Tage Alter Musik – Almanach 2019

l udwig H artMann : Ganz sicher! TP: Jetzt nehme ich in der Alte-Musik-Szene zwei gegensätzliche Bewegungen wahr: zum einen ist die Alte Musik etabliert, kommt immer mehr in die Mainstreamfestivals rein, die Hochschulen nehmen die Alte Musik zu- nehmend in die Ausbildung mit auf; auf der anderen Seite wird immer mehr geklagt über, ich sage mal, über prekäre Beschäfti- gungsverhältnisse der Musiker, also Auftritte zu niedrigen Honoraren, immer weniger Geld, um die Konzerte vernünftig zu pro- ben. Wie erleben Sie die Entwicklung des Al- ten-Musik-Marktes? l udwig H artMann : Ja, da ist schon was dran. Es ist sicher richtig, dass die Musiker nicht zu den gut verdienenden Musikern ge- hören. Viele Freelancer, letztendlich ist die ganze Szene eine Freelancer-Szene, und die müssen schauen, dass sie irgendwie über Was- ser bleiben, und umso wichtiger ist, dass Auf- trittsmöglichkeiten der Musiker da sind. Und wenn dann natürlich der Staat entsprechend knauserig ist und die Festivals nicht unter- stützt, dann wird’s besonders schwierig. Wir sind ganz froh, dass wir ganz gut unterstützt werden, von der Stadt, vom Staat, aber wir können natürlich auch nicht solche Honorare zahlen, wie Sie in der konventionellen Musik- szene bezahlt werden, bei weitem nicht, also da sind wir ganz weit weg. Aber wir kämpfen uns da durch, und wir müssen schauen, dass wir mit unserem Budget, das wir haben, zu- rechtkommen. Und uns ist auch sehr bewusst, dass viele Musiker auch zu sehr niedrigen Ga- gen hier auftreten, und man hofft, dass das auch ein bisschen ein Sprungbrett für sie ist - was auch ab und zu der Fall ist, weil doch auch viel Fachpublikum hier in Regensburg ist - und dass sie weiterempfohlen werden. Das können wir leisten, mehr ist nicht drin, wir müssen selber schauen, wo wir mit unseren Finanzen bleiben. Das ist so. TP: Reinhard Goebel, einer der ganz großen Pioniere der Originalklang-Szene, hat kürz- lich gesagt, die Zukunft der Barockmusik würde in modernen Orchestern liegen. Es hat gesagt: „Nicht das Instrument macht die Musik, sondern der Kopf “, und: „der Fetisch ‚Original-Instrument‘ hat ausgedient“. Herr Hartmann, sind Sie ein Fetischist? l udwig H artMann : Nein ich bin kein Feti- schist, aber ich weiß, warum der Goebel das sagt. Goebel spielt ja schon lang nicht mehr Geige, sondern er dirigiert ja nur noch. Und er muss auch schauen, wo er bleibt - ob das ein Originalklang-Ensemble oder ein konven- tionelles Orchester ist, ist ihm, glaube ich, ziemlich egal. Also mir liegt da schon was dran, dass wir hier ausschließlich Ensembles präsentieren, die sich spezialisiert haben, es ist einfach klanglich entscheidend für mich, da passiert was ganz anders als beim konven- tionellen Sektor. Ich glaub schon, dass die Ba- rockmusik und auch die klassische Musik durchaus adäquat aufgeführt werden sollten von diesen Spezialisten-Ensembles. Es ist halt ein anderes klangliches Erlebnis, und das ist schon frappierend - da sollte man schon die Ohren öffnen, glaube ich. TP: Herr Hartmann, Sie leiten das Festival vom Beginn an ehrenamtlich, man sieht es Ihnen nicht an, aber wenn ich richtig infor- miert bin, sind sie tatsächlich schon 60 Jahre alt geworden… l udwig H artMann : Das ist richtig. TP: Viele denken in diesemAlter ja schon an ihren Ruhestand – wie ist es bei Ihnen, ver- schwenden Sie da manchmal auch einen Ge- danken dran, wie es mit Ihrem Festivalkind langfristig weitergehen soll? l udwig H artMann : Das ist eine ganz schwierige Sache, natürlich denkt man darü- ber nach. Ich habe auch schon oft mit meinem Kollegen Stephan Schmid darüber gesprochen, BR Klassik 22 Utopia & InAlto in der Schottenkirche

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