Tage Alter Musik – Almanach 2011

Vorläufer. Das Versetzen des Bach - Werkes ins Bordell, eine Totentanz - Szene und das Verspeisen des Fleisches des Leichnams Christi waren wohl als Provokation gedacht. Leider brachte diese Provokation keine wirklich neue Lesart und bot keine neuen Einsichten in die Musik Bachs, weshalb sie in sich schlecht begründet war. Der Glanz der Provokation überdeckte eine ziemlich schlechte musikalische Darbietung der Sänger (die Instrumentalisten waren viel besser); die Gesangstimmen waren nicht aufeinander abgestimmt, die Altistin war zeitweise kaum hörbar und die Intonation an einigen Stellen fragwürdig. Obwohl dieses Experiment mis- slungen ist, stellt sich die Frage, wie man Bach heute noch anders aufführen kann. Das letzte Wort hierzu ist bestimmt noch nicht gesprochen, und vielleicht werden wir bei den nächsten Tagen Alter Musik etwas Überzeugenderes dieser Art hören. Auch bei anderen Konzerten konnte man verschiedene Barockstücke hören. Die internationale Besetzung des Harmony of Nations Orchestra spielte Werke von Purcell, Corelli, Rebel, Albinoni und Telemann. Mit dem Ensemble Artemandoline aus Luxemburg verfolgten die Zuhörer die Wege der Barockmandoline im Italien des 17. und 18. Jahrhunderts. Das schwedische Instrumentalensemble ReBaroque stellte ein besonderes Repertoire dieser Zeit dar: Es wurde am Hof gespielt, war aber stark von der Volksmusik beeinflusst. Mit einer ähnlichen Idee, aber auf seine eigene Weise zeigte das kanadische Ensemble Caprice die Einflüsse der osteuropäischen Volksmusik und der Zigeunermusik auf das Schaffen Telemanns. Les Musiciens de Saint-Julien aus Frankreich begeisterten das Publikum mit einem bezauberndem Programm von Liedern und Tänzen zum Thema ländlicher Liebe und ländlichen Lebens. Dem harmonischen, homogen gestimmten und warmen Klang mit wunderbaren Instrumentalsolisten war die Gesangsinterpretation von Olga Pitarch ebenbürtig. Das Festival endete mit der Aufführung der Monteverdi - Oper Il ritorno d´Ulisse in patria durch die bei den Regensburger Tagen Alter Musik schon mehrmals mitwirkende italienische Gruppe La Venexiana . Trotz einiger kleiner Unstimmigkeiten erlebte man ins- gesamt eine gute Vorstellung. Vielleicht wirkte das Geschehen etwas statisch, die Oper wurde jedoch von Seiten der Sänger recht über- zeugend dargeboten; fast jeder hatte seine glänzenden Momente. Insbesondere Roberta Mameli in der Rolle der Minerva erwies sich als talentierte Sängerin; hervorragend waren auch die Sänger der komischen Rollen, vor allem Luca Dordolo (in der Rolle des Irò). Die Tage Alter Musik sind eine lebendige Sache. Da gibt es jedes Jahr große Erwartungen, die teils erfüllt werden und teils nicht; es gibt aber auch immer wieder neue musikalische Entdeckungen, die uns dann überraschen, wenn wir sie am wenigsten erwarten. Das Regensburger Festival bietet noch immer eine Gelegenheit, das Musizieren einer großen Anzahl der hervorragendsten Vokal- und Instrumentalensembles für Alte Musik in wunderbaren Räumen zu erleben. Diese Eindrücke bleiben, wenn glänzende Namen längst verblasst sind. Auch deshalb lohnt es sich, wieder nach Regensburg zurückzukehren. Katarina Ster Rebaroque im Reichssaal

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