Tage Alter Musik – Almanach 2016

schen Möglichkeiten und als womöglich wichtigstes Bindeglied zwischen Barock und Klassik. Ein herausragendes Album. Dirk Kruse über die neue Carl-Philipp-Ema- nuel-Bach-CD von Ophélie Gaillard und dem Pulcinella Orchestra. Erschienen ist sie beim Label Aparte, und diesen CD-Tipp können Sie wie immer auch im Internet nachhören und nachlesen unter brklassik.de . Und damit ist es 12 Uhr … Musik: Gesualdo, Il sol Manchmal hat er auch richtig unbeschwerte Madrigale geschrieben: Carlo Gesualdo, der berüchtigte Renaissance-Fürst, der bekannt- lich seine erste Frau mit einem Liebhaber er- tappte und beide kurzerhand ermordete. Be- rühmt ist Gesualdo aber natürlich vor allem durch seine düsteren Kompositionen mit ih- ren schmerzverzerrten Dissonanzen, ihrer bizarren Chromatik, ihren harmonischen Rückungen, bei denen dem Hörer der Bo- den unter den Füßen weggezogen wird. Und solche Stücke standen auch im Zentrum des Nachtkonzerts am Samstag mit einem der besten Vokalensembles Europas: mit der Compagnia del Madrigale rund um die So- pranistin Rosana Bertini. ” O-Ton Rosana Bertini: „Gesualdo war ein ziemlich depressiver Mann, er hatte kein einfaches Le- ben, denn er war sehr sensibel, aber lebte in einer schwierigen Umgebung, dem neapolitanischen Adel mit seinen sehr speziellen Regeln. Laut diesen Regeln war Gesualdo z. B. einfach verpflich- tet, seine Frau zu töten. Er hatte eine Frau geheiratet, die ihn wahrscheinlich nicht liebte, die bereits Witwe war, die bereits an- dere Erfahrungen bereits hinter sich hatte und die er dann mit ei- nem Liebhaber gefunden hat, und als er das erfahren hat, war er ge- zwungen sie zu töten. Das bedeu- tet nicht, dass er sie töten wollte, sondern er tat, was die Regeln von ihm verlangten. Später hat er sei- nen Sohn verloren, hatte also kein einfaches Leben, war ziemlich in- trovertiert und das merkt man in seiner Musik. Aber für uns ist das nicht das Entscheidende: Für uns ist er vor allem ein ganz hervor- ragender Komponist.“ Musik: Gesualdo, O dolce mio tresore Gänsehaut-Musik in der nächtlichen Kirche: das war das Gesualdo-Konzert mit der Compagnia del Madrigale vorgestern bei den Tagen Alter Musik in Regensburg. Und während die sechs Vokalisten aus Italien den Zuhörern einen Schauer nach dem anderen über den Rücken jagten, stand ganz un- scheinbar ein Mann an eine Säule gelehnt, in Jeansjacke und mit einem Rucksack auf dem Rücken, ohne den es all diese Gänsehaut- Momente in Regensburg nicht geben würde: Ludwig Hartmann, der das Festival zusam- men mit Stephan Schmid 1984 gegründet hat und seither leitet. Und das bedeutet: mo- natelange Vorbereitungen, die Auswahl der Künstler, die Organisation der Konzerte, al- les ehrenamtlich – und dann ist heute abend, nach vier intensiven Festival-Tagen, alles BR Klassik 15 La Ritirata Foto: Hanno Meier

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