Tage Alter Musik – Almanach 2019

BR Klassik 31 Jedes Jahr an Pfingsten verwandelt sich die Domstadt Regensburg in ein Mekka für den Originalklang: Dann pilgern Neugierige aus der ganzen Welt zu den Tagen Alter Musik. Vom 7. bis 10. Juni ist es wieder soweit, dann findet das Traditionsfestival zum 35. Mal statt. Wir haben für Sie die wichtigsten Fra- gen und Antworten zum Festival für Sie zu- sammengestellt. Warum lohnt sich der Weg nach Regensburg? Weil man nirgendwo sonst die neuesten Trends der Alten Musik so konzentriert und hautnah miterleben kann. Von früh um elf Uhr bis Mitternacht reiht sich ein Konzert ans andere in den stimmungsvollen histori- schen Sälen und wunderbaren Kirchen der Weltkulturerbe-Stadt Regensburg. Die Fes- tivalmacher Ludwig Hartmann und Stephan Schmid laden nicht nur renommierte Stars ein, sondern haben auch ein feines Näschen für junge Ensembles, deren Namen noch kaum jemand kennt, die aber eine große Zu- kunft vor sich haben. Gespannt sein darf man zum Beispiel auf die Deutschlandpre- miere des schwedischen Kammerorchesters Höör Barock sein, auf die bereits mehrfach preisgekrönten britischen ORA Singers oder auf das Ensemble Seconda Prat!ca, das die Geburt der globalisierten Welt im Portugal des 15. Jahrhunderts verortet. Wer hat die weiteste Anreise? Die amerikanische Bläserband Piffaro kommt aus Philadelphia und hat eine Stre- cke von über 6.000 Kilometern zurückgelegt. Ihre Weltkarriere hat vor gut 25 Jahren in Regensburg begonnen und sie bedankt sich bei seinen Regensburger Fans diesmal mit einem kostenlosen Freiluftkonzert. Fast ei- nen genauso weitenWeg haben die Gambis- tin Mélisande Corriveau und der Cembalist Eric Milnes hinter sich. Sie reisen mit ihrem Ensemble L’Harmonie des Saisons aus Qué- bec an und geben gleich drei Konzerte – un- ter anderem zum Abschluss des Festivals im Jazzclub Leerer Beutel einen Abend mit Be- atles-Songs im barocken Gewand. Warum bedeutet dieser Jahrgang eine Zäsur? Seit über einem Jahrzehnt hat Roland Büch- ner die Eröffnungskonzerte der Tage Alter Musik dirigiert – jetzt hört der Domkapell- meister auf. Im Herbst geht der Leiter der Regensburger Domspatzen in den Ruhe- stand. Für sein Abschiedskonzert bei den Tagen Alter Musik hat Büchner weder Beet- hovens Missa Solemnis noch Bachs h-Moll- Messe aus dem Fundus hervorgeholt, son- dern betritt noch einmal Neuland und diri- giert zwei unbekannte Stücke von Leopold Mozart. Es könnte eines der spannendsten Konzerte des Festivals werden. Worauf müssen wir in diesem Jahr verzichten? Auf die angekündigte Matthäus-Passion. Die Aufführung in solistischer Besetzung mit dem französischen Ensemble Akadêmia hätte einer der Höhepunkte des Festivals werden können, doch fielen wenige Wochen vor Festivalbeginn wichtige Zuschussgeber aus Frankreich aus und das Konzert war ge- platzt. Bach gibt es trotzdem zu hören: Die Hofkapelle München springt mit den Bran- denburgischen Konzerten ein. Außerdem fehlen zwei zentrale Spielorte: die Dominik- anerkirche, deren Wände sich nach außen neigen, und die Dreieinigkeitskirche, wo der Putz von der Decke bröckelt. Beide müssen saniert werden. Dafür dürfen die Tage Alter Musik erstmals seit langem wieder in den Dom. Das große Volksfest am Europakanal, die Dult, wird dieses Jahr zudem nicht zur gleichen Zeit stattfinden. Die friedliche Koe- xistenz von Musik- und Jahrmarkt-Pilgern am Pfingstwochenende schien schon fast Na- turgesetz zu sein. Doch weil Pfingsten heuer erst im Juni liegt, ist die Maidult diesmal schon vorbei. Darum dürfte es in den abend- lichen Gassen deutlich ruhiger zugehen. Was machen die Nachtschwärmer nach den Abendkonzerten? Sie können sich in der Stadt, in der sogar die Cafés Kreuzrippengewölbe haben, natürlich einfach ein Eis holen und gemütlich durch die laue Sommernacht nach Hause schlen- dern. Sie können aber auch in der Stunde vor Mitternacht die besondere Atmosphäre der Nachtkonzerte genießen, in den großen, hohen, kühlen Kirchen, umgeben von stei- nernen Zeugen vergangener Jahrhunderte. Oder sie gehen in den Ratskeller, das Festi- vallokal, wo man bis zwei Uhr nachts mit Musikern und Festivalmachern bei Bier und Brezen über Gott und die Welt diskutieren kann – und natürlich auch über Musik. Gipfeltreffen der Originalklangszene Vorausschau: Tage Alter Musik Regensburg 2019 4. Juni 2019 // Autor: Thorsten Preuß Haidplatz im Mondenschein

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