Tage Alter Musik – Almanach 2017

BR Klassik 23 Besonders beeindruckend fand ich am Samstag zum Beispiel miguel Tantos, der mit der renaissance-posaune wild improvi- siert hat; ian Harrison, wie ist das für die en- semblemitglieder oder wie ist das auch für Sie mit der Schalmei oder mit dem Dudel- sack? in der mittelalterlichen musik wird auch improvisiert, aber Jazz ist ja doch was ganz anderes… i an H aRRison : „Ja, die mittelalterlichen und Renaissance-Melodien verstehe ich, und ich kann keine Melodien spielen, ohne irgendeine Harmonie zu hören, sei es eine mittelalterli- cheMelodie oder eine Jazzmelodie oder wie auch immer. Solange die Stücke in dem Be- reich sind, den ich verstehen kann, kann ich ein bisschen wie ein Jazzmusiker dazu impro- visieren, dann kann man als Musiker mit mittelalterlicher Musik super Spaß haben. Wie wichtig ist denn der Spaßfaktor für Sie beimmusizieren, was macht ein gelungenes Konzert aus? i an H aRRison : Es gibt natürlich in der Musik nicht nur Spaß, man sagt, dass ein gelungenes Konzert alle vier Temperamente bedienen soll: nicht nur die Choleriker und die Sangui- niker, sondern auch die Phlegmatiker und die Melancholiker. Für uns ist der Spaßfaktor in unseren Programmen für Gesine und mich sehr hoch geschrieben. Und andere Konzerte, wie hier in Regensburg, können gut die ande- ren Gemüter bedienen. Es gibt ganz viel intel- lektuelle Musik, es gibt traurige Musik, es gibt komplizierte Musik - also imAlten-Musik-Be- reich gibt es viele Gruppen, die das machen. Wir lassen uns leiten oder führen von dem, was wir einfach geil finden und was uns Spaß macht, und wir sind froh darüber, dass es beim Publikum rüberkommt. Das tut es auf jeden Fall: der Funke ist über- gesprungen! ich wünsche ihnen noch viel Spaß bei dem, was Sie tun. Danke, dass Sie ins Studio gekommen sind. Musik: Chançona tedesca eine Canzona tedesca aus dem 14. Jahrhun- dert in einer Latin-Version – Teil des pro- jekts „ars supernova“, mit dem das ensemble Les Haulz et les Bas den publikumspreis beim erzgebirgefestival „Nachtklang“ ge- wonnen hat. am Samstag haben die Freibur- ger musiker dieses projekt nun auch bei den Tagen alter musik regensburg zur Diskus- sion gestellt. Sie hören das Tafel-Confect auf Br-KLaSSiK, heute aus dem Studio regens- burg mit mitschnitten aus dem laufenden Festival – und so klang es gestern abend ge- gen mitternacht in der Schottenkirche. Musik: Salomone Rossi Sonata Stimmungsvolle Nachtmusik - eine Sonata von Salomone rossi, gespielt vom tschechi- schen originalklang-ensemble Cappella mariana, das allerdings nicht nur aus instru- mentalisten besteht, sondern in erster Linie ein Vokalensemble darstellt, so der Dirigent Vojtech Semerad. ” O-Ton Vojtĕch Semerád: Ich habe mein Vokalensemble 2008 ge- gründet, mit den Kollegen, mit denen ich vorher als Geiger in Ba- rockensembles gespielt hatte. Ich habe sie damals einfach gefragt, ob sie nicht Lust hätten, ein etwas früheres Repertoire zu singen. Keiner von ihnen hat Gesang stu- diert, aber wir beschlossen, es ein- fach so zu probieren. So haben wir also angefangen, und das hat allen möglichen Leuten Lust ge- macht, mitzumachen: da kamen dann Kollegen wie Hana Blaží- ková, Tomáš Král, Barbora Ka- bátková – eine Schulkameradin von mir – dazu. Und da wir ja Tschechen sind, ist es unsere Spe- zialität, vergessene Schätze unse- rer Vergangenheit aus den tsche- chischen Archiven heben. Und so stand auch gestern abend musik aus prag im mittelpunkt, musik, komponiert während der regentschaft von Kaiser rudolf ii., der seine Hofhaltung 1583 auf die prager Burg verlegt hatte. Sein Kapellmeister dort war der Flame philippe de monte – hier das Sanctus aus seiner doppelchörigen messe über die motette „Confitebor tibi Domine“ von orlando di Lasso. Musik: Philippe de Monte: Sanctus Die Cappella mariana unter Vojtĕch Se- merád mit einer messe von philippe de monte gestern abend in der regensburger Schottenkirche. Die macher der Tage alter musik sind seit anfang dieselben. Ludwig Hartmann und Stephan Schmid haben das Festival 1984 gegründet und damit einen festen Termin in den Kalendern all jener eta- bliert, die für historisch informiert gespielte musik etwas übrig haben. gudrun pe- truschka hat sich mit den beiden getroffen, um etwas mehr darüber zu erfahren, wie die organisation dieses Festivals funktioniert. am gründonnerstag haben Hartmann und Schmid sie zu einem Treffen bei deren Lie- blings-italiener in der regensburger alt- stadt mitgenommen. Reportage: Organisation Tage Alter Musik (TAM) l udwiG H aRtMann : Wir sind hier häufig, das ist auch unser Festival-Lokal, wo wir im- mer unsere Sitzungen abhalten, wenn’s was zu besprechen gibt. G udRun P etRuscHka : Wie oft treffen Sie sich, übers Jahr verteilt, denn Sie wohnen ja in münchen, Herr Hartmann? l udwiG H aRtMann : Ich habe zwei Wohn- sitze, ich wohne in Regensburg und ich wohne in München, man muss ja auch Geld verdie- nen, das tue ich in München, und die Tage Al- ter Musik, die nehmen einen schon ziemlich in Anspruch. Wir treffen uns eigentlich jede Woche einmal. s tePHan s cHMid : Mehr oder weniger, ja. Das ist unser Stammlokal geworden. G udRun P etRuscHka : Das heißt, Sie haben gar nicht so eine art Büro, wo Sie sich tref- fen? s tePHan s cHMid : Wir hätten ein Büro, aber die Atmosphäre ist uns hier im Restaurant ei- gentlich viel angenehmer. l udwiG H aRtMann : Die meiste Zeit ver- bringt der Paul im Büro. Na ja, der verdient ja auch was damit. Wir verdienen ja nix. Das ist der entscheidende Punkt. G udRun P etRuscHka : Beim heutigen Tref- fen, was ist der Hauptaspekt? s tePHan s cHMid : Heute haben wir ein gro- ßes Volumen, das Programm ist da, wir müs- sen die ganzen Korrekturen eintragen, dann geht das Layout wieder zurück, bevor es dann in Druck geht. l udwiG H aRtMann : Gehen wir das mal von vorne durch. Erste Seite. s tePHan s cHMid : Zumindest die Anzeigen sind schon mal komplett. l udwiG H aRtMann : Hast Du das durchge- schaut? s tePHan s cHMid : Das ist schon wichtig, das sind ja alles Einnahmen. l udwiG H aRtMann : Gut, dann gehen wir mal zum ersten Konzert. s tePHan s cHMid : Da würde ich schon sagen, dass die vier Solisten auf eine Seite kommen müssen und der Domkapellmeister dann auf der Rückseite. l udwiG H aRtMann : Soll ich alles in dieses Exemplar reinschreiben?

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