Tage Alter Musik – Almanach 2017

Mittelbayerische Zeitung 42 eine „Supernova ist ein kurzes, aber heftiges Spektakel. Sie beschreibt in der astronomie das gleißende Leuchten, wenn ein Stern im Weltall explodiert.“ als ars Nova wird da- gegen, ganz nüchtern, die neue musik des 13. Und 14. Jahrhunderts bezeichnet. in einer Versuchsanordnung der skurrilen Sorte stoßen diese Begriffe nun zusammen. Zwei musikalische planeten prallen bei den Tagen alter musik aufeinander – der Jazz und die Bläserklänge des mittelalters. mit voller Wucht. Das verspricht eine explosive ars Supernova. Zumindest, wenn man der stolzen ankündigung von Les haulz et les bas vertraut. Mittelalter und Jazz – eine waghalsige Kombi Das ensemble aus Freiburg pflegt seit 1993 die Bläserkunst des mittelalters und der re- naissance. mit Zink, Schalmei und Blechge- bläse. Die Kultur der höfischen musik liegt den musikern am Herzen. Doch ihre Neu- gier lockt sie regelmäßig über diesen Hori- zont hinaus. So starten Les haulz et les bas nicht zum ersten mal eine ars Supernova. Schon 2013 gab sich das ensemble beim re- gensburger Festival die ehre. Doch das Cros- sover-projekt sticht aus dem Konzertreigen 2017 hervor. ein gewagter programmpunkt mit hoher Strahlkraft. Die musik des späten mittelalters, der sich gesine Bänfer und ian Harrison von Les haulz verschrieben haben, birgt in sich schon einen besonderen reiz. Komplexe rhythmen und melodien mit starkem ausdruck. Da scheint der Brückenschlag zum Jazz gar nicht mehr so absurd. Was die musikalischenWel- ten verbindet, ist der mut zur improvisation, zu verspielten, originellen Beats und melo- dien. Die Truppe von Les Haulz et les Bas haben sich für dieses Wagnis Verstärkung geholt. gemeinsam mit dem Duo Bänfer und Har- rison hat der gitarrist Thomas Bergmann die Stücke arrangiert. Werke vom 13. bis 15. Jahrhundert dienen als Vorlage, vomTanz bis zur Ballade. Bei namhaften alt-meistern wie guillaume de machaut („Douce dame jolie“) bedienen sie sich. Und auch vor einem ab- stecher in die epoche des Barock schrecken sie nicht zurück – Henry purcell („if music be the food of love“) muss dran glauben. Ein glänzender Auftritt des Ensembles Die ars Supernova rückt näher. pfingst- samstag. gemeinsam mit internationalen Jazz-Könnern bespielen Les haulz et les bas den Bismarckplatz. Dann spazieren sie mu- sizierend zum Haidplatz. Das Freiluftkon- zert verbreitet mittelalterliche Jahrmarkt- stimmung in der altstadt. Doch eine ange- messene Kulisse für den ultimativen Clash der Klänge bietet schließlich der Leere Beu- tel. in diesem historischen gemäuer, im Schatten der minoritenkirche, ist der Jazz- club regensburger beheimatet. Und dort wetteifern nun Saxophone mit Zink und pommer um das schönste Solo. auf der re- naissanceposaune brilliert michel Tantos, Nathaniel Wood glänzt swingend an der Zugtrompete. original-Jazz steuern mike Schweizer am Sopransaxofon und Jeffrey miller an der Tuba bei. auch gesine Bänfer und ian Harrison sind in ihrer Kunst keine puristen. Sie greifen hier und da zum Sopran-Saxophon. ansonsten beleben sie den exotischen Sound der ver- gangenen Zeit. Die gaita dröhnt als Dudel- sack in vollen Tönen. Und der Sound der nä- selnden Schalmeien durchdringt alle Winkel des raumes. ganz bewusst spielen die mu- siker mit der erwartungshaltung des publi- kums. Die arrangeure haben sich alle Frei- heiten herausgenommen. mal verschmelzen die beiden Klangwelten vollkommen, mal ist es ein geben und Nehmen. Latin Jazz liegt in der Luft, dann sogar ein Hauch von Klez- mer und Balkanpop. Der Zuhörer bleibt sprachlos zurück Und alles tönt unerhört beswingt. ein irrwit- ziges Solo trommelt andrea piccioni auf dem Tamburin. er entlockt diesem – ver- meintlich – harmlosen instrument verblüf- fendste Töne und rhythmen. Dafür wird er mit dem längsten Szenen-applaus belohnt. allein für diesen moment hätte sich das ex- periment schon gelohnt. Diese ars Super- nova zog keine bleibenden Schäden nach sich. ein helles Leuchten wurde auch nicht gesichtet. ein glanzpunkt war das Konzert dennoch. Und vor allem ein origineller Farbklecks in den Tagen alter musik. Supernova zwischen Jazz und Mittelalter Zwei musikalische Welten prallen beim Auftritt von Les haulz et les bas in Regensburg aufeinander. Das Experiment lohnt sich. Von Veronika Lintner, MZ Ian Harrison & Gesine Bänfer von Les haulz et les bas im Leeren Beutel

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