Tage Alter Musik – Almanach 2016

10 „Barokkanerne“ – da muss man sich erkun- digen, was das heißt. „Die Barocker“ könnte es als norwegisches Wortspiel sein oder „Die barocken Kerle.“ Sie kommen aus Oslo, und in Regensburg sind sie bei den „Tagen Alter Musik“ zum ersten Mal – sie kommen aber angesichts des Beifallssturms für ihr Tele- mann/Bach-Konzert in St. Oswald sicher bald wieder. ” Gäste aus Oslo begeistern bei den Tagen Alter Musik“ Das Festival bewährt sich auch zum 32. Mal als Instrumenten-, Musiker-, CD- und Rari- tätenmesse; fast alle 16 Konzerte an vier Ta- gen sind ausverkauft. Kein Wunder bei so hinreißenden zwei Stunden wie von den starken Barockern aus demNorden. Die ha- ben sich mit Alfredo Bernardini einen Top- Mann des Alte Musik-Geschäfts geschnappt. Der spielt hinreißend Oboe, mischt d'amore mit da caccia – also die Liebe mit dem Jagd- vergnügen. Er schickt gleich drei Oboen für eine Ouvertüre ins Treffen. So liebt das Pu- blikum aus ganz Europa (diesmal besonders aus England) seine Alte Musik: „historisch informiert“ ist aber Voraussetzung. Man erlebt dann solche faszinierenden Pas- sepieds wie bei Telemann oder den Kontrast, wie ihn die Altistin Marianne Beate Kielland mit innigweicher Melodienlust für den Ekel am sündigen Leben schafft: höchstmögliche Kantaten-Kompetenz. Man weiß, der nächste Höhepunkt wartet in zwei Stunden: Hans-Christoph Rademann versuchte mit seinem Dresdner Kammer- chor und dem Dresdner Barockorchester den Klangzauber von Heinrich Schütz' Psal- men Davids und ihrer venezianischen Dop- pelchörigkeit in die Dreieinigkeitskirche zu transferieren – nicht ganz gelang Rademann im Gegensatz zu seiner CD-Einspielung die Klangbalance. Noch am ehesten stellte sich das Akustik- wunder bei den im Kirchenschiff verteilten Capellchören ein, manches von den Favorit- chören kam nur dünn an – ein bisschen ent- täuschend. Wenn der gesamte Kirchenraum einbezogen wird, offenbart sich gleichwohl die Genialität des Konzepts, der Beifall für Rademann war lautstark und konkurrierte mit der Pracht von Pauken und Trompeten. Ewige Kassenschlager Wie faszinierend nicht nur Musik-Ge- schichte sein kann, erlebte man in den we- nigen Minuten Wartezeit vor St. Emmeram: in der Vorhalle mit ihren antiken, byzantini- schen, karolingischen, romanischen Spuren, denen im Innenraum dann die Barockpracht der Familie Asam folgt. Und ein interessan- tes Thema: der Musikmarkt des 18. Jahrhun- derts. Den beleuchtet das European Union Baroque Orchestra mit dem Motivations- wunder Rachel Podger an der Spitze und all den Großmeistern, mit denen sich damals wie heute Geld verdienen lässt. „Barocke Pracht“ // 20. Mai 2016 // Autor: Uwe Mitsching Die Dreieinigkeitskirche in ungewohnter Perspektive Foto: Privat

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