Tage Alter Musik – Almanach 2011

Bayerischer Rundfunk BR-Klassik Beitrag für die Sendungen „Allegro“ und “Leporello” Autorin: Monika Kursawe Anmoderation: Das pulsierende Leben des Festivals ist das Erste, was man wahrnimmt, wenn man die „Tage Alter Musik“ in Regensburg besucht. In den mittelalterlichen Gassen mischen sich Zuhörer mit grünen Festival-Katalogen in der Hand mit Musikern, die Instrumentenkoffer auf dem Rücken tragen. Einen eher kleinen Koffer hat der Blockflötist Matthias Maute dabei. Er ist der Leiter des deutsch-kanadischen Ensembles Caprice, das in seinem Konzert Georg Philipp Telemanns Kompositionen der Musik barocker Zigeuner gegenüberstellt. Musik: Sammlung Uhrovska O-Ton: Matthias Maute ... es gibt zum einen Stücke, man könnte praktisch losweinen und es gibt andere Stücke, man möchte eigentlich mittanzen, so viel Rhythmus und Lebensfreude steckt drin, also es ist wirklich Musik, die ist für die Menschen geschaffen und des kommt unmittelbar an, auch bei uns, den Musikern, das ist die hellste Freude, sowas zu spielen, weil man drückt sich auf sehr unmittelbare Art und Weise aus. Mit dieser packenden Musik fahrender Musiker kam Georg Philipp Telemann am Hof in Sorau (im heutigen Polen) in Kontakt, und sie inspirierte ihn zu Werken, die im sogenannten polnischen Stil geschrieben sind... O-Ton: Matthias Maute ...die Telemann unter dem Schlagwort „barbarische Schönheit“ einordnete und der letzte Satz der Grillensinfonie, der letzte Satz des Doppelkonzertes, klingen genau so als ob eben eine Gruppe von fahrenden Musikern spielen würde. Musik: Telemann: Grillensinfonie Nur ein paar Schritte entfernt von der Sankt-Oswald-Kirche, in der das „Ensemble Caprice“ Telemann und die Zigeuner aufeinandertreffen lässt, findet im Velodrom das mit Sicherheit kontroverseste Konzert des Festivals statt: hier katapultiert das „Ensemble eX“ Johann Sebastian Bachs 300 Jahre alte Kantate „Christ lag in Todesbanden“ ins Jetzt. Das irische Ensemble präsentiert eine inszenierte Bühnenfassung, in der die Kantate zu einer Rock-Oper wird, wie sie schriller nicht sein könnte. Das Ensemble eX überträgt die Metaphern aus Martin Luthers Text wörtlich auf die Bühne, erzählt die Leiterin des Ensembles, Caitríona O´Leary. O-Ton: Caitríona O´Leary the strongest image in the text... Das stärkste Bild aus dem Text, das wir auf die Bühne übertragen, ist, dass wir Christus, der als das Lamm Gottes geopfert wird, als ein wirkli- ches Festmahl auf dem Tisch anrichten. Martin Luther als der Autor des Ganzen ist der Koch und würzt den Körper mit Pfeffer und Salz, und wir sitzen alle am Tisch und haben Teil an diesem fantastischen Festmahl zu unser aller Erlösung. ...part taking of this faboulous feast for this all salvation. Musik-Ausschnitt: Ensemble eX Von der Vormittagsmatinee bis zum Nachtkonzert ist der Tag in Regensburg mit hochkarätigen Konzerten ausgefüllt. Und in der Zeit zwischen den Konzerten können die Musiker und Zuhörer originalgetreue Nachbauten von historischen Instrumenten bewundern: in einer auf zwei Etagen ver- teilten Ausstellung im historischen Salzstadel am Fuße der berühmten Steinernen Brücke. Dort gibt es so manche Rarität zu entdecken, wie z.B. mittelalterliche Drehleiern. Dass die Tage Alter Musik Regensburg nicht nur eine Reihe hervorragender Konzerte bieten, sondern sich auch durch eine ganz besondere Atmosphäre auszeichnen, liegt vor allem an der mittelalterlichen Innenstadt mit ihren historischen Spielstätten. Das betont auch der Leiter des Festivals, Ludwig Hartmann. O-Ton Hartmann: Das Zusammenspiel von Raum und Musik, das ist ja auch ein Teil unseres musikalischen Konzepts hier in Regensburg; ich bin mir ganz sicher, dass das wichtig ist, da nimmt man dann auch gern mal alte Kirchenbänke in Kauf, wenn die Atmosphäre, das Ambiente stimmt. Und es kommt natürlich auch drauf an, dass die Musik entsprechend präsentiert wird, also dass es lebendig vorgetragen wird, dass es nicht irgendwie verstaubt antiquiert klingt, sondern dass man merkt, da ist Leben drin, da ist Herz drin, da ist alles drin, was einen Menschen berühren kann und damit fah- ren wir, glaub ich, ganz gut.

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