Tage Alter Musik – Almanach 2016

Mittelbayerische Zeitung 39 Von Höhepunkten eines Festivals zu spre- chen, ist immer schwierig. Im Falle des Kon- zerts mit dem Dresdner Kammerchor und demDresdner Barockorchester am Samstag- abend unter der Leitung von Hans-Chris- toph Rademann geht man dabei kein Risiko ein. Die Psalmen Davids von Heinrich Schütz entfalteten sich bei den Tagen Alter Musik in ihrer venezianischen Mehrchörig- keit von verschiedenen Position aus. In wechselnden instrumentalen und vokalen Besetzungen fanden die Psalmenvertonun- gen in der Dreieinigkeitskirche zu einer ein- dringlichen und prächtigen Darbietung, mal kammermusikalisch intim, dann wieder vol- ler Jubel und Strahlkraft. Das alles geschah auf dem fruchtbaren Bo- den eines exzellenten Ensembles, das in der Lage war, die plastische Darstellung der Psal- men in unterschiedlichsten Besetzungen bis ins Letzte auszuloten, ohne über die lange Strecke müde zu werden. Zudem gelang das mit einer hohen Textverständlichkeit, die das Textblatt überflüssig machte. Dazu ge- sellte sich als Favoritchor ein überragend gut besetzte Solistengruppe (darunter die Sopra- nistin Gerlinde Sämann, der Altus David Er- ler, Charles Daniels als Tenor und der Bassist Lisandro Abadie), die virtuos und expressiv ihre Soli zeichnete. Ebenso bestach die Ba- lance in der Mehrchörigkeit und der Instru- mentierung. Rademann hatte mit einem kraftvollen Di- rigat alles imGriff, war mehr als nur ein Or- ganisator und Einsatzgeber im großen Ge- flecht der Mehrchörigkeit. Es entstand eine dichte Atmosphäre bis in die letzte Ritze der Kirchenmauer, die in den prächtigen Psalm 136 „Danket demHerrn, denn er ist freund- lich“ mit Trompeten und Posaunen als Fern- chor fulminant mündete. Die Begeisterung war zurecht. Ein großer Abend. Prächtig dargebotene Psalmvertonungen Dresdener Kammerchor und Barockorchester interpretierten in der Regensburger Dreieinigkeitskirche Musik von Heinrich Schütz Von Andreas Meixner, MZ Ein Höhepunkt bei den Tagen Alter Musik: das Konzert von Dresdner Kammerchor und Barockorchester in der Dreieinigkeits- kirche Foto: altrofoto.de Es war ein ruhiges und edles Konzert, dass sich am Samstagvormittag wie feine Seide über die Zuhörer des Regensburger Reichs- saals legte. Das Gambenconsort L’Achéron lud zu Englischer Tanzmusik aus der Feder von Anthony Holborne. Musik strömt wie Balsam aus den Gamben Wenig weiß man von dem Komponisten, nur aus dem 1599 erschienenen Band von Musikstücken für Consort geht hervor, dass er im Dienst von Königin Elisabeth stand. Weitere biographische Anhaltspunkte sind dürftig. So umweht seine Musik auch der Hauch des Geheimnisvollen. Tanzmusik ist es dabei nur noch imAnsatz, eher hörte man stilisierte, überhöhte Instrumentalstücke, die sich in leicht rhythmisierter Form von Pava- nen und Gavotten bewegen und wiegen. Energischer wurde es bestenfalls, wenn Laute, Cister oder Pandora in die Saiten grif- fen. Ansonsten strömte die Musik wie Bal- sam aus den Gamben, sonor unterlegt vom wohlklingenden Cembalo aus der Werkstatt von Christoph Kern. Die Instrumentalisten aus Luxemburg ging dabei ganz in ihrer hö- fischen Welt auf, fast ansatzlos wurden die Bögen gezogen. Die dynamische Gestaltung entwickelte sich organisch, im blinden Ver- ständnis von Polyphonie und Zusammen- spiel. Das alles im ruhigen Puls und großer Intensivität leidenschaftlicher Musiker, die ihr Handwerk verstehen und den Klang des Elisabethanischen Zeitalters lieben. Nur so konnte es passieren, dass das Publikum ebenso völlig in das London des 16. Jahr- hunderts abtauchen konnte. Dazu musste man gewiss kein Kenner der Alten Musik sein, sondern lediglich sein Herz für die zarte und entrückte Musik des sympathi- schen Ensembles öffnen. So einfach ist es oft. Englische Tanzmusik in feinster Seide Das Gambenconsort L’Achéron aus Luxemburg verzauberte das Publikum im Historischen Reichssaal in Regensburg Von Andreas Meixner, MZ Gambenconsort L’Achéron Foto: Hanno Meier

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