Tage Alter Musik – Almanach 2019

M ElisandE c orrivEau : Für Gambisten ist das einfach fantastische Musik. Französische Musik ist einfach die beste, das merkt man recht schnell, wenn man Gambe spielt. Gam- benmusik war sehr beliebt am französischen Hof. Ich mag den Ausdruck und die Freiheit, vielleicht, weil Französisch meine Mutterspra- che ist. Für mich fühlt sich diese Musik sehr natürlich an, ich habe eine sehr enge Bezie- hung zu dieser Musik. Thorsten Preuß: Eric Milnes, Sie stammen aus den USA, aber Montréal ist seit langem Ihre künstlerische Heimat. In Kanada gibt es ja eine blühende und vielfältige Alte-Musik- Szene. Warum gerade dort? E ric M ilnEs : Ich denke, Montréal zeichnet seine kulturelle Nähe zu Europa aus. Als diese Musik geschrieben worden ist, sind die Fran- zosen gerade in Québec gelandet. Und deshalb ist die Musik im kollektiven Gedächtnis abge- leitet von Musik aus Frankreich. Noch wich- tiger ist aber vielleicht ein anderer Aspekt: ei- nige einflussreiche Musiker haben sich in den 1980er Jahren in Québec niedergelassen und dort eine Bewegung gestartet, eine Gemein- schaft, die in ein paar wenigen Häusern an- fing, wo sozusagen Hausmusik gemacht wurde, aber daraus ist dann eine richtig große Familie erwachsen. M élisandE c orrivEau : Ein weiterer Grund ist, dass die Regierung in Quebec, in Kanada in Kunst investiert. Wir haben da wirklich Glück, dass wir in einer Gesellschaft leben, die findet, dass das wichtig ist. Thorsten Preuß: Sie geben heute noch zwei Konzerte mit Ihrem Orchester L’Harmonie des Saisons – eines mit lateinamerikanischer Barockmusik, und dann noch ein zweites, ganz besonderes: mit Beatles-Songs, bear- beitet für Barockorchester. Wie kam es zu dieser Idee? E ric M ilnEs : Wir hatten Telemann aufge- nommen, vor vielen Jahren. Und zwischen den Aufnahmen, als wir nichts zu tun hatten, da haben wir einfach so vor uns hin gespielt, und ich hab dann den Anfang von „Lucy in the sky with diamond“ gespielt, das hat ja so einen Cembalo-ähnlichen Klang. Und dann hat der Produzent gesagt: Aha! Das war also der große Aha-Moment, und ich habe den Produzenten gefragt: hast Du jemals über die- sen Barock-Einfluss nachgedacht, der von 1966 bis 1968 von London ausging? Swinging London hatte schon auch was Barockes an sich, in der Popmusik haben die ja auch Cem- balo gespielt, die Streicher haben ohne Vibrato gespielt. Und natürlich, der Beatles-Produzent Georg Martin hat das eingebracht. Die Beatles mochten den Sound. Mir war das immer be- wusst, dass es da dieses barocke Element gibt. Und daraus hat sich dann das Projekt „Beatles Baroque“ entwickelt, wir haben’s auf Tour- neen gespielt, CDs aufgenommen, verschie- dene Arrangements gemacht… Und diesmal hier in Regensburg ist es nochmal anders: denn jetzt habe ich noch fünf Sänger dabei. Also: wir machen heute Abend zum ersten Mal Beatles Baroque mit Sängern! Musik: Ob-la-di, ob-la-da „Ob-la-di, ob-la-da“ von den Beatles, für Ba- rockinstrumente arrangiert von Eric Milnes und hier in einer Aufnahme mit seinem ka- nadischen Ensemble Les Boréades. Das Be- atles Baroque-Programm ist heute Abend erstmals mit Sängern zu hören – leider ist der Konzertsaal Leerer Beutel schon voll, das Konzert ist ausverkauft. – Sie hören das Ta- fel-Confect live aus Regensburg, anlässlich der Tage Alter Musik, und das Schöne an diesem Festival hier ist seine Vielfalt – da be- gegnet man nicht nur erfahrenen alten Ha- sen wie Eric Milnes, sondern kann auch ganz junge, neue Ensembles entdecken. Und eine der spektakulärsten Entdeckungen in diesem Jahr, eines der Konzerte, an die man noch lang zurückdenken wird, war der Auf- tritt der ORA Singers am Freitagabend. Die erste Besonderheit war schon der Ort: der Regensburger Dommit seinem hohen goti- schen Gewölbe, der seine Pforten nur ganz BR Klassik 19 Cappella Mediterranea und der Chœur de Chambre de Namur in der Basilika St. Em- meram

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