Tage Alter Musik – Almanach 2017

Mittelbayerische Zeitung 47 Schon seit der antike malt, baut und formt die menschheit Labyrinthe. rätselgebilde mit kunstvoll verworrenen pfaden. So steht das Labyrinth im Christentum als Sinnbild für den verschlungenen Weg zur erlösung. Und dieses Symbol hat sich das ensemble Labyrinthus aus moskau bei seiner grün- dung 2009 zum Namen gewählt. am Sonn- tag lud es zu „Carmina Helvetica“, Schweizer Liedern, in die minoritenkirche. Das Quar- tett zog das publikum in seinen Bann, mit Liedern und Tänzen aus helvetischen Klös- tern und Bibliotheken. in diesem Konzert folgt das russische Quar- tett historischen Spuren, die in die Schweiz führen. Bis in die St. gallener Stiftsbiblio- thek und zur Benediktinerabtei engelberg. aus den dortigen Quellen, vom 12. bis 14. Jahrhundert, schöpfen die musiker ihr pro- gramm. Und sobald das ensemble Labyrin- thus diese Lieder anstimmt und belebt, über- brückt es tatsächlich alle Zeit und Distanz. Das Herz des „Labyrinthus“-Klangs bilden die Sopranistinnen Witte-maria Weber und anastasia Bondareva. ihre Stimmen ergänzt alexander gorbunov mit seinem Streichin- strument, der Fidel. Schließlich veredelt Da- nil ryabchikov diesen Klang mit der Citole, einer frühen Form der gitarre. Zwei gattungen bestimmen nun das pro- gramm. Der rondellus ist rundgesang und geistlicher Tanz und schlägt eine Brücke zwischen christlichen Texten und weltlichen mittelalterlichen Klängen. Der Conductus hingegen erklang oft als ein mehrstimmiger gesang zu kirchlichen prozessionen. Die Texte erzählen von biblischen Begebenhei- ten und der Fallhöhe des menschlichen Le- bens. immer wieder fügen die beiden instru- mentalisten auch Duette und Soli ein. es- tampie – so heißen die weltlichen Tänze, die sie zwischen den Liedern anspielen. Diesem material entlockt das Quartett eine zarte intimität. ein transparenter, klarer Klang entfaltet sich in der minoritenkirche. Die Stimmen der Sopranistinnen verschmel- zen im raum zu einer wandelbaren einheit. mal im einklang, dann zweistimmig oder ganz allein, frei von jeder Begleitung. Sie kosten den warmen Hall des hohen raums aus, der die Stimmen nicht verschwimmen lässt. Diese mischung fasziniert das publi- kum. Nach aufmerksamer Stille ertönt ein enthusiastischer applaus. Zarte Lieder über die Rätsel des Lebens Das Ensemble Labyrinthus präsentiert in Regensburg „Carmina Helvetica“ – Liedgut aus Schweizer Klöstern. Von Veronika Lintner, MZ Ensemble Labyrinthus Fotos: Hanno Meier

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