Tage Alter Musik – Almanach 2013

REGENSBURG. Von Ludwig van Beetho- ven aus zurückblicken auf Wolfgang Amadeus Mozart? Warum nicht, auch wenn es näherliegende Koppelungen gibt. Beethovens souverän die große Form sich erschließender symphoni- scher Erstling op. 21 nahm im Eröff- nungskonzert der Tage Alter Musik in der Basilika St. Emmeram den Charak- ter jugendlichen Überschwangs an, der vom Tod jäh durchkreuzt wird. Unversehens tauschten der ewig grim- mige Beethoven und der vermeintli- che Kindskopf Mozart die Rollen. Eine Symphonie dieser Ausmaße ohne Dirigenten zu spielen, ist ein Wagnis, das die Instrumentalisten von Concerto Köln mit großer Gelassen- heit einzugehen schienen. Die von Konzertmeister Markus Hoffmann ausgehenden Impulse reichten aus, den Apparat in Gang zu setzen und am Laufen zu halten. Es herrschte eine ge- wisse Flüssigkeit, gelegentlich sogar Weichheit der Artikulation, aus der markant gesetzte Akzente umso deut- licher herausstachen. Den Raumklang klug miteinbeziehend, legten die Kam- mermusiker in Orchesterstärke beim dritten Satz kein aberwitziges Tempo vor, der motorische Schalk des Finales teilte sich dafür aber umso deutlicher mit. Heller Gesamtklang Das ewige Licht, das von Mozarts Re- quiem ausgeht, schien anschließend eine der zentralen Botschaften von Domkapellmeister Roland Büchner zu sein. So ließ er seine hochkonzentriert, aber nie angespannt wirken- den Sänger die Worte „Et lux perpetua“ fast schon überdeutlich artikulie- ren, was dann aber in der Reprise innerhalb des Agnus Dei durch eine ganz leichte Zurücknahme des Tempos seinen werkübergreifenden Sinn bekam. Hell und lichtdurchlässig hielt Büchner auch den Gesamtklang. Dies bewahrte die vom Chor fabelhaft durchgestaltete polyphone Kraft des Kyrie und den Furor des „Dies irae“, des „Rex tremendae“ oder des „Confu- tatis“ vor dröhnender Bedeutungs- schwere. Wie überhaupt die Domspat- zen sich durchweg in blendender Ver- fassung präsentierten, einzig die Bass- gruppe hätte man sich in den instru- mental nicht verdoppelten Passagen eine Spur präsenter vorstellen kön- nen. Die instrumentale Klasse von Concerto Köln nahm man nach dem Beethoven-Einstieg beinahe schon selbstverständlich hin. Bleibt die Qua- lität des Solistenquartetts zu rühmen: Bei aller stimmlichen Individualität verschmolz dieses zu einem Ensemble- klang und setzte, etwa im fließend, aber nicht unruhig angegangenen „Re- cordare“, spirituelle Ruhepunkte. Ein überstrahlender Sopran Joel Frederiksen stellte das „Tuba mi- rum“ mit klanglich nuancierter Auto- rität in den Raum, Robert Buckland hatte mit dem exponierten „Mors stu- pebit“ keinerlei Probleme, konnte viel- mehr vom zunächst zurückgenomme- nen „Unde mundus“ aus eine bezwin- gende Steigerung ansetzen. Dorothée Rabschs fein geführter, etwas volumi- nöserer Alt schließlich, korrespondier- te aufs Trefflichste mit Dorothee Mields’ alles überstrahlendem, dabei Wärme und Anteilnahme verströmen- dem Sopran. Ein würdiger Auftakt der Tage Alter Musik also, die nun von Beethoven aus bis ins Mittelalter zurückblicken werden, um schließlich wieder bei Haydn anzukommen. ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● VON JUAN MARTIN KOCH, MZ Glänzender Auftakt für Tage alterMusik ERÖFFNUNG Die Domspatzen und Concerto Köln interpre- tierten Beethovens 1. Sinfo- nie und Mozarts „Requiem“. Die Regensburger Domspatzen eröffneten mit dem Concerto Köln die Tage alter Musik in Regensburg. Foto: altrofoto.de Joel Frederik- sen ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● CONCERTO KÖLN ➤ Concerto Köln ist auf historische Musik des 18. und frühen 19. Jahr- hunderts spezialisiert. ➤ Gegründet wurde das Or- chester 1985 von Studenten der Kölner Musikhochschule. Künstlerischer Leiter ist Flö- tist Martin Sandhoff. ➤ Das Orchester wurde mit bedeutenden nationalen und internationalen Preisen aus- gezeichnet, darunter der Grammy Award.

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