Tage Alter Musik – Almanach 2011

Bach-Programm zur Eröffnung der Tage Alter Musik Regensburg Die Eröffnungskonzerte mit den Domspatzen haben sich zu einer festen Tradition der Regensburger Tage Alter Musik entwickelt. Unter seinem Leiter Roland Büchner hat sich der Chor in der Szene der historischen Aufführungspraxis jenen Platz zurückerobert, den er in deren Pioniertagen innehatte, als er beispielsweise zusam- men mit Nikolaus Harnoncourt Bachs Matthäuspassion einspielte. Gut vierzig Jahre später hat dieser schlanke, rhetorisch zupackende Interpretationsstil schon zahlreiche Häutungen hinter sich, das instrumentale Niveau ist auf schwindelerregendem Niveau in ein Stadium der Selbstverständlichkeit eingetreten. Diese nicht als Routine wirken zu lassen, scheint zu einer Hauptaufgabe heutiger Bach-Deutungen geworden zu sein und das Concerto Köln ist sicher eines jener Ensembles, denen dies immer wieder bewunderns- wert gelingt. Dennoch hinterließ das eröffnende Konzert für Oboe d’amore (nach Bachs Cembalokonzert BWV 1055) kaum mehr als einen geschmeidig-runden Gesamteindruck – so schön Benoît Laurent auch blies. Die Akustik der Basilika St. Emmeram ebnete hier die dynamischen und artikulatorischen Nuancen wohl deutlich ein. Um so präsenter danach der Chorklang im so genannten Himmelfahrtsoratorium. Die Domspatzen zeigten sich beim Eingangssatz „Lobet Gott in seinen Reichen“ in blendender Verfassung und gestalteten auch die Choräle mit präg- nanter Textbehandlung und Ausdruckskraft – Tugenden, die auch die makellose Darbietung der Motette „Der Geist hilft unser Schwachheit auf“ nach der Pause auszeichneten. Auffälligster Solist des Abends – was auch der musikalischen Qualität seiner Arien geschuldet sein mag – war Altus Franz Vitzthum. Sein entspannt inniger Zugriff auf das „Ach bleibe doch“ im Oratorium war ebenso berührend wie das „Esurientes“ im abschließenden Magnificat. Überzeugend und stilsicher, allerdings mit bedeutend weniger per- sönlicher Färbung, auch Sopranistin Johannette Zomer, der kurzfristig eingesprungene Tenor Georg Poplutz und Bassist Wilhelm Schwinghammer. Die Stimme des nicht namentlich genannten jungen Sopransolisten aus den Reihen des Domchores verschmolz im „Suscepit Israel“ mit denen von Zomer und Vitzthum zu einem betörenden Terzett. Der Chor selbst hatte nach einem fabelhaft intensiven „Fecit potentiam“ einen kleinen Durchhänger, sammelte sich im finalen „Gloria“ aber wieder zu fein ausbalanciertem, feierlichen Volumen, abgestützt von den immer wieder mit wunderbaren Soli glänzenden Musikern von Concerto Köln. Ein gelungener Auftakt somit zur 27. Ausgabe eines Festivals, das nach wie vor in seiner programmatischen Vielfalt, dem Mut zu jungen, noch wenig bekannten Ensembles und der Anziehungskraft für ganze große Namen Maßstäbe setzt. Juan Martin Koch

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