Tage Alter Musik – Almanach 2017

Klang und Bertalis Werk vermochte nur stel- lenweise zu fesseln. Dass dieses zu einer Wiener Spezialgattung names „Sepolcro“ ge- hört, erfuhr man aus dem programmtext des musikalischen Leiters Nicolas achten nicht, dafür aber aus der einführung von Katelijne Schiltz, einem von mehreren Vorträgen, die das Festival in schöner Kooperation mit der Universität regensburg anbot. Fest in spanischer Hand war heuer der his- torische reichssaal. La Grande Chapelle prä- sentierte dort unter albert recasens ein in- strumental wie vokal gleichermaßen ausge- feiltes programm mit Werken von Juan Hi- dalgo, die Sopranistin Raquel Andueza ver- sprühte mit ihrem ensemble La Galanía sinnlichen, publikumswirksamen Charme. Vergleichsweise blutleer wirkten dagegen die vom französischen ensemble Alia Mens interpretierten Bach-Kantaten. Der eröff- nende Chor „Weinen, Klagen, Sorgen, Za- gen“, den die vier Solisten sich wunderbar einander zuseufzten, und intensive Solo- momente des eingesprungenen Tenors Jef- frey Thompson bildeten dabei die aus- nahme. Zwei Bach’sche Solokantaten hatte außerdem das Zürcher Barockorchester im programm, wobei die ausgezeichnete Miriam Feuersin- ger den sich allmählich aufhellenden Span- nungsbogen von „mein Herze schwimmt im Blut“ deutlich besser traf als das zuversicht- liche „ich bin vergnügt mit meinemglücke“. Hohe instrumentale Kompetenz steuerte das Schweizer Kollektiv bei, ohne freilich in den Suiten und Konzerten von Telemann und Heinichen ein Feuerwerk zu entfachen. Wenn es so etwas wie großes protestanti- sches Sakral-Kino gibt, dann war ein solches zum Festivalabschluss zu erleben. roland Wilson hatte aus Werken von Heinrich Schütz und michael praetorius eine ausge- dehnte messe zusammengestellt, wie sie zum 100-jährigen reformationsjubiläum 1617 in Dresden erklungen sein könnte. Das etwas uneinheitliche, mitunter nicht optimal into- nierende Sängerensemble der Capella Du- cale hatte riesige Textmengen zu verarbeiten, die im beinahe rauschhaften Zusammen- klang mit den Bläsern der Musica Fiata , in- klusive des grandios dreinfahrenden groß- bass-pommers, bisweilen ein wenig unter- gingen. Unüberhörbar hallte indes das von Schütz mit grandioser penetranz wieder- holte „denn seine güte währet ewiglich“ nach. Das Schiff der historisch exakt passen- den Dreieinigkeitskirche erbebte leicht. Neue Musikzeitung 57 La Grande Chapelle im Reichssaal Fotos: Hanno Meier Vor dem Konzert – Mitglieder des Zürcher Barockorchesters

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