeit. Während die drei Frauen von Dialogos vom Altar aus den linken Seitengang hinab schreiten, nähern sich die Sänger von Kantaduri mit einem Choral von der Insel Brac im rechten Seitengang langsam dem Altar; diese stimmungsvolle Inszenierung soll das Geschehen während einer Karfreitagsprozession symbo- lisieren und bezieht die Zuhörer mit in das akustische Geschehen ein. „Crucem tuam adoramus“ – so lautet der Titel der mittelalterlichen Antiphon in lateinischer Sprache, aufgezeichnet im Dubrovnik Missale, einem wertvollen Manuskript aus dem 12. Jahrhundert, das neben zahlreichen Gebeten auch mehr als 200 einstimmige Choralmelodien enthält, die an der Kathedrale von Dubrovnik in Gebrauch waren. Darunter auch die folgende Antiphon zur Kreuzanbetung. „Dein Kreuz verehren wir, O Herr, und deine heilige Auferstehung preisen wir. Kommt alle, lasst und Christi Auferstehung anbeten. Die Völker sollen dir danken, o Gott, die Nationen sollen sich freuen und jubeln. Es segne uns Gott, alle Welt fürchte und ehre ihn.“ Musik: Crucem / Krizu / Ego sum / Ja se kajem Das kroatische Ensemble Kantaduri sang einen Choral zur Fastenzeit aus dem Tal der Neretva in Bosnien-Herzegowina. Hier, im dalmatinischen Hinterland, hat sich ein rauerer Gesangsstil erhalten, der im Gegensatz zum gepflegten vierstimmigen Klapa-Gesang meist mit zwei unterschiedli- chen Stimmen auskommt. Auch die folgenden zwei Karfreitags-Melodien gehören zur älteren, archaischen Schicht der kroatischen Vokalmusik – und klingen in ihrer Expressivität fast schon wieder avantgardistisch. Von der Kreuzzugsprozession auf der Insel Hvar stammt die erste Klage, in der von der traurigen Gottesmutter erzählt wird, die auf ihrem Weg zum Kreuz heiße Tränen vergießt; ihr Weinen wird musikalisch durch eine chromatische Tonfolge sym- bolisiert. Zwischendurch und teilweise parallel dazu erklingen die lauten „Wehklagen der Jungfrauen“. „Ich flehe euch mit weinerlicher Stimme an, auf das Elend einer Mutter zu hören, die euch dazu aufruft, euch dem Wehklagen anzuschließen. Sie ruft die Seelen, welche Gott teuer sind, an, mit ihr zu weinen. Ihr ehrlichen Frommen, Erben Jesu, beendet die sanftmütigen Lieder und stimmt traurige Lieder an.“ Musik Strofa / Kantanje Die altslawischen Klagegesänge zum Karfreitag wurden vorgetragen vom Ensemble Kantaduri aus Dalmatien. Während solche Lieder auch heute

RkJQdWJsaXNoZXIy OTM2NTI=