Tage Alter Musik – Almanach 2012

„Verzeih mir, Bruder, deine Frau ist ein Luder“ Ensemble „La Ciaccona“ spielt die Oper „Il Marito indolente“ von Joseph Schuster bei den „Tagen Alter Musik“ Von Stefan Rimek Regensburg. „Verzeih mir, Bruder, deine Frau ist ein Luder.“ Mit dieser eindeutigen Warnung will Lucina ih- ren Bruder Tranquillo über die allzu freizügigen Machenschaften von dessen Gattin Metilde informieren. Dumm nur, dass den gleichgültigen Ehemann die Freizügigkeiten seiner Ehefrau nicht interessieren. Vielmehr ist er Philosoph und Bücherwurm und sieht das Ganze mit einer Gelas- senheit, die wiederum seine Gattin auf die Palme treibt. Natürlich ist zum Schluss alles halb so schlimm, und das Ehepaar findet in neu auf- blühender Liebe zueinander. Das ist im Wesentlichen schon der Inhalt der 1782 uraufgeführten Oper „Il Marito indolente“ (Der gleichgül- tige Ehemann) aus der Feder des 1748 geborenen und 1812 verstorbe- nen Königlich Sächsischen Kapell- meisters Joseph Schuster. Zu seinem 200. Todestag widmete sich das En- semble „La Ciaccona“ nun bei den 28. „Tagen Alter Musik Regensburg“ dieser Oper. Wie aus dem Lehrbuch Das Werk trägt unverkennbar die Zü- ge seiner Zeit. Manchmal, wie in der Ouvertüre, wirken die Strukturen aber doch etwas arg standardisiert und wie aus einem Lehrbuch ge- schrieben. Da muss man sich in Be- zug auf die Regie schon etwas einfal- len lassen, um mit diesem dreistün- digen Werk das Publikum nicht zu langweilen. Regisseur Dominik Wilgenbus meisterte diese Herausforderung mit Bravour, indem er mit minimalisti- schem Aufwand große Wirkung er- zielte. Die Raffinesse der Inszenie- rung zeigte sich in einem Feuerwerk an komödiantischen und originellen Details. Da schlägt beispielsweise im Hintergrund Metilde ein Rad, wäh- rend der Leutnant seine Arie trällert. Da verscheucht man schon mal den Cembalisten, um mit der Angebete- ten auf dem Hocker des Instrumen- talisten Platz zu nehmen, und all- mählich versinkt die Bühne im Bü- chermeer des Tranquillo. Manchmal sind es winzige Gesten, die im Stile einer Commedia dell’Ar- te begeistern und amüsieren. Dass Wilgenbus auch noch die Rezitative auf Deutsch umgeschrieben hat, trug zum Verständnis der in italienischer Sprache verfassten Oper bei. Die aus- schließlich in Weiß gehaltenen, ans späte 18. Jahrhundert angelehnten Kostüme von Katja Melle sowie die minimalistisch gestaltete Bühne von Peter Engl (ein Stuhl, ein Podest und Hunderte von Büchern) boten ein hervorragend passendes Ambiente und ermöglichten es dem Kammer- orchester sogar noch, auf der Bühne zu spielen. Überzeugende Stimmen Thomas Stimmel als Tranquillo, Con- stanze Backes als Metilde, Andreas Post als Graf Belsospiri und der Altus Thomas Lichtenecker als Leutnant überzeugten schauspielerisch und gesanglich bis in die Koloraturen. Aber auch alle anderen Beteiligten, auch das durchwegs in nachvollzieh- baren Tempi agierende Orchester un- ter der Leitung von Jörg Straube, tru- gen zum gelungenen Abend im gut gefülltenVelodrom bei. La Ciaccona im Velodrom

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