Tage Alter Musik – Almanach 2012

Nach dem solistischen Auftakt am Morgen und dem kammermusikalischen Intermezzo im Reichssaal gipfelte der Pfingstsonntag abends im Konzert des Ensemble 1700 Lund . Unter der Leitung von Göran Karlsson (Cembalo) gab das schwedische Barockorchester in der St.-Oswald- Kirche seine überzeugende Deutschlandpremiere mit Musik von Georg Philipp Telemann, Georg Friedrich Händel und einer Suite aus den „Drottningholmsmusiken“ des schwedischen Komponisten Johan Helmich Roman. Letztere ist eine überaus unterhaltsame Festmusik in der Nachfolge Händels und, so wie vom Ensemble 1700 Lund mit viel Spielwitz vorgetragen, eine schöne Bereicherung des barocken Orchesterrepertoires. Im Nachtkonzert, wiederum in der ehrwürdigen Dominikanerkirche, wurde schließlich des 400. Todestags von Giovanni Gabrieli gedacht. Das belgische Ensemble Oltremontano und das Gesualdo Consort Amsterdam entfalteten in dem großen Sakralbau die prächtige Mehrchörigkeit des venezianischen Meisters. Nele Gramß (Sopran), Marnix De Cat (Altus), Julian Podger, Harry van Berne und Volker Arndt (Tenor) sowie Harry van der Kamp (Bass) präsentierten sich als ausgezeichnetes Vokalensemble, das zusammen mit Oltremontano in stets wechselnden vokal-instru- mental gemischten Chören zu sechs bis achtzehn Stimmen musizierte. Von zwei Konzerten des letzten Festivaltags soll abschließend berichtet werden. Die Holland Baroque Society arbeitet stets projektbezogen mit renommierten Musikern zusammen, die als musikalische Leiter dem Barockorchester stets neue kreative Impulse mit auf den Weg geben. Für das Regensburger Konzert haben sich die Niederländer der Mitarbeit gleich zweier außergewöhnlicher Solisten versichert. Zusammen mit Hidemi Suzuki (Violoncello) und Alexis Kossenko (Traversflöte) hielten sie am Montagnachmittag in der St.-Oswald-Kirche ein hörenswertes musikali- sches Plädoyer für Carl Philipp Emanuel Bach. Im Cellokonzert a-Moll Wq 170 zeigt sich der Sohn des berühmten Thomaskantors als Vorbote der Wiener Klassik. Dramatische Kontraste und ein hochvirtuoser Solopart, den Hidemi Suzuki souverän und mit feiner Klanggestaltung meister- te, zeichnen das Werk aus. Es folgte die außergewöhnliche, weil nur zweisätzige Triosonate für Traversflöte (A. Kossenko), Violine (Stefano Rossi) und Basso continuo, ehe man mit der Sinfonie Nr. 4 A-Dur, dirigiert von Alexis Kossenko, in die Pause ging. Anschließend spielte die Holland Baroque Society , nun vom Cello aus von Hidemi Suzuki geleitet, die Sinfonie Nr. 3 C-Dur. Im abschließenden Konzert für Traversflöte, Streicher und Basso continuo d-Moll brillierte noch einmal Kossenko mit modulationsfähigem, sensiblem Ton und in den Ecksätzen perlend vir- tuosem Spiel. Die Tage Alter Musik gingen mit einer szenischen Aufführung der komischen Oper „Il Marito indolente – Der gleichgültige Ehemann“ des Dresdener Hofkomponisten Joseph Schuster (1748–1812) zu Ende. Das Barockorchester La Ciaccona um Konzertmeisterin Ulla Baur und Dirigent Jörg Straube hat sich seit seiner Gründung im Jahr 2000 in besonderem Maße um das Werk des Zeitgenossen Mozarts und ehemals weit- hin berühmten Opernkomponisten bemüht. Bei den Tagen Alter Musik Regensburg 2004 hatte La Ciaccona bereits dessen „Amor und Psiche“ aufgeführt. Schusters Werk ist heute, zweihundert Jahre nach seinem Tod, nahezu vergessen. Dabei ist die Musik zu „Il Marito indolente“ durch- aus qualitätsvoll und hörenswert. Das Libretto von Caterino Mazzolà spielt unterhaltsam und kurzweilig mit konventionellen Figurenkonstellationen: Die Ehe zwischen Tranquillo und Metilde ist in die Jahre gekommen. Er sucht sein Heil in der Literatur, sie bei anderen Liebhabern. Wer, wie in Mozarts „Nozze di Figaro“, Tiefgründiges oder gar die Abgründe der menschlichen Seele suchte, wurde allerdings ent- täuscht. Aber als komödiantisches Bühnenspiel ist Schusters Oper durchaus gelungen. Dominik Wilgenbus, der auch die amüsanten Übersetzungen der Rezitative besorgt hatte, gelang eine stimmige Inszenierung, die mit einfachen Mitteln, poetischen Gesten und einer gehörigen Portion Situationskomik überzeugte. Die Protagonisten setzten das Regiekonzept engagiert und mit Spielwitz um. Auch stimmlich war die Aufführung bestens besetzt: Constanze Backes und Thomas Stimmel als entfremdetes Ehepaar, Markus Flaig als Fulgenzio, Andreas Post als Metildes Kavalier Graf Belsospiri und Andrea Letzing als Kammerjungfer. Besonders zu erwähnen sind Katja Stuber, die mit jugendlich frischem Sopran die Rolle der Lucinda (Tranquillos Schwester) bravourös ausfüllte und der „Leutnant“ Thomas Lichtenecker mit einem in den Höhen eindrucksvoll hellen Altus. Anima Eterna Brugge & Collegium Vocale Gent in der Alten Kapelle

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