Tage Alter Musik – Almanach 2014

Deutschlandfunk „Konzertdokument der Woche“, 12. Oktober 2014 Redaktion: Christiane Lehnigk Autor: Thomas Daun 1. Teil Bande Montréal Baroque – „Sechs Neue Brandenburgische Konzerte“, Aufnahme 7. Juni 2014, Dreieinigkeitskirche Regensburg Die kanadische „Bande Montréal Baroque“ zählt zu den renommiertesten Ensembles der Alte Musik Szene in Nordamerika. Im Juni dieses Jahres gastierte das barocke Kammerorchester bei den Tagen Alter Musik Regensburg und präsentierte in zwei Konzerten Musik von Johann Sebastian Bach. Auszüge daraus stehen heute Abend hier auf dem Programm. Dazu begrüßt Sie Thomas Daun. Die Kantaten bilden im umfangreichen Kompositionswerk Johann Sebastian Bachs einen besonderen Schwerpunkt – das spiegelte sich in den beiden Konzerten der „Bande Montréal Baroque“. Am 9. Juni 2014 interpretierte das Ensemble unter dem Motto „Kantaten über Leben und Tod“ fünf dieser Kompositionen. Drei dieser Kantaten werden im zweiten Teil des Konzertdokuments der Woche zu hören sein. Zwei Tage zuvor, am Pfingstsamstag, stellte das kanadische Orchester in der Regensburger Dreieinigkeitskirche sein Programm „Sechs Neue Brandenburgische Konzerte“ vor. Der Oboist und Musikwissenschaftler Bruce Haynes bearbeitete Arien und Chorsätze aus verschiedenen Bach-Kantaten für Instrumente und stellte sie zu kleinen instrumentalen Suiten nach Art der Brandenburgischen Konzerte zusammen. Es handelt sich bei den „Sechs Neuen Brandenburgischen Konzerten“ also um fiktive Werke, wie sie Bach hätte schreiben können. Nach der Aufführung in Regensburg diskutier- ten Fachleute und Publikum kontrovers über diese Art des Umgangs mit dem Werk von Bach. Im Konzert hatte die Bande Montréal Baroque zuvor ohne intellektuelle Hemmungen schwungvoll und mit hörbarem Spaß die Bearbeitungen von Bruce Haynes präsentiert. Hier ist das Brandenburgische Konzert Nr. 7 D-Dur für Oboe, Horn, Trompete, Pauken, Streicher und Basso continuo – aufgenommen am 7. Juni 2014 in Regensburg. Musik: Konzert Nr. 7 Das Brandenburgische Konzert Nr. 7 D-Dur – ein fiktives Werk im Stile Johann Sebastian Bachs, das der kanadische Musikwissenschaftler Bruce Haynes aus Kantatensätzen des barocken Meisters zusammenstellte. Es spielte die Bande Montréal Baroque unter der Leitung von Eric Milnes. O-Ton: Eric Milnes „In den Bach Kantaten gibt es über eintausend Kompositionen, Chorstücke oder Arien, die man in dieser Art bearbeiten könnte. Tausende wundervoller Vokalstücke, die man leicht in Triosonaten oder auch Solosonaten verwandeln könnte. In den letzten Jahren gibt es viele Interpreten, die ein Instrumentalkonzert für ein anderes, nämlich ihr eigenes Instrument bearbeiten, so wie es Bach selbst auch oft getan hat. Wir gehen eigentlich nur einen kleinen Schritt weiter und benutzen Werke, die nicht unbedingt für ein Instrument komponiert wurden, sondern für die Stimme. Und wir freuen uns über dieses neue Format.“ Im erhaltenen Kompositionswerk Johann Sebastian Bachs spielt die instrumentale Kammermusik eine eher unbedeutende Rolle. Das muss aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass Bach für kleinere Ensembles wenig komponierte. Gambistin Susie Napper, Mitbegründerin der Bande Montréal Baroque, hat eine andere Erklärung. O-Ton: Susie Napper „Das Problem begann mit Bachs Tod. Er vererbte seine Notenmanuskripte an einige seiner Söhne. Der größte Teil der geistlichen Werke ging an Phillip Emanuel. Das war gut, denn er war sehr ordentlich und kümmerte sich um das Material. Aber seine Kammermusik: wir kennen Bach nicht wirklich als Kammermusik-Komponisten. Die Frage ist, warum gibt es so wenig von ihm? Er hinterließ den größten Teil der klein besetzen Werke seinem ersten Sohn, dem Lieblingssohn Wilhelm Friedemann. Der aber verfiel der Trunksucht und dem Glücksspiel; um die Kammermusik seines Vaters kümmerte er sich nicht. So ging die im Laufe der Jahre verloren. Das bedeutet, dass nur wenige kammermusi- kalische Werke von Bach erhalten sind – und das ist sehr schade.“ Papier war Mitte des 18. Jahrhunderts außerordentlich wertvoll und teuer. Es ist also durchaus denkbar, dass der älteste Bach-Sohn seine Haushaltskasse aufbesserte, indem er das Notenpapier verkaufte… O-Ton: Eric Milnes „Verkauft zum Beispiel an Metzger, die Fleisch darin einwickelten. Papier war sehr wertvoll, es war mehr wert, als das, was darauf geschrie- ben war. Friedemann und seine Frau lebten in sehr schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen. Und da lagen diese vielen Stapel wertvollen Papiers herum. Die wurden verkauft – mal, um sie um Baumstämme zu wickeln, damit diese vor Insekten geschützt waren; oder zum Einwickeln von Fleisch.“ Hören Sie die Bande Montréal Baroque mit dem „Neuen Brandenburgischen Konzert Nr. 9“ für Streicher und Basso Continuo – eine Aufnahme vom 7. Juni aus der Dreieinigkeitskirche in Regensburg. Musik: Konzert Nr. 9 Das Konzert Nr. 9 D-Dur für Streicher und Basso continuo aus den „Sechs Neuen Brandenburgischen Konzerten, die der 2011 verstorbene Musikwissenschaftler Bruce Haynes aus Kantatensätzen Johann Sebastian Bachs zusammenstellte. Sie hörten eine Aufnahme von den Tagen Alter Musik Regensburg 2014. Der Auftritt der Bande Montréal Baroque stieß beim Publikum auf ein geteiltes Echo; während die meisten Konzertbesucher begeistert rea-

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