Tage Alter Musik – Almanach 2013

Erst vor wenigen Jahren wurde das Oratorium „Jahel“ des italieni- schen Komponisten Baldassare Galuppi(1706 bis 1785) inder Zür- cher Zentralbibliothek entdeckt − und wenn das Werk nicht die statt- liche Länge von zweieinhalb Stun- den hätte, wäre man versucht, es als musikalisches Kleinod zu be- zeichnen. Das Interessante an dieser 1770 entstandenen Komposition ist un- ter anderem, dass sie schon die Zü- ge der Klassik trägt, während sie gleichzeitig noch Einflüsse des Ba- rock aufweist. Zudem erzählt das Werk die blutrünstige Bibelge- schichte um die Keniterfrau Jahel, welche den kanaanitischen Feld- herrn Sisara tötet, um die Unter- drückung des Volkes Israel zu be- enden, in einer für das 18. Jahrhun- dert seltenen Leidenschaft, Inten- sität und Virtuosität. Dafür stehen auch Details wie die eingearbeitete konzertierende Mandoline oder die sehr anspruchsvollen Kolora- turen. Auf einen Chor verzichtete Galuppi in diesem Oratorium, da- für legte er die sechs Frauenstim- men (vier Sopran, zwei Alt) mit vir- tuosen Passagen an. Bei den diesjährigen und damit 29. Regensburger Tagen Alter Mu- sik wurde das vor kurzem ausge- grabene Werk nun durch die italie- nischen Ensembles Capella Arte- misia und Orchestra Barocca di Bologna in der St.-Oswald-Kirche in einer überzeugenden und fes- selnden Interpretation aufgeführt. Das fing schon damit an, dass das Orchester unter der Leitung von Paolo Faldi von Beginn an einen vorbildlich geschlossenen Ein- druck machte und auch in Bezug auf die Intonationsreinheit nichts zu wünschen übrig ließ. Durch das ständige Variieren der Generalbass-Besetzung zwi- schen der lautenartigen Chitarro- ne und der Truhenorgel schuf Faldi Tod dem Feldherrn! Exquisite Entdeckung: Oratorium „Jahel“ bei Regensburger Tagen Alter Musik eine abwechslungsreiche Klang- farbenpalette in den Secco-Rezita- tiven. Auch die ungewöhnliche Flötenregistrierung beiderTruhen- orgel in der letzten Arie von Jahels Mann Heber und die von Stefano Albarello mit Esprit in Szene ge- setzte Mandoline bereicherten das Spektrum. Zudem fiel die effektive Dynamikarbeit des Orchesters po- sitiv auf. Die vier Sopranistinnen Pamela Lucciarini (im Part der Jahel), Sil- via Vajente (Debbora), Patrizia Vaccari (Nabal) und Floriana For- nelli (Heber) sowie dieAltistinEle- na Biscuola (Barac) überzeugten durch eine bis in die Koloraturen saubere Intonation, eine verständ- liche Textartikulation und Durch- setzungsvermögen. Die Altistin Candace Smith (Sisara) fiel hier mit ihrer dünnen Stimme hingegen deutlich ab. Insgesamt aber eine inspiriert vorgetragene musikali- sche Rarität. Stefan Rimek Orchestra Barocca di Bologna in der St.-Oswald-Kirche

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