Tage Alter Musik – Almanach 2016

26 Wie gelingt es einem so kleinen Team von ge- rade einmal drei Leuten jedes Jahr aufs Neue, die führenden Ensembles der Alte-Musik- Szene nach Regensburg zu holen? L UDWiG H ARTMAnn : Unser Antrieb ist die Begeisterung für Alte Musik, die schier un- endliche Lust am Entdecken und der Reiz an vier Festivaltagen die große Bandbreite von etwa 800 Jahren Musikgeschichte in den wunderbaren historischen Sälen und Kir- chen der Weltkulturerbestadt Regensburg in exemplarischen Konzerten abzubilden. Weil unsere finanziellenMöglichkeiten nicht groß sind, muss die Organisationsstruktur so schlank wie möglich sein. Im Prinzip ma- chen wir nahezu alles, was an Arbeit im Zu- sammenhang mit dem Festival anfällt. Wir, das sind zwei Ehrenamtliche, Stephan Schmid und ich, die wir das Festival vor 32 Jahren gegründet haben und Paul Holzgart- ner, den wir vor 17 Jahren als Geschäftsleiter engagiert haben. Mittlerweile ist das Festival hochangesehen und hat auch international einen ausgezeichneten Ruf. Da steckt viel Herzblut und viel Freizeit drin. Wie entdecken Sie noch weniger bekannte So- listen und Ensembles, denen nicht selten nach ihrem Regensburg-Debüt international der Durchbruch gelingt? L UDWiG H ARTMAnn : Da gibt es verschie- dene Wege. Zum einen bekommen wir tag- täglich unglaublich viele Bewerbungen zu- geschickt, zum anderen beobachten wir ganz intensiv die weltweite Szene der Alten Musik und verfolgen die Entwicklungen auf dem Tonträger- und Videomarkt. Dabei ist un- sere jahrzehntelange Erfahrung durchaus hilfreich. Auch programmatisch erfinden sich die Tage Alter Musik immer wieder irgendwie neu. Ge- hen Ihnen nach 32 Jahren nicht allmählich die Ideen aus? L UDWiG H ARTMAnn : Nein, überhaupt nicht. Die Alte-Musik-Szene ist so lebendig und vielfältig und unser Entdeckerdrang noch immer ungebrochen. Es ist eher so, dass wir unsere Ideen oft den finanziellen und perso- nellen Möglichkeiten des Festivals anpassen müssen. Es gibt mittlerweile an vielen Orten Konzert- reihen, die sich der mustergültigen Interpre- tation alter Musik widmen. Was ist das Be- sondere am Regensburger Festival? L UDWiG H ARTMAnn : Das Besondere der Re- gensburger Tage Alter Musik ist sicherlich die Tatsache, dass der Besucher konzentriert an vier Festivaltagen intensiv in eine Musik- welt eintauchen kann, die etwa 800 Jahre Musikgeschichte umfasst der unterschied- lichsten Genres, sei es Vokal- oder Instru- mentalmusik, sei es geistliche oder weltliche Musik oder, oder.... Er bekommt dabei eine hohe Qualität geboten von herausragenden Spezialisten-Ensembles. Dazu kommt das historische Ambiente der Kirchen und Säle und er braucht kein Auto, weil alle Konzert- orte fußläufig erreichbar sind. Und was si- cherlich nicht zu unterschätzen ist, er trifft sich mit vielen Gleichgesinnten zu den Kon- zerten und auch noch danach. Vor wenigenWochen starb mit Nikolaus Har- noncourt einer der Pioniere der historischen Aufführungspraxis. Hat er Ihre Entscheidung Mitte der 1980er Jahre beeinflusst, mit be- scheidensten Mitteln das Festival in Regens- burg zu wagen? L UDWiG H ARTMAnn : Indirekt vielleicht, weil ich in meiner Jugendzeit als Knabensopran der Regensburger Domspatzen mit Harnon- court die Bach’sche Matthäuspassion auf Schallplatte aufnehmen durfte. Das war höchst beeindruckend wie er Musik erklärt und gemacht hat und hat sicherlich bei mir das Interesse für die historische Auffüh- rungspraxis schon in jungen Jahren geweckt. Ist Harnoncourt jemals bei den Tagen Alter Musik in Regensburg aufgetreten? L UDWiG H ARTMAnn : Nein, das hat sich nicht ergeben. Werden Sie auch noch bei der 50. Auflage der Tage Alter Musik ganz vorne mitmischen? L UDWiG H ARTMAnn : Das hoffen wir. DPA-Interview mit Ludwig Hartmann, einem der künstlerischen Leiter der TAGE ALTER MUSIK REGENSBURG // 8. Mai 2016 Mobiler CD-Verkauf am Konzertort Foto: Hanno Meier

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