Tage Alter Musik – Almanach 2016

Mittelbayerische Zeitung 38 Shakespeares Sturm: Das ist eine Geschichte vonWind und Wetter, von Luftgeistern und Despoten, von Söhnen und Töchtern, von Naturkindern und Prinzen. Passend zu Sha- kespeares 400. Todestag gibt es auch bei den Tagen Alter Musik eine Adaption davon, mit dem Ensemble sinn&ton. Die Schauspielerin Christine Marx hat das Stück für Jugendliche passend gemacht und mit minimalem szenischen Aufwand auf die Bühne des Neuhaussaales gebracht. Die Gei- ger Rahel Mai und Heinrich Kubitschek suchten Musik der Zeit dazu aus und mach- ten sie für die Besetzung mit zwei Violinen, Viola, Violoncello und Cembalo passend. Schade nur, dass die Lieder mit Shakespeares Originaltexten von Robert Johnson oder Henry Purcell nicht gesungen erklangen, sondern instrumental. Liebevoll arbeitete man am Detail. Be- sonders gut gelang die Schiffbruch-Szene: die beiden Skipper mit dem Dreispitz auf dem Kopf hielten sich, Mast und Segel in so heftiger Bewegung, dass man schon vom Zuschauen beinahe seekrank wurde. Blitze und Theaterdonner sorgten für die nötige Aufregung, Chaconnen, Pavanen, Fantasien für die musikalische Untermalung. Christine Marx war in die Rolle der erwach- senen Miranda geschlüpft und erzählte ihre Sicht der Dinge. Cellist James Bush als wil- der Caliban sprach, schrie und jammerte durchwegs in Englisch. Er war auch die Lieb- lingsfigur der vielen Kinder im Publikum, weil seine Emotionen ganz offen lagen: mal war er wild und ungebärdig, gleich drauf versteckt er sich laut zitternd und zähneklap- pernd unter einer Decke, bald drauf wurde er selbst König auf seiner nur noch von ihm bewohnten Insel. Man musizierte durchaus gepflegt auf dem barocken Instrumentarium. Cembalistin Sa- bine Erdmann improvisierte, wenn es galt, Verbindungen herzustellen. Mein zehnjäh- riger Begleiter Johannes gab der Veranstal- tung die Note 2,75. Lustig sei es schon gewe- sen, sagt er, aber manchmal sei es einfach zu langsam gegangen. Die Abläufe hatten zu wenig Tempo. Aber wie man ein Schiff in Seenot darstellen kann, das wissen jetzt alle kleinen und großen Besucher. Und wie die Musik zu Shakespeares Zeit klang, das haben sie auch erfahren. Das Ensemble sinn&ton brachte im Neu- haussaal Regensburg Shakespeares „Sturm“ auf die Bühne. Schauspielerin Christine Marx machte das Stück für Jugendliche passend. Foto: altrofoto.de Wilder Shakespeare für junges Publikum Ungebärdig, aber manchmal zu langsam: Das Ensemble sinn&ton brachte den „Sturm“ im Regensburger Neuhaussaal auf die Bühne Von Claudia Böckel, MZ Mag auch beim samstagnachmittäglichen Konzert in der Oswaldkirche Alfredo Ber- nardini mit seinem geschmeidigen Oboen- spiel als Solist in einem c-Moll-Konzert Te- lemanns bestechen, Christian Kjos mit fili- granen Tongirlanden in seinen konzertanten Orgelpassagen, so kann sich doch die norwe- gische SängerinMarianne Beate Kielland am wirkungsvollsten in Szene setzen: in zwei So- lokantaten Bachs gestaltet sie die Altpartien ebenso wohlartikuliert wie ausdrucksinten- siv, schlank und doch mit weittragender Ton- fülle. Mit idyllischer Ruhe zeichnet sie an- fangs die Linien von Bachs „Vergnügter Ruh, beliebter Seelenlust“, um gleich darauf, im folgenden Rezitativ, eindringliche Rhetorik zu entwickeln. Geradezu fanfarenhaft hebt sie später, in Bachs „Geist und Seele wird ver- wirret“ das Textwort „Jauchzen“ hervor, und lässt das abschließende „fröhliche Halleluja“ tänzerisch beschwingt erklingen. Die Musik Georg Philipp Telemanns, der als angeblich blosser „Vielschreiber“ lange ge- ring geschätzt wurde, erfährt seit einigen Jahren ihre berechtigte Rehabilitation. Das norwegische Orchester „Barokkanerne“ macht bei seinem Deutschlanddebüt im Rahmen der „Tage Alter Musik“ neuerlich Lust auf Telemann. Im Dialog wie Miteinander von Streichern und Oboen erschliesst „Barokkanerne“ mit federndem Spiel den schier überbordenden Einfallsreichtum von dessen „Ouverture“ in B-Dur, in denen zwischen Tanzsätzen fran- zösischen Geschmacks überraschend eine englische „Hornpipe“ und einige pro- grammatisch inspirierte Sätze erscheinen. Diskret geleitet von Alfredo Bernardini gibt das norwegische Ensemble den einzelnen Suitensätzen klares Profil: dem gemessen- höfischen Menuett wie der sanft klagenden „Plainte“, dem rhythmisch pikanten „Passe- pied“ ebenso wie dem von Streichertremoli erregten „Combattimento“. Zwischenapplaus unterbricht einmal sogar die Aufführung: nach der temporeichen, mit viel dynami- schen Überraschungen aufwartenden „Hornpipe“. Harmonische Klänge aus Oboe und Orgel Das norwegische Orchester „Barokkanerne“ macht beim Deutschlanddebüt im Rahmen der „Tage Alter Musik“ Lust auf Telemann Von Gerhard Dietel, MZ Marianne Beate Kielland und Alfredo Ber- nardini Foto: altrofoto.de

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