Tage Alter Musik – Almanach 2017

64 „Lord of Lords“ und „King of Kings“ schmettert mit viel pathos der große Chor,während ein stark besetzter Bläserap- parat das Klangvolumen noch imposant ver- stärkt. So kennt man das berühmte „Halle- lujah“ aus georg Friedrich Händels orato- rium „messiah“ – oder auf Deutsch „Der- messias“. Dass es auch anders geht, veranschaulichte nun bei den diesjährigen regensburger Ta- gen alter musik das Londoner Vokal- und instrumentalensemble Solon’ s Knot Baro- que Collective am pfingstonntagabend in der ausverkauften regensburger Dreieinig- keitskirche. Unter der Leitung von Jonathan Sells, der selbst die Solobass-partie sang, brachte die Formation das Werk in der Dubliner Urauf- führung von 1742 auf die Bühne, die wesent- lich karger besetzt und schlanker angelegt war als die massenaufführungen, welche ende des 18. Jahrhunderts immer mehr zu- nahmen. So bestand die anzahl der Sänger in regens- burg lediglich aus vier Solisten (Zoe Brooks- haw, Kate Symonds-Joy, Thomas Herford, Jonathan Sells), die zusammen mit vier so- genannten ripienisten (Laura oldfield, ro- derick morris, ruairi Bowen, Simon robin- son), auch die Chorpassagen sangen. Von dem oft üppig ausgestatteten Bläserapparat vernahm man in dieser Version lediglich zwei Trompeten und ein Fagott. Zudem weist diese schlanke Version einige weitere Änderungen auf, wie das Transpo- nieren oder das ersetzen von arien durch Chorpassagen, die Händel speziell für die Sänger der Dubliner Uraufführung veran- lasste. Nun ist nicht bis ins kleinste Detail überliefert, wie die Dubliner aufführung des „messias“ wirklich gestaltet war, aber aus musikwissenschaftlicher Sicht dürfte die in regensburg gebotene Version jener vom 13. april 1742 ziemlich nahe kommen. auf je- den Fall vernahmman eine schöne Transpa- renz in den partien der Vokalsolisten und des Chores, die besonders die imitatorisch gearbeiteten passagen in einem beeindru- ckend neuen Licht erscheinen ließ. ein großes Kompliment muss man allen Be- teiligten machen, die trotz eines kurzfristi- gen ersetzens eines Bass-Sängers und des zwischenzeitlichen Unwohlseins einer So- pranistin eine ausdrucksstarke interpreta- tion auf die Beine stellten, die weitab vom pompösen pathos berühren konnte. Somit war es in mehrfacherHinsicht eine be- merkenswerte aufführung der diesjährigen und damit 33. auflage des renommierten Festivals Tage alter musik in regensburg. 7. Juni 2017 // Von Stefan Rimek Händels „Messias“ in schlanker Form Tage Alter Musik in Regensburg überraschten Applaus für Solomon's Knot Baroque Collective Foto: Hanno Meier

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