Tage Alter Musik – Almanach 2017

28 Anmoderation: regensburg ist gerade in aller munde. Vor kurzem hat der SSV Jahn regensburg den aufstieg in die zweite Fußball-Bundesliga geschafft, und die Korruptionsaffäre um den regensburger oberbürgermeister Joachim Wolbergs ist auch noch nicht völlig aufge- klärt. Freud und Leid sind also eng beiein- ander in diesen Tagen in regensburg . ob das für die Fans der alten musik, die bei den Tagen alter musik über pfingsten in regens- burg waren, auch gilt? ilona Hanning ist hin- gefahren. Für viele sind die Tage alter musik so etwas wie ein gut sortierter Delikatessen-Laden. man findet hier Köstlichkeiten aus verschie- densten Ländern, entdeckt bisher unbe- kannte Dinge und all das wird einem auch noch kunst- und liebevoll präsentiert. ein besonderes erlebnis in diesem Jahr waren die Nachtkonzerte. Die Cappella mariana präsentierte musik ih- rer Heimatstadt prag, die am Hofe Kaiser rudolfs ii gespielt und gesungen wurde. Die spanische gruppe La grande Chapelle hul- digte mit ihrem programm demwichtigsten spanischen Komponisten des 17. Jahrhun- derts, Juan Hidalgo, und das junge britische Vokalsextett The gesualdo Six hatte renais- sance-musik englischer meister mitgebracht. Musik: The Gesualdo Six, Parsons, Deliver me Feinfühlig loten The gesualdo Six die re- naissance–musik englischer meister aus. ihre interpretation der musik von parsons, Taverner oder Byrd ging unter die Haut und berührte. Keine Frage, ein beeindruckendes Deutschland-Debüt dieser Jungs, auf deren erste CD, die demnächst erscheint, man sich freuen darf. mit dem Trend der Zeit, Crossover-projekte mit Jazzmusikern zu machen, ging die gruppe Les haulz et les bas. Normalerweise spielt das ensemble mittelalterliche Bläser- musik auf Schalmeien, pommern und Du- delsäcken, diesmal musizierten sie zusam- men mit Jazz-musikern aus Freiburg. Musik: les haulz et les bas Keine Frage, Schalmeien zusammen mit Sa- xophon und Jazz-Combo, das groovt, zu- „Allegro“ // 6. Juni 2017 Eindrücke von den Tagen Alter Musik // Autorin: Ilona Hanning interview mit ludwig Hartmann, 30.5.2017 Tage Alter Musik Regensburg 2017 „Uns interessieren radikale Ensembles“ // Was ist in der alte-musik-Szene angesagt? // Was bedeutet historische aufführungspraxis? // Und wo endet die sogenannte alte musik überhaupt? Ludwig Hartmann, der künstlerische Leiter der Tage alter musik re- gensburg, die heuer vom 2. bis 5. Juni in regensburg stattfinden, hat mit Br-KLaSSiK über diese Fragen gesprochen. „es hat sich in den letzten 30 Jahren sehr viel verändert“, sagt Ludwig Hartmann. Seit 1984 leitet er zusammen mit Stephan Schmid das Fes- tival „Tage alter musik regensburg“. Was damals keine Selbstver- ständlichkeit war, ist heute im Konzertleben total etabliert. „Die an- zahl der orchester und ensembles, die sich mit alter musik ausein- adersetzen, ist sehr angewachsen“, sagt Hartmann. Und: auch das Ni- veau der musiker sei mittlerweile sehr hoch. „Wenn man das mit den anfängen vergleicht, ist da schon ein erheblicher Sprung festzustel- len“, betont Hartmann. mittlerweile gibt es eine weltweite alte-musik-Szene, so dass Ludwig Hartmann und Stephan Schmid auch viele ensembles aus dem aus- land einladen können. „ich gehe viel auf Festivals“, verrät Hartmann. „Wir wollen immer eine gute mischung. Dass man auch erfährt, was international sich tut.“ So kommt es auch, dass nur drei deutsche en- sembles bei den 16 Konzerten auftreten: Die regensburger Domspat- zen, Les haulz et les bas und musica Fiata – La Capella Ducale. Was die alte musik betrifft, kursieren Begriffe wie „historisch“ oder „historisch informiert“. Was aber bedeutet das eigentlich? Und was ist der Unterschied? Was muss man als ensemble drauf haben, um bei einem Festival wie den „Tagen alter musik regensburg“ zu spie- len? „Voraussetzung ist, dass man der historischen aufführungspraxis frönt“, sagt Ludwig Hartmann und geht auch gleich auf das Begriffs- Chaos ein. „es wird heute oft durcheinandergeworfen, indem man von der informierten historischen aufführungspraxis spricht. ich bin da skeptisch: Denn das ist so ein mischmasch. Und es gibt ja viele gruppen, die sich ganz konsequent mit historischer aufführungs- praxis auseinanderstzen, die radikal und konsequent sind. Und die interessieren uns.“ alte musik bedeutet für Ludwig Hartmann im Übrigen nicht, dass mit ende der Barockzeit etwa Schluss wäre. er erklärt, dass auch Kompositionen bis zur mitte des 19. Jahrhunderts für ihn als alte musik gelten - vorausgesetzt, sie werden eben in historischer auffüh- rungspraxis gespielt.

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