Tage Alter Musik – Almanach 2017

Mittelbayerische Zeitung 54 Der ausklang der 33. Tage alter musik in regensburg stand noch einmal ganz im Zei- chen Luthers. Überliefert sind die musik und der genaue ablauf der Festmesse zur Feier des 100. Jahrestages der reformation am Hof des sächsischen Kurfürsten Johann georg in Dresden 1617. allein Heinrich Schütz und michael praetorius steuerten die klangprächtige musik bei – ein Zeichen der hohen Bedeutung der Jubiläumsfeierlichkei- ten, die ganze drei Tage andauerten. eine minutiöse aufzeichnung des oberhof- predigers Hoe von Hoenegg gibt erschöp- fend auskunft über die liturgische ordnung, die schon damals jeglichen rahmen sprengte. So umfing schon im ersten moment des Konzerts in der Dreieinigkeitskirche die Zu- hörer ein opulenter Klangrausch mit nahezu allem, was das instrumentarium jener Zeit aufzubieten hat. „eine feste Burg ist unser gott, ein gute Wehr und Waffen“, schallt es unter der Lei- tung von rolandWilson aus den Kehlen der Vokalisten, unter demHochaltar schmettern die Trompeten, die Theorben werden ge- schlagen, der großbass-pommer und die posaunen bilden eine mächtige Tiefe, die das Chorgestühl vibrieren lässt. ein erster gän- sehaut-moment, auch, weil man die tiefe Be- ziehung der musik mit der Dreieinigkeits- kirche spürt. Alle Gesangsaffekte genutzt Danach beginnt eine festliche liturgische motettenfolge rund um das messordinarium in verschiedensten vokalen und instrumen- talen Besetzungen. mit „Singet dem Herrn ein neues Lied“ erklingt achtstimmig die be- kannte motette von Schütz, die alle gesangs- affekte nutzt, um lautmalerisch das meer brausen zu lassen oder die Trompeten zu imitieren. Das geschah erwartungsgemäß auf sängerisch hohem Niveau; dennoch hinterließ die interpretation einen gehetzten eindruck, der wenig Zeit für größere gestal- tungsmomente ließ. Überhaupt kam der programmverlauf selten zur ruhe, fast rastlos tauschte man hastig die Besetzungen. Die Folge war, dass es hin und wieder zu kleinen Unfällen kam, die zwar kaum ins gewicht fielen, aber dennoch zeig- ten, dass das 100-minütige programm an der Kondition und an der Konzentration der ausführenden zehrte. Die Sänger kämpften zudem immer wieder mit kurzen intona- tionsproblemen bei phrasen- und Strophen- schlüssen oder mussten in den vielen unter- schiedlichen aufstellungen wieder die Klangbalance finden. Das alles geschah zweifellos unter dem Dach eines hohen ge- samtniveaus und tat der entstehung einer Fülle von zauberhaften momenten keinen abbruch, etwa in den motetten „Nicht uns, Herr, sondern deinem Namen gib ehre“ oder in „Verleih uns Frieden“ von Schütz. Ein Feuerwerk der Glaubensfreude Zum Schluss fand man sich bei „Danket dem Herren, denn er ist freundlich“ zu einem Feu- erwerk exaltierter glaubensfreude zusammen, die sich bis zu einem grandiosen Finale ins Unermessliche steigerte. Was für eine Wir- kung sie wohl vor 400 Jahren hatte und wie unglaublich sie auch heute noch wirkt, ist das Faszinosum einer musik aus längst vergange- nen Zeiten. am ende war man satt von der schieren Unmäßigkeit und Üppigkeit der Darbietung. Der begeisterte applaus galt den erschöpftenmusikern wie auch insgesamt den Tagen alter musik in diesem Jahr, die damit mehr als würdig zu ende gingen. geplant und konzipiert hatten sie Stephan Schmid und Ludwig Hartmann von „promusica antiqua“, seit 1983 der musik von den anfängen bis zur romantik verschrieben. Opulenter Klangrausch der Superlative Die Ensembles Musica Fiata und La Capella Ducale beendeten mit einer Verbeugung vor Reformator Luther die Tage Alter Musik. Von Andreas Meixner, MZ Musica Fiata & La Capella Ducale beim Schlusskonzert in der Dreieinigkeitskirche Foto: Hanno Meier

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