Tage Alter Musik – Almanach 2019

Der Neue Tag 33 Das 16-Uhr-Konzert am Sonntag spielte in St. Oswald amDonaustrande. Das Ensemble „Arte dei Suonatori“ aus Polen widmete sich barocker Musik mit Bezug zu seinem Hei- matland von Telemann, Goldberg und Bach. Georg Philipp Telemann (1681-1767) hatte auf Reisen nach Sorau, Pless, Schlesien und Krakau Berührung mit regionaler Volksmu- sik, auch der Roma. Das Concerto polonois TWV 43:G7 lässt solche Einflüsse ab und an erkennen. Das bestens aufeinander einge- spielte Ensemble besticht durch lebendigen Atem und geschmeidige Flexibilität der Binnentempi. So treten Phrasierung und übergreifende Architektur der Werke klar zu Tage. Lieblich und entspannt das einleitende Dolce, spritzig das Allegro, fast gestaut die Affekte im Largo, aufwallende Emotionen im Finalsatz. Schweres „Flügel-Konzert“ Johann Gottlieb Goldberg (1727-1756) ist in Danzig geboren. Sein Name ist den Musik- freunden vor allem durch Bachs „Goldberg- Variationen“ bekannt. Der leider blutjung mit 29 Jahren verstorbene Musiker war ein vielgerühmter Cembalist. Sein Concerto d- Moll DürG 16 ragt unter zeitgenössischen Konzerten durch seine enormen 35 Minuten Spieldauer heraus. Wie viele „Umbruchs- werke“ zwischen den Stil-Welten (hier Ba- rock und Klassik) ist es ein interessantes Opus: die gezackten Unisono-Punktierun- gen, die großen bizarren Intervallsprünge er- innern an C. Ph. E. Bach, an Sturm und Drang, als Gegenpol bringt Goldberg lieb- lich-empfindsame Motive. Der nachdenkli- che, doch positiv gestimmte langsame Satz setzt auf das Primat der Melodie mit unter- geordneter Begleitung. Mit faszinierender Suggestion lässt Marcin Światkiewicz hier das Cembalo sprechen, im Finale nimmt er die Hörer mit auf eine virtuose Strudelfahrt. Bewundernswert seine lebendige Deklama- tion, immer atmet sein Spiel, nie wirkt es mechanistisch. Das gleiche Prädikat verdient auch das Ensemble. Bach ohne Bläser-Lack Johann Sebastian Bach (1685-1750) wurde 1736 vom Kurfürsten von Sachsen und Kö- nig von Polen zum Hofkapellmeister er- nannt. Die „Suonatori“ spielen seine Orches- tersuite in D-Dur BWV 1068 in einer (ur- sprünglicheren) Version ohne die später hin- zugefügten Bläser, sie legen quasi die subti- len Fresken unter dem später aufgetragenen Glanz-Lack frei, die Suite erklingt quasi auf das musikalische Konzentrat reduziert. Die berühmte Air hat Fluss, ohne eilig zu wir- ken, sie wird zum luftigen, berührend posi- tiv gestimmten Gesang ohne schwüle Pseudo-Andacht. Spielfreudig, virtuos und spritzig die schnellen Sätze. Es gibt eine Zu- gabe: Das Adagio aus dem c-Moll-Concerto von Johann Gottfried Müthel (1728-1788). Gewiss ist Polen nicht verloren Von Peter K. Donhauser Mitglieder von Arte dei Suonatori in der St.-Oswald-Kirche Cembalist Marcin Świątkiewicz und Arte dei Suonatori

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