Tage Alter Musik – Almanach 2017

Schütz und michael praetorius war prächtig besetzt – Zinken, Trompeten, posaunen, pauken Streicher, viele Continuo-instru- mente – und tönte mächtig in der Dreieinig- keitskirche. aber der aufführung fehlte die eleganz, die lässige grandezza, die spieleri- sche präzision – ja, der daraus entstehende Spielwitz –, mit dem die Briten den nicht minder ernst zu nehmenden „messiah“ ze- lebriert hatten. mit einem solchen mix der Fertigkeiten tut man sich hierzulande eher schwer. Vielleicht ist das mit ein grund, wa- rum in regensburg überwiegend musiker und gruppen aus dem ausland zu hören sind, während sich die aus Deutschland in der minderheit befinden. So war auch das Selbstbewusstsein faszinie- rend, mit dem der junge belgische Lautenist und Bariton Nicolas achten sein ensemble „Scherzi musicali“ in der Dreieinigkeitskirche leitete, seine langhalsige Theorbe erhaben haltend wie auf einem gemälde der nieder- ländischen Schule. mit seinenmusikerinnen und musikern – ausgestattet mit Zink, po- saune, gamben und vielen rauschenden, zir- penden und brummenden Continuo-instru- menten – präsentierte er zwei oratorien über maria magdalenda aus dem 17. Jahrhundert. eines als Zusammenbau verschiedener Kom- positionen aus mantua, ein anderes vomWie- ner Hof aus der Feder des Komponisten an- tonio Bertali. Bei aller Schönheit der musik wurde da einem schnell bewusst, welch außergewöhnliche erscheinung zu dieser Zeit Claudiomonteverdi war. Die jungenmusiker stürzten sich dennoch mit Hingabe und gro- ßer raffinesse in die Sache. Klare interpretatorische Haltung Warum, mochte man sich fragen, haben Schmid und Hartmann sogar gäste aus so fernen Ländern wie Kanada hergelockt? Das „ensemble masques“, eine Streichergruppe mit Violinen, gamben, Bass und einer orgel unter der Leitung des Cembalisten olivier Fortin, gab die antwort: es geht Schmid und Hartmann ummusiker von höchster Kunst- fertigkeit, mit einem besonderen programm- schwerpunkt und einer klar umrissenen interpretatorischen Haltung. „masques“ be- fasst sich aktuell mit Kammermusik des deutschen Frühbarock. Das programm des siebenköpfigen ensembles (mit dem franzö- sischen Countertenor Damien guillon) in der St.-oswald-Kirche umfasste instrumen- talstücke und Kantaten von Johann Heinrich Schmelzer, Heinrich ignaz Franz Biber, Die- trich Buxtehude und anderen Zeitgenossen. Heraus kam ein Nachmittag von größter in- timität und Konzentration, ein erlesener Di- alog von instrumenten und Stimme, dessen Teile zu ihrer Zeit für die verwöhntesten und kultiviertesten ohren bestimmt waren. We- nige musiker, höchste Versenkung. Wäre man zu allen Konzerten gegangen, man hätte kaum Zeit gehabt, das gehörte auch zu verarbeiten. Trotz aller Verlockun- gen sollte man die Tage alter musik re- gensburg als großes angebot, eben den De- likatessenladen, sehen, aus dem man schließlich wählen muss. Denn, das darf man ja nicht vergessen, auch die Stadt und ihre phantastischen Kirchen, ihre pracht- vollen Bürgerhäuser und plätze, ihre schier unendliche auswahl an ess-orten sind eine riesige Verführung, ein für Deutschland ganz seltener augenschmaus und Wohl- fühlort, zumal bei schönem Wetter wie in diesem Jahr. Daher kamen so verführeri- sche programme wie die Beethoven-Sona- ten für Klavier und Violine mit Susanna ogata und ian Watson, die Nachtkonzerte etwa mit „The gesualdo Six“ aus england oder der „Cappella mariana“ aus Tsche- chien nicht ins Körbchen. Der genuss des gehörten aber wird weiter- tragen ins nächste Jahr – bis zu den nächsten Tagen alter musik in regensburg. KlassikInfo.de 35 Schwanthaler Trompetenconsort Foto: Uwe Moosburger

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